Zehn Jahre nach Quelle-Aus: Das hat sich in Fürth verändert

17.10.2019, 14:18 Uhr
Zehn Jahre nach Quelle-Aus: Das hat sich in Fürth verändert

© Foto: Gwendolyn Kuhn

Aus dem Radio erfuhr Thomas Jung vor fast genau zehn Jahren, am 19. Oktober 2009, die katastrophale Nachricht: Für die Quelle gab es keine Rettung mehr, das Aus des Unternehmens war besiegelt. "Das war natürlich ein Schreckenstag für uns", erinnert sich der Oberbürgermeister noch heute lebhaft. Schließlich war Fürth bis dahin beinahe untrennbar mit dem Versandunternehmen verknüpft, dessen Grundstein Gustav Schickedanz 1922 mit einem Kurzwarengeschäft gelegt hatte.

Beliebter Arbeitgeber

Das Quelle-Kaufhaus an der Freiheit war für viele Fürther lange Jahre erste Anlaufstelle auf der Suche nach unterschiedlichsten Waren. Darüber hinaus galt "die Quelle" als beliebter Arbeitgeber, der gut bezahlte und sich um seine Mitarbeiter kümmerte. In vielen Familien standen gleich mehrere Personen dort in Lohn und Brot. Die Insolvenz, die auch etlichen unüberlegten Strategiewechseln des Konzerns geschuldet war, katapultierte 4000 Beschäftigte in die Arbeitslosigkeit; weitere 1000 Menschen verloren bei Zulieferern ihren Job.

Besonders bitter, so Jung in seiner Rückschau, sei das für die Fürth gewesen, weil vorher schon die regionalen Traditionsunternehmen AEG und Grundig in die Pleite geschlittert waren. Auch die hier stationierten Amerikaner waren abgezogen und hatten Lücken hinterlassen. Hinzu kam, dass die Aussichten für die Wirtschaft damals ohnehin nicht rosig waren.


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"Schlimmste Prophezeiungen" habe es für die Stadt gegeben, erinnert sich der Rathauschef. Ein Sonderarbeitsamt wurde eingerichtet, um die massenhaften Kündigungen zu bewältigen; für zahlreiche Gebäude, in denen einst Quelle daheim war, galt es, neue Nutzer zu finden.

"Außerordentlich bitter" sei das alles gewesen, sagt Horst Müller, damals wie heute Fürther Wirtschaftsreferent. Doch die Stadt, das lässt sich zehn Jahre danach an etlichen Stellen ablesen, hat diese Hürde gut gemeistert. So gut, dass Jung und Müller euphorisch von einem "kleinen Wirtschaftswunder" sprechen.

Neue Heimat für Landesamt für Statistik

Initiativen und Projekte halfen über die schwierige Zeit hinweg – darunter das "Strukturprogramm Nürnberg-Fürth" des Freistaats, das die beiden am stärksten von der Pleite betroffenen Städte unterstützte. Eine Investitionsförderung für kleine und mittelständische Unternehmen wurde aufgestockt und der Gewerbehof Complex in der Südstadt, Heimstatt für Existenzgründer, kräftig erweitert.

Neues Leben zog auch ins Quelle-Hauptquartier in der Nürnberger Straße ein. Seit 2016 sind dort mittlerweile 550 Mitarbeiter des bayerischen Landesamts für Statistik angesiedelt. Auf der Hardhöhe, wo einmal die neue Hauptverwaltung des Versandhändlers seinen Platz finden sollte, ist stattdessen das Gewerbegebiet Hardhöhe West entstanden. 1500 Menschen arbeiten inzwischen auf diesem Areal.

Auch die Zahl der Beschäftigten in der Kleeblattstadt nahm seit der Quelle-Insolvenz kontinuierlich zu. 10.000 Arbeitsplätze mehr gibt es inzwischen, die Gewerbesteuereinnahmen stiegen in den vergangenen zehn Jahren um rund 50 Prozent, um knapp 40 Prozent legte der Einzelhandel nach Angaben der Stadt zu.

Diese und weitere Entwicklungen seit der Quelle-Insolvenz zeichnet auch eine neue Ausstellung im Stadtmuseum (Ottostraße 2) nach. Zu sehen gibt es bis 19. April 2020 unter anderem Sessel, Telefon und Stehlampe aus dem Büro von Gustav Schickedanz. Außerdem kann man in alten Quelle-Katalogen blättern und sich Interviews mit ehemaligen Beschäftigten anhören.

InfoAm kommenden Sonntag führt eine Radtour mit dem OB zu ehemaligen Quelle-Liegenschaften. Start zur etwa 90-minütigen Runde ist vor dem Carré Fürther Freiheit.

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