Führerschein nötig: Die Luft für Drohnen-Piloten wird merklich dünner

28.4.2021, 05:55 Uhr
Zur Jahreswende trat eine EU-weite Drohnen-Verordnung in Kraft.

© André Ammer Zur Jahreswende trat eine EU-weite Drohnen-Verordnung in Kraft.

Sie fliegen über Gärten und in den Bergen, um schöne Aufnahmen zu machen; Piloten von atemberaubend schnellen und wendigen Race-Drohnen liefern sich spektakuläre Rennen auf speziellen Parcours. Der Verband Unbemannte Luftfahrt geht davon aus, dass inzwischen etwa eine halbe Million Drohnen am Himmel über Deutschland herumsurren. Weil sich die mit immer intelligenterer Technik ausgestatteten Flugroboter derart verbreitet haben, ist die Europäische Union eingeschritten. Zur Jahreswende trat eine EU-weite Drohnen-Verordnung in Kraft.


Drohnen-Piloten müssen Privatsphäre respektieren


Das war nach Ansicht vieler Fachleute auch dringend nötig, denn manche Drohnen-Besitzer halten sich nicht an die bisher schon geltenden Bestimmungen und gefährden damit unter anderem den regulären Flugverkehr. So registrierte die Deutsche Flugsicherung im vergangenen Jahr 92 gemeldete Behinderungen durch Drohnen im Luftraum, wobei die Zahl der Passagierflüge aufgrund der Corona-Pandemie bekanntlich zurückging. 2019 gab es 125 Meldungen, im Jahr zuvor waren es 158. Die Dunkelziffer bei diesen illegalen Eingriffen in den Luftverkehr dürfte erheblich höher sein.

Flughafen mehrere Tage lang lahmgelegt

Der bisher spektakulärste Zwischenfall ereignete sich Ende 2018 am Flughafen London-Gatwick. Wegen mehrerer dort gesichteter Drohnen war der Flugbetrieb auf Europas siebtgrößtem Airport mehrere Tage lang lahmgelegt. Darüber hinaus werden Drohnen immer öfter auch für kriminelle Zwecke eingesetzt, um zum Beispiel Drogen oder Handys in Gefängnisse zu schmuggeln.

Die Rechtsprechung musste angesichts des rasanten technischen Fortschritts bei den immer preiswerteren und zugleich leistungsfähigeren Drohnen dringend aktualisiert werden. Und zum 1. Mai endet eine Übergangsfrist der neuen EU-Drohnen-Verordnung. Selbst vermeintliche Spielzeug-Drohnen mit einem Gewicht unter 250 Gramm müssen nun beim Luftfahrtbundesamt (LBA) registriert werden, wenn sie über eine integrierte Kamera verfügen. Für den Betrieb von Drohnen über 250 Gramm muss der Pilot mindestens 16 Jahre alt sein und zumindest den "Kleinen Drohnen-Führerschein" besitzen.


Drohnen: Auch für Überflieger gelten Regeln


Für diese offiziell "EU-Kompetenznachweis" genannte Flugberechtigung muss man sich beim LBA registrieren und einen Online-Test absolvieren. Des Weiteren muss auf der Drohne mittels einer gut sichtbaren Plakette die von der Behörde vergebene Registrierungs-ID angebracht werden. In einigen Drohnen-Klassen muss diese ID zusätzlich noch in der Software des ferngesteuerten Fluggeräts eingetragen werden.

Künftig fünf verschiedene Risikoklassen

Neue Drohnen werden künftig in fünf Risikoklassen unterteilt, und die Hersteller müssen ihre neuen Modelle entsprechend zertifizieren lassen. Außerdem sehen die neuen EU-Richtlinien drei verschiedene Anwendungsszenarien vor, für die es weitere Auflagen gibt. Eine spezielle Haftpflichtversicherung ist gesetzlich vorgeschrieben, und um semiprofessionelle oder gar professionelle Fluggeräte pilotieren zu dürfen, ist ein "EU-Fernpiloten-Zeugnis" nötig. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 50.000 Euro.

Für Drohnen der obersten Kategorien werden laut Bernd Böhm, Leiter des BayernLab in Neustadt an der Aisch, "ähnlich aufwendige Zulassungen wie in der bemannten Luftfahrt" verlangt. Der Branchenverband Zivile Drohnen (BVZD) fürchtet angesichts der komplexen neuen Reglementierungen, dass hier eine große Wachstumsbranche ausgebremst wird.

"Der Branche droht ein bürokratisches Monster"

"Bereits 2016 prognostizierte die EU ein Potenzial von mehr als 100.000 Beschäftigen mit einem wirtschaftlichen Volumen von zehn Milliarden Euro pro Jahr. Jetzt aber droht der Drohnenwirtschaft ein bürokratisches Monster", kritisiert Professor Martin Maslaton, der im Vorstand des BVZD für die rechtlichen Fragen zuständig ist. Einige potenzielle Investoren sind laut dem Fachanwalt für Verwaltungsrecht von den neuen Verordnungen aus Brüssel bereits verschreckt worden

"Die Sicherheit im Luftverkehr liegt mir schon aus rein persönlichem Interesse am Herzen. Schließlich bin ich auch Pilot", sagt Maslaton. Doch es bestehe nun die Gefahr, dass man durch ein zu enges rechtliches Korsett ein von der Politik ja durchaus gewünschtes wirtschaftliches Massenphänomen abwürge. Allein in Deutschland soll sich bis 2030 das Volumen des Drohnenmarktes auf etwa drei Milliarden Euro erhöhen. Schon vor einiger Zeit hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) prophezeit, dass es bald mehr Drohnen als Autos in Deutschland geben werde.


Drohnen-Piloten müssen Privatsphäre respektieren


Bei einem massenhaften Einsatz solcher unbemannten Fluggeräte müsse die Gesellschaft aber auch gewisse Risiken in Kauf nehmen, fordert das Vorstandsmitglied des BVZD. Trotz all der Sicherheitstechnik in den Modellen der neuesten Generation könne zum Beispiel nicht ausgeschlossen werden, dass bei einzelnen Unfällen mit Drohnen Menschen zu Schaden kommen.

"Sichere Integration in den Flugverkehr"

"Natürlich sehen auch wir das Potenzial, das im sinnvollen und gesellschaftlich nutzbringenden Einsatz von Drohnen steckt. Wir sehen uns deshalb auch nicht als Drohnenverbieter, sondern setzen uns für deren sichere und faire Integration in den Flugverkehr ein", versichert Ute Otterbein von der Deutschen Flugsicherung (DFS). Die Idee der EU, Drohnen nicht einfach nach Gewicht und Größe, sondern nach dem Risiko beim Einsatz zu beurteilen, halte die DFS für klug, denn viele Modelle haben mit herkömmlicher Unterhaltungselektronik nichts mehr zu tun.

"Drohnenbesitzer sind Piloten und müssen entsprechende Qualifikationen haben", stellt Otterbein klar, und laut Cornelia Cramer vom Luftfahrt-Bundesamt hat die neue Verordnung auch den Vorteil, dass sie in sämtlichen EU-Mitgliedsstaaten gelte. "Eine Drohne darf also überall unter den gleichen Betriebsbedingungen betrieben werden, und auch der EU-Drohnenführerschein ist länderübergreifend gültig", erklärt Kramer. Die Zeit der je nach Land unterschiedlichen Regelungen sei vorbei.

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