„Wann, wenn nicht jetzt?“

15.12.2011, 09:00 Uhr
„Wann, wenn nicht jetzt?“

© Thomas Scherer

„Eigentlich“, sagt Stadträtin Karin Hufschmidt, die das Protokoll führt, „könnten wir uns das sparen.“ Es gibt nur einen Kandidaten und der kann sich der Unterstützung seines Ortverbandes sicher sein. Doch den Formalien für eine Nominierung will Genüge getan sein.

Die Runde, die sich im Café Bub getroffen hat, ist überschaubar: Gerade 76 Mitglieder zählen die Grünen im ganzen Landkreis Fürth. Immerhin 20 davon stellt der Ortsverband in Zirndorf, neun Mitglieder sind zur Aufstellung des Kandidaten gekommen, zu ihnen gesellen sich vier Sympathisanten. Die Regularien werden zügig abgehandelt, als Wahlurne dient ein leergeräumtes Federmäppchen. Das geheime Votum für Schaa fällt mit einer Enthaltung. Sie dürfte vom Kandidaten selbst gewesen sein.

Schaa über Schaa

Dass der für sich stimmen könnte, scheint unwahrscheinlich. Schaa ist ein eher bescheidener Mensch, der fast zurückhaltend wirkt, in der Sache aber hartnäckig seine Vorstellungen vertritt und sich mit seiner Beharrlichkeit „immer und immer wieder unbeliebt in der städtischen Verwaltung macht“ (Schaa über Schaa). Etwa dann, wenn er in schöner Regelmäßigkeit nachfragt, was denn nun aus der längst genehmigten, aber noch immer nicht realisierten Fahrrad-Abstell-Anlage vor dem Bahnhof geworden ist. Oder aus der seit längerem in Aussicht gestellten Überarbeitung des Stadtentwicklungskonzepts.

Polemik schätzt Schaa nicht, stattdessen sucht er mit Sachlichkeit und Argumenten zu überzeugen. Das beweist er seit 2002, seitdem er im Stadtrat sitzt, in schöner Regelmäßigkeit. Seit 2008 ist er auch Kreisrat.

Dass der 58-jährige Vater zweier erwachsener Kinder sein ehrenamtliches Engagement neben seiner beruflichen Tätigkeit als Qualitätsbeauftragter in der Medizintechnik sehr ernst nimmt, „kann jeder, den das interessiert, im Internet nachlesen“, findet Schaa: Auf der Homepage www.gruene-fuerth-land.de/zirndorf/ der Zirndorfer Grünen pflegt er ein Archiv, in dem er penibel alle Sitzungen der Stadträte protokolliert und die grünen Positionen oder Anträge genauer erläutert.

„Lang und schwer“ habe er überlegt, erklärt er seine späte Nominierung. Doch dem gebürtigen Thüringer, der in Nürnberg aufgewachsen ist, und seit 1980 in Zirndorf lebt, ist seine Wahlheimat „ans Herz gewachsen“. So sehr, dass er sein Auto-Kennzeichen FÜ schon lange nicht mehr als „Fahrer übt“ sondern als „fährt überragend“ liest. Und so sehr, dass er etwas bewegen will, „damit es in Zirndorf wieder vorwärts geht“.

Dass er nach zwei erfolglosen Kandidaturen ein drittes Mal riskiert, sich eine blutige Nase zu holen, erklärt Schaa mit der seines Erachtens günstigen Ausgangsbasis: Der nächste Bürgermeister Zirndorfs wird auf acht Jahre gewählt. Wie berichtet, wird mit der verlängerten Amtszeit der Wahlgang außer der Reihe wieder in den regulären Kommunalwahlturnus Bayerns eingetaktet. „Wann, wenn nicht jetzt?“, fragt sich Schaa da.

In acht Jahren glaubt er, als Bürgermeister das gestalten zu können, was er aktuell vermisst: „eine nachhaltige, vorausschauende Politik“. „Maßlos ärgert“ ihn nach eigenem Bekunden die vernachlässigte Umweltpolitik, im Speziellen im Fach Energieeffizienz. Lediglich zwei Prozent des Stroms, den Zirndorf verbraucht, würden aus regenerativen Quellen, die vor Ort angezapft werden, gespeist. Ein Armutszeugnis nennt Schaa das, genauso wie die Tatsache, dass seine Fraktion mit der Forderung, in Zirndorf eine Bürgersolaranlage zu installieren, bereits wiederholt gescheitert ist. „Andere Kommunen sind da viel weiter.“

Dem Einzelhandel in der Innenstadt attestiert er eine „desolate Situation, hier muss schnellstens etwas passieren, damit das Zentrum nicht weiter ausblutet“. Und das müsse zur Chefsache erklärt werden, was einschließe, dass sich der Bürgermeister persönlich um die Ansiedlung kleiner, attraktiver Läden kümmere. Schaas langfristiges Ziel: eine Fußgängerzone.

Keine Klientelpolitik

„Zirndorf muss endlich grüner werden“, macht sich der Kandidat für konsequenten Baumschutz, maßvolle Baulandausweisung und nachhaltigeres Wirtschaften inklusive strikter Kostenkontrolle in der Verwaltung stark, um dem seit 2003 kontinuierlich anwachsenden Schuldenberg der Stadt zu begegnen. „Alle Leistungen müssen auf den Prüfstand, auch die freiwilligen — und das ohne Klientelpolitik zu pflegen.“

Wie sparsam Schaa ist, präsentiert er mit dem Prototyp fürs Wahlplakat, dass er für die Nominierungsversammlung entworfen hat: Mit ihm können die Plakate der sommerlichen Fahrrad-Kampagne, die noch im Stadtgebiet verteilt stehen, wiederverwendet werden: Unter dem Slogan „Zirndorf fährt ab“ hat er den Schriftzug „...auf Wolfram Schaa“ geklebt. Über seine Chancen möchte er sich nicht äußern. „Für mich ist wichtig, dass es zu einer Stichwahl kommt, die ist für Überraschungen gut“, sagt er.

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