„Wenn Vertrauen da ist, dann ist alles möglich“

30.9.2005, 00:00 Uhr
„Wenn Vertrauen da ist, dann ist alles möglich“

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Die „heiße Phase“ läuft: Nach monatelangen Vorbereitungen sollen ab Oktober Erwachsene ehrenamtlich Hauptschülern auf die Sprünge helfen, die Probleme in der Schule haben. 17 Frauen und Männer haben sich nach einem Aufruf im März als Schülercoaches gemeldet und wollen nun versuchen, den Jugendlichen mit ihrer Lebenserfahrung zu helfen.

Sie sind zwischen Anfang 30 und 70 Jahre alt und stammen aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen, darunter Selbstständige, Rentner, Hausfrauen, Angestellte. Eine Ausbildung zum Coach gab es nicht. Fortbildungsmaßnahmen sind aber angedacht. „Und wir werden mit jedem Treffen mit den Schülern lernen“, sagt Arne Gloge, Sprecher des Arbeitskreises Schülercoach. Sein Mitstreiter Peter Held pflichtet bei: „Wir bringen Wissen ein, Kraft und Engagement, damit wollen wir vorwärts kommen.“

Persönlichkeit stärken

Nach dem Vorbild eines ähnlichen Projekts im oberbayerischen Geretsried hat der Arbeitskreis ein Konzept auf die Beine gestellt, das Gloge und Held am Dienstagabend in der Hauptschule Cadolzburg vor Lehrern, den Schülercoaches und Gästen aus der Politik präsentierten.

Der Unterschied zu Geretsried: Während dort das Augenmerk auf der Nachhilfe liegt, soll in Cadolzburg Persönlichkeitsbildung der jungen Leute im Vordergrund stehen. „Mut, Wille, Motivation“, zählt Held auf.

80 Mädchen und Jungen aus Cadolzburg, Seukendorf und Ammerndorf besuchen derzeit die drei achten Klassen an der Hautpschule Cadolzburg. Davon brauchen nach Meinung der Lehrer etwa zehn bis 15 Unterstützung. Nach Möglichkeit soll sich jeder Coach eines Schützlings annehmen. Im Idealfall begleitet er ihn drei Jahre lang - von der achten Klasse bis in die Ausbildung, berichtet Gloge.

Er weiß, warum er vom „Idealfall“ spricht, denn „so wird es wohl nicht immer laufen“, sagt er. Voraussetzung sei, dass Schüler und Coach einen Draht zueinander finden. „Wenn das gelingt, ist alles möglich“, sagt auch Peter Held. Wenn nicht, müsse man auch den Mut haben, den Coach zu wechseln.

„Wir wissen auch, dass einzelne Schüler trotz unserer Hilfe nicht alles erreichen werden“, räumt Gloge ein. Als Ziele gelten der Qualifizierende Hauptschulabschluss und eine Lehrstelle. Zumindest aber wolle man vermeiden, dass der Jugendliche nach der Schule zum Sozialfall wird. Entscheidend sei, ob es der Coach in den wöchentlichen Treffen schafft, seinen Schützling „zu motivieren“ und „Vertrauen aufzubauen“. Außerdem soll der Betreuer zum Beispiel ein Auge darauf haben, ob der Schüler regelmäßig Hausaufgaben macht und lernt. „Nachhilfe geben ist nicht unbedingt vorgesehen“, sagt Gloge. Vielmehr soll der Coach, falls nötig, die Nachhilfe organisieren.

Am Ende der Schulzeit sollen die Erwachsenen den Jugendlichen helfen, einen Ausbildungsplatz zu finden. Das beginnt bei der Berufswahl, geht über Bewerbungstraining bis zum gemeinsamen Besuch eines Vorstellungsgespräches. „Alles in allem bieten wir aber Hilfe zur Selbsthilfe an“, sagt Arne Gloge. Nächste Woche geht es los: Aufgabe der Lehrer ist es, Schüler zu benennen, die Unterstützung brauchen - sei es wegen schlechter Noten oder persönlicher Probleme. Auch die Eltern müssen mitspielen, ohne ihre Einverständniserklärung läuft nichts. Und natürlich die Jugendlichen selbst. „Wir können ja niemanden zwingen“, sagt Peter Held.

Sobald die Eltern ihre Unterschrift geleistet haben, können die einzelnen Coaches auf die Schüler verteilt werden. Nach Möglichkeit sollen der Jugendliche und sein Coach im gleichen Ort wohnen. Mädchen werden grundsätzlich von Frauen betreut. Peter Held und Arne Gloge sind gespannt, wie sich das Projekt entwickelt. „Das erste Jahr begreifen wir als Lernphase“, sagen sie. Das Konzept könne sich noch verändern.

Die Lehrer in Cadolzburg sind von dem freiwilligen Engagement angetan. „Jeder Versuch zu helfen, ist uns etwas wert“, sagt Uwe Funke. Er setzt einige Hoffnung in die Coaches: „Wenn es ihnen gelingt, die Motivation und den Arbeitseifer der Schüler nur ein wenig anzukurbeln, dann haben wir schon viel gewonnen.“