Wenn das Windrad daheim auf dem Dach steht

20.12.2016, 13:00 Uhr
Wenn das Windrad daheim auf dem Dach steht

© Foto: Heinz Wraneschitz

Als Otto Schubert anno 1994 eine gut 20 Meter hohe, selbstgebaute Windmühle auf sein Gewerbegrundstück in Roßtal stellte, war er ein Exot. Mit den Genehmigungsbehörden kämpfen musste Schubert kaum, denn in Serie hergestellte Windkraftwerke gab es damals nicht.

Auch die Nachbarschaft klagte damals nicht: „Eine klappernde Schraube innerhalb von 20 Jahren“ habe ihm Ärger bereitet, erinnert sich der Windkraftpionier. Doch spätestens im Jahre 2000, als das Erneuerbare-Energien-Gesetz geboren worden war, stand auch für jenes Windkraftwerk (WKW) ein Genehmigungsverfahren ins Haus.

In Bayern erreichte die Regulierungswut mit dem 10H-Gesetz – der Abstand der Anlage zur Wohnbebauung muss mindestens das Zehnfache der Gesamthöhe betragen – einen neuen und bis heute gültigen Höhepunkt. Einzige Ausnahme: die Kleinstwindkraft.

Hier gilt für Bayern: Ein WKW mit einer Gesamthöhe von zehn Metern ist überall genehmigungsfrei zu errichten. Das steht sogar in den Artikeln 58 – allgemein – und konkret in 57 I Nr. 3b der Bayerischen Bauordnung: Masten und Antennen sind bis zehn Meter Gesamthöhe „verfahrensfreie Bauvorhaben“.

Nun haben kleine Windräder wie Antennen ein großes Problem, gerade wenn ihre Gesamthöhe mit zehn Metern möglicherweise gar niedriger ist, als das Haus direkt daneben. Deshalb dürfen solche WKW auch auf Dächer gebaut werden und darüber zehn Meter in die Höhe ragen. So jedenfalls legt Bayerns Oberste Baubehörde im Innenministerium diese Vorschrift der Bauordnung aus.

Nicht bei allen bayerischen Bauämtern scheint die Genehmigungs- und Verfahrensfreiheit ganz kleiner WKW angekommen zu sein. Im Fürther Landratsamt allerdings schon: „Bis zehn Meter Gesamthöhe verfahrensfrei, darüber ist ein Bauantrag notwendig. Seit 1994 sieht der Gesetzgeber vor, dass Bauherren eigenverantwortlich bauen. Aber natürlich gibt es im Wohngebiet ein Konfliktpotenzial“, sagt ein Sprecher des Landratsamtes.

Besonders wichtig ist, die Technische Anlage (TA) Lärm 6.1 zu beachten. Darin sind die zulässigen Geräuschpegel geregelt. Aus eigener Erfahrung wissen Planer wie Patrick Jüttemann vom Internetportal www.klein-windkraftanlagen.com oder Manfred Lehner, Sprecher des Bundesverbands Kleinwindanlagen (BVKWA) in Süddeutschland: Es ist wegen der Drehgeräusche der kleinen Windflügel leichter, die Genehmigung im Außenbereich oder in Gewerbegebieten zu erhalten, als im Hausgarten in der Siedlung. Und senkrecht stehende Rotoren sind normalerweise leiser als waagerecht montierte Anlagen mit Flügeln.

Lieber anmelden

Bernd Loosen vom gleichnamigen Kleinwindkraft-Errichter aus Freystadt in der Oberpfalz weist noch auf einen anderen Punkt hin: „Bei mehr als 10 000 kWh Eigenverbrauch pro Jahr treten Regelungen in Bezug auf die EEG-Umlage ein.“ Das heißt, ist das WKW nicht als „Inselanlage“ gebaut, sondern irgendwie mit dem Stromnetz verbunden, sollte der Betreiber vorsichtig bei dieser Grenze sein. Zumal es „keine bundeseinheitlichen Regelungen“ gebe. Und auch wenn es nicht Pflicht sei: „Anmelden sollte man den Bau schon“, empfiehlt er.

Der Roßtaler Otto Schubert hat sein altes Kleinwindrad übrigens vor kurzem abmontiert: Die Technik war in die Jahre gekommen. Der Tüftler stellt ohnehin eigentlich Mechanik für Funk und Elektronik her.

Darunter ist seine preisgünstige Erfindung „Volkswindmesser“: Mit einem sogenannten Plastik-Anemometer, so werden generell Instrumente zur lokalen Messung der Geschwindigkeit eines Strömungsfeldes bezeichnet, und einem Fahrradcomputer lassen sich Windgeschwindigkeiten messen und protokollieren. Damit kann jeder sehen, woher der Wind in Bayern wirklich weht.

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