Von Menschen und Tieren

21.8.2019, 10:06 Uhr
Von Menschen und Tieren

© Foto: Hans-Joachim Winckler

"Der Seelenfänger von Capri" heißt das literarische Denkmal, das der Fürther Tierarzt Klaus Witt diesem Unikum und der Ferieninsel im Golf von Neapel gesetzt hat. Dorthin ist er unmittelbar nach der Promotion zusammen mit seiner todkranken Mutter gereist.

Es sollte die letzte gemeinsame Fahrt werden. Und die Trauer über den Verlust der Mutter machte Klaus Witt so sehr zu schaffen, dass er seine Reiseerinnerungen zu Papier brachte. Bekannte, die sich für die Aufzeichnungen interessierten, rieten ihm, sie als Buch zu veröffentlichen, und der Münchner Verlagschef Herbert Lenz setzte das Ansinnen auch prompt in die Tat um.

Herausgekommen ist ein ansehnliches Buch, das Einblick gibt in Welt der Reichen und Schönen. Im Mittelpunkt: der Dottore. Als einziger Veterinär auf Capri ein vielbeschäftigter und hochverehrter Mann. Als waschechter Kalabrier aber auch ein grandioser Selbstdarsteller, der sich in jeder Situation charismatisch in Szene zu setzen weiß.

Der Fürther Berufsanfänger und seine Mutter kommen ihm gerade recht, um sie als Statisten ins Schlepptau zu nehmen und so den eigenen Nimbus zu erhöhen. Selbst die Bühne im Mittelmeer lässt nichts zu wünschen übrig. Kein Klischee wird im Buch ausgespart.

Im Ausnahmezustand

Ein rauschhaftes Leben zwischen Lähmung und Tollheit saugt den Autor auf. Nichts scheint gewöhnlich in diesem völlig überzeichneten Reich des chronischen Ausnahmezustands. Auch die Landschaft kennt nur Superlative. Und selbst Krankheiten von Schoßhunden werden zu altgriechischen Dramen, die alle Beteiligten an den Abgrund treiben.

Das zu reflektieren, überlässt Witt allerdings den Lesern. Wichtiger ist ihm, das in die tagebuchartigen Aufzeichnungen eingeflochtene Plädoyer für den verantwortungsvollen Umgang mit der Kreatur. Hier kommt ein Tierarzt zum Vorschein, der Franz von Assisi Ehre gemacht hätte. Dabei predigt Witt durchaus nichts Revolutionäres. Dass Mensch und Tier denselben Ursprung haben, dürfte inzwischen allgemein bekannt sein. Doch ist es angesichts des entsetzliches Tierleid auslösenden Konsumverhaltens nötig, immer wieder darauf hinzuweisen.

Der Fürther tut das aber nicht mit der Keule militanter Vegetarier. Er fordert nur die Rücksicht auf das Wohlergehen der Tiere, die jeder Einzelne problemlos leisten kann. "Damit erreicht man schließlich mehr", lautet Witts Credo. Schmerzfreier Genuss: dieses Ziel verfolgt er auch als Autor.

Als Kostverächter empfiehlt sich der Fürther Capri-Freund den Lesern jedenfalls nicht. Dabei ist er seinen Wurzeln erstaunlich treu geblieben. Neben der Friedrich-Ebert-Schule, die er als Bub auch von innen kennengelernt hat, praktiziert der heute 66-Jährige in den Räumen, die seinen Eltern einst für ihr Lebensmittelgeschäft gedient hatten.

InfoKlaus Witt: Der Seelenfänger von Capri, Verlag Komplett-Media München, 272 Seiten (auch als EBook), 19.95 Euro.

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