Wohnzimmer unter Wasser

15.1.2011, 10:00 Uhr
Wohnzimmer unter Wasser

© Hans-Joachim Winckler

Es brauchte nur einen Satz, um Andrea Huber am Freitagmorgen um sechs Uhr so richtig wach zu machen: „Mamaaa“, rief ihre Tochter, „das Esszimmer steht unter Wasser!“ Andrea Huber lebt schon seit ihrer Geburt in dem Haus am Schießplatz — in jener idyllischen Lage, die bei Hochwasser stets ein wenig gefährlich wird.

Von der Terrasse aus können die Hubers auf das Kulturforum schräg gegenüber blicken, dazwischen fließt die Rednitz, die am Freitag mit Wucht gegen die Mauer schwappte, die das Anwesen schützen soll. Irgendwie fand das Flusswasser einen Weg durch die Fugen, bis zum Nachmittag steckten Andrea Huber, ihre Familie und helfende Nachbarn in Gummistiefeln und waren damit beschäftigt, das Wasser - es stand etwa zehn Zentimeter hoch - vom Hof zu schaffen.

Das Wasser im Esszimmer kam indes von anderer Stelle, wie Andrea Huber schnell bemerkte: Vor der Haustür war vom Kopfsteinpflaster nichts mehr zu sehen, stattdessen hatte sich hier eine riesige Wasserlache ausgebreitet, „die zog sich bis hinauf zur Wilhelm-Löhe-Straße“. „Das alles war ein See“, beschreibt Constanze Wagner, eine Nachbarin, die um ihre Wohnung bangte. Ein See, den nach Angaben der Feuerwehr ein übervoller Kanal verursacht hatte. In „Extremfällen“ gibt es das, bestätigte Baureferent Joachim Krauße auf FN-Anfrage. „Wenn das Wasser nicht mehr abfließen kann, läuft es aus dem Gully.“

Während im Haus Huber viele Hände halfen, das Wasser im Esszimmer mit Handtüchern aufzusaugen, pumpte die Feuerwehr Liter für Liter von der Straße und aus ein paar Kellern. Am Ende ließ sie einen Berg Sandsäcke da, aus dem sich die Anwohner bedienen konnten, um im Falle einer erneuten Überschwemmung geschützt zu sein.

Erinnerung ans große Hochwasser 1909

Aufmerksam verfolgten das Spektakel nicht nur viele Kinder, sondern auch der 87-jährige Heinrich Dubrau, dessen Familie bereits in vierter Generation die Reinigung gleich neben Hubers Haus gehört. Schlimmer als sonst sei das Hochwasser gestern gewesen — aber bei weitem nicht vergleichbar mit jener Katastrophe von 1909, die sein Großvater miterlebte. Neben der Reinigung habe damals ein Wirtshaus gestanden. „Die Zechbrüder saßen beim Stammtisch, als sie sich wunderten, warum ihre Füße plötzlich so nass waren.“

Ungewöhnlich hoch für Fürth war das Wasser am Freitag auch nach Einschätzung von Straßenmeister Rüdiger Popp vom städtischen Bauhof. Zusätzlich zu den Talübergängen Ritzmannshofer Straße, Stadelner Straße und Fuchsstraße mussten zahlreiche Fußwege im Wiesengrund gesperrt werden. „Viele von ihnen bleiben sonst auch bei Hochwasser offen“, sagt Popp. „So wie jetzt ist es nur alle zehn bis zwanzig Jahre.“

Am Morgen entdeckte er zudem, dass der Parkplatz an der Ludwigsbrücke unter Wasser stand. Auch hier musste eine Absperrung her.

Die Wassermengen kamen nach Angaben des Nürnberger Wasserwirtschaftsamts aus der Fränkischen Alb östlich von Nürnberg: Dort hatte sich der Regen „festgefressen“, so Leiter Ulrich Fitzthum, die Niederschläge wiederum brachten den Schnee zum Schmelzen. „Der Boden ist so nass, der kann kein Wasser mehr aufnehmen. Das ist alles sofort in den Gewässern.“

Mit der Pegnitz und der Rednitz gelangten die Wassermassen dann nach Fürth. Bereits ab Mittag sanken die Pegelstände allerdings wieder. Mit Schlimmerem rechnet Fitzthum in den nächsten Tagen daher nicht. An den Anblick der großflächigen Überflutung der Talauen aber „werden wir uns noch etwas gewöhnen können“. Die „Seenlandschaft“ bliebe wohl noch über das Wochenende hinaus erhalten.