Fürther Stadtmuseum öffnet im ehemaligen Otto-Schulhaus

26.3.2010, 00:00 Uhr
Fürther Stadtmuseum öffnet im ehemaligen Otto-Schulhaus

© Issler

Wie viel Besuch verträgt ein Museum, bevor die Leitung wegen Überlastung kollabiert? Fast 30 Jahre lang lagerten Fürths große und kleine Prunkstücke im Schloss Burgfarrnbach. Ein ruhiges Dörfchen, ein geruhsames Schloss, in dem auch Dornröschen sich langlegen würde, dazu ein beschaulicher Park – und gerade einmal 1000 Besucher im Jahr!

Da machte Fürths OB Thomas Jung aus seinem Ingrimm keinen Hehl: Das Schloss Burgfarrnbach beherbergte »eine relativ lieblose Anhäufung bedeutsamer Gegenstände, ohne besondere Attraktivität». Als nun die Ottoschule umzog, das Gebäude leerstand, und die Innenstadt eine allgemeine Aufwertung erfahren sollte, schlug die Stunde der Neukonzeption. Das Stadtmuseum ist ins Erdgeschoss eingezogen, die oberen Stockwerke sind in 30 Wohnungen aufgeteilt. Die Ausgaben von 2,56 Millionen Euro Baukosten konnte die Stadt auffangen mittels 800 000 Euro Städtebauförderung, weiteren 800 000 Euro Förderung für nichtstaatliche Museen, sowie zahlreichen Spendenbeträgen. Sodass Ausgaben und Einnahmen sich nunmehr die Waage halten.

Die Zigarre weist den Weg

Was ist zu sehen? Zunächst muss der geneigte Besucher genauer hinsehen, um den etwas unspektakulären Eingang im Eckwinkel zu erkennen. Eine weinrote Banderole mit der goldenen Zigarren-Silhouette Ludwig Erhards ist ihm dabei behilflich.

Der Vorraum des Museums widmet sich ausführlich der Ottoschule, errichtet 1867–69, in der sowohl Erhard, als auch Jakob Wassermannn und Gustav Schickedanz das Abc erlernten, sowie bei Nichtgefallen ihre Tatzen kassierten, gemäß der damaligen pädagogischen Auffassung.

Es folgt ein riesiger Saal, durch Trennwände in diverse Abteilungen unterteilt. Eine Zeitleiste an der Wand geleitet den Besucher durch 40 000 Jahre Fürther Kulturgeschichte, beginnend bei Schabern und Klingen aus der Steinzeit, die man in Atzenhof ausgegraben hatte. Das Museum will den Besucher nicht mit Informationen erschlagen sondern mehrere Zugänge, je nach Zeit und Temperament, anbieten. Wer es also kurzweilig mag, der kann der Zeitleiste folgen und vergleichen, was wann in Fürth und in der Weltgeschichte sich alles zugetragen hat.

Wer es genauer wissen will, der nimmt Platz auf einer der »Zeitinseln», wie sie der Architekt Christian Koch nennt. Diese Inseln sind leicht erhabene, farblich vom Boden abgegrenzte Areale, die mittels Monitor dreiminütige Kurzfilme zu Themen der Stadtgeschichte präsentieren.

Doch Fürth ist trotz seiner tausendjährigen Geschichte eine Stadt des 19. Jahrhunderts. Und das bedeutet: kein Dom, kein Schloss, dafür Bürgerhäuser, Handwerk und Industrie. Entsprechend ausführlich dominiert das 19. Säkulum die Zeitleiste, entsprechend ausführlich kommen Exponate aus Handwerk, Industrie und Gebrauchskunst zum Zug. Hier kann selbst der von der Nürnberger Industriekultur Verwöhnte Entdeckungen machen. Die Goldschläger werden durch einen Federhammer repräsentiert, sowie durch eine kunstvolle Intarsien-Zunfttruhe. Bäckermeister weiden sich an einer Teigrührmaschine aus den 1930er Jahren. Eisenbahnhistoriker und Spielzeugsammler stehen Schlange vor dem Guckkasten-Diorama, einem tunnelartigen Gebilde, das die Fahrt des »Adlers» wie auf einer Barockbühne mit fünf hintereinander gestaffelten Ebenen inszeniert. Der Blick durchs Guckloch suggeriert Plastizität in 3D, und das 175 Jahre vor »Avatar»! Das war das Kino unserer Vorväter und Urmütter.

Weitere Prunkstücke kennen wir aus dem Schloss Burgfarrnbach: Die Spiegel, die Armeen der Zinnsoldaten, und das liebevoll geschnitzte, bis ins kleinste Detail gestaltete Modell der Berg-und-Talbahn, dessen Urbild jahrzehntelang die Fürther Kärwa bereichert hatte.

Beim 20. Jahrhundert hätten wir gerne etwas mehr über das Dritte Reich erfahren. Indes, Platz für Sonderausstellungen ist immer noch genug. Und wer mit gerade mal 700 000 Euro für Gestaltung und Einrichtung auskommen musste, wer auch noch mitten in der Konzeption den Weggang der Stadtarchivarin Sabine Brenner-Wilczek hinnehmen musste, wie es dem Team um Museumsleiter Gert-Ronald Langer und den Mitkuratorinnen Ruth Kollinger und Alexandra Herzog widerfuhr, der hat bei diesem Ergebnis höchstes Lob verdient. Franken, erhebt euch und staunt, was die Fürther fertigbringen!

Stadtmuseum, Ottostraße 2, Fürth. Am Sonntag, 28. März, freier Eintritt von 11–17 Uhr. Mehr Details unter www.stadtmuseum-fuerth.de

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