Wut im Warenhaus

12.9.2010, 22:00 Uhr
Wut im Warenhaus

© Kronau

Die Schäppchenjäger haben ganze Arbeit geleistet. Seit einigen Tagen gibt Marktkauf auf alles außer Lebensmittel 50 Prozent Rabatt, entsprechend zerzaust und geplündert sehen Warenkörbe und Regale aus. Trostlose Endzeitstimmung hat sich im Haus breitgemacht — und auf die verbliebenen Mitarbeiter übertragen.

Was sie vor allem deprimiert: Nach wie vor ist ihr weiteres Schicksal ungewiss, denn Genaues weiß man nicht. Findet sich kurz vor Toreschluss doch noch eine Lösung zwischen Vermieter und Mieter, die zumindest einem Teil der ursprünglich 102 Beschäftigten ihren Job sichert? Entsprechende Signale gab es zuletzt, und auch die Inhaber der neben Marktkauf hier untergebrachten elf Geschäfte streichen längst nicht die Segel.

Ihre Mietverträge laufen bis Ende Oktober, möglicherweise ein Hinweis darauf, dass sich die Marktkauf-Flächen doch schnell wieder füllen. „Wir wissen es einfach nicht, wir fühlen uns wie bestellt und nicht abgeholt“, schimpft eine Ladenbetreiberin, die vorsichtshalber lieber nicht genannt werden möchte.

Glaubt man dem Besitzer des Gebäudes, dem britisch-niederländischen Immobilienfonds Treveria, dann sind die Aussichten auf raschen Wandel tatsächlich nicht so schlecht. Nach wie vor verhandle man mit dem Mieter Edeka. Der Lebensmittelkonzern, zu dem die Marktkauf–Kette gehört, hat vergangene Woche ein neues Angebot erhalten. Eingeweihte sprechen davon, dass man sich nach anfänglich unüberbrückbar scheinenden Differenzen hinsichtlich des Preises stark aufeinander zubewegt hat.

Zweitbeste Lösung

Allerdings ist nicht mehr von einem Warenhaus auf den zwei Ebenen mit rund 7500 Quadratmetern die Rede, sondern von einem sogenannten E-Center, das nur das Erdgeschoss einnehmen würde. Auch nach Erkenntnissen des städtischen Wirtschaftsreferenten Horst Müller ist das letzter Stand der Dinge. „Das wäre zwar nur die zweitbeste Lösung, mit der man aber leben könnte“, sagt er.

Und leben müsste, denn eine weitere Nutzung als SB-Warenhaus mit Lebensmittel-Vollsortiment hat sich erledigt. Beide dafür infrage kommende Ketten, Globus und Kaufland, haben inzwischen abgewunken. Der zu erwartende Ertrag und die Kosten für die stark umbaubedürftige Immobilie stünden in keinem Verhältnis, sei ihm von den Verantwortlichen bedeutet worden, so Müller.

Selbst Stefan Rohrer, Sprecher von Edeka Nordbayern, dämpfte gestern auf FN-Anfrage allzu große Erwartungen, sein Unternehmen könnte doch noch einmal anbeißen. „Wir schauen, was möglich ist, aber der Standort ist schwierig“, sagt er. Das Haus an der Gabelsbergerstraße sei „im Grunde eine Fehlplanung“ und deshalb nur bedingt nutzbar.

Zudem macht Rohrer aus seiner Enttäuschung über das Verhalten von Treveria keinen Hehl. Monatelang habe der Vermieter gar nichts von sich hören lassen; erst jetzt, da alle anderen Interessenten abgesprungen sind, sei man vom „hohen Ross herabgestiegen“ und habe sich wieder auf Edeka zubewegt. „Schlechter Stil“ sei das, findet Rohrer.

Auch die Gewerkschaft glaubt angesichts der „Pokerrunden“, wie sie es nennt, nicht mehr an ein positives Ende. Bei den Beschäftigten gebe es „nicht nur Trauer, sondern auch sehr viel Wut und Enttäuschung“, so Rita Wittmann, bei ver.di Mittelfranken für den Bereich Handel zuständig. Edeka wirft sie vor, die Zusage, Fürther Mitarbeiter in anderen Märkten unterzubringen, „nicht so eingehalten“ zu haben, wie mit dem Betriebsrat vereinbart. Edeka-Vertreter Rohrer indes will das nicht so stehen lassen. Schließlich könne es von heute auf morgen andernorts keinen „Riesenpersonalbedarf“ geben.

Eine Breitseite feuern die Gewerkschafter aber auch gegen die Kommune ab. Die Fürther Stadtspitze setze seit Jahren auf das Motto „Konkurrenz belebt das Geschäft“, meint Wittmann — und bemüht als Beleg die vier verkaufsoffenen Sonntage in Fürth, mehr als in den Nachbarstädten. Der Konkurrenzkampf aber habe nicht etwa das Geschäft belebt, „sondern ins Aus geführt“.

Bei allem Verständnis für den Ärger über die noch immer ungeklärten Verhältnisse bei Marktkauf vermisst Fürths Wirtschaftsreferent Horst Müller die Logik in dieser Argumentation. Er könne „nicht nachvollziehen, was verkaufsoffene Sonntage mit dem Niedergang von Marktkauf zu tun haben sollen“.

Fakt sei, dass Filialen der Kette bundesweit in den roten Zahlen stehen, es sich also keineswegs um ein spezifisches Fürther Phänomen handle. Marktkauf hätte in Müllers Augen sogar von einem Wegfall von Konkurrenz in der Kleeblattstadt profitieren müssen, als mit dem real-Markt im City-Center Ende 2006 der einzige gleichwertige Mitbewerber weit und breit schloss. Ein Trugschluss, wie man heute weiß.