Beschuldigte schweigen eisern

Geplante Lauterbach-Entführung: Waffenlager gefunden - Haus in Franken durchsucht

20.4.2022, 08:58 Uhr
Vor dem Haus eines der "Vereinten Patrioten": Der Mann aus dem Pottensteiner Ortsteil Hohenmirsberg (Kreis Bayreuth) fährt einen in Tarngrün gehaltenen Kombi. Vor einem Reporter machte er sich allerdings in einem Kleinbus aus dem Staub.

© privat, NN Vor dem Haus eines der "Vereinten Patrioten": Der Mann aus dem Pottensteiner Ortsteil Hohenmirsberg (Kreis Bayreuth) fährt einen in Tarngrün gehaltenen Kombi. Vor einem Reporter machte er sich allerdings in einem Kleinbus aus dem Staub.

Die vier in Untersuchungshaft genommenen Männer hätten sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft am Dienstag in Koblenz. Ihnen werden die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und Verstöße gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz vorgeworfen.

Die Auswertung der sichergestellten Datenträger werde noch einige Zeit dauern. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) hatte von Rechtsterrorismus gesprochen.

Die Beschuldigten sollen in Deutschland Sprengstoffanschläge und die Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplant haben. Damit hätten sie die Bevölkerung den Ermittlern zufolge in Angst und Schrecken versetzen und das angestrebte Chaos nutzen wollen, um die Macht in Deutschland zu übernehmen.

"Regelrechtes Waffenlager" in Bayern aufgefunden

"Wir gehen weiterhin davon aus, dass es sich bei den beiden Hauptbeschuldigten aus Neustadt an der Weinstraße in Rheinland-Pfalz und Falkensee (in Brandenburg) um die entscheidenden Planer und Organisatoren handelt", sagte der Oberstaatsanwalt. Bei dem Hauptbeschuldigten aus Falkensee sei ein Kalaschnikow-Sturmgewehr gefunden worden. Der Mann habe "eine Art Dozententätigkeit auf dem Gebiet der Finanzberatung ausgeübt".

Ein "regelrechtes Waffenlager" sei bei dem dritten Beschuldigten gefunden worden, der aus dem niederbayerischen Kreis Landshut stamme. Die Ermittler gehen davon aus, dass er sich aktiv an den geplanten staatsfeindlichen Aktionen beteiligen und Waffen einsetzen oder beschaffen wollte.

Dem vierten Mann wird vorgeworfen, sich um die Beschaffung der für die geplanten Taten erforderlichen Finanzmittel gekümmert zu haben. In dem Haus in Bayern hätten überall Schusswaffen und Teile von Schusswaffen herumgelegen, berichtete der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft. Darunter seien eine Kiste mit Munition, zahlreiche Pistolen und Messer, aber auch Langwaffen, Pfeile, eine Armbrust und eine Schnellfeuerarmbrust sowie eine Wurfaxt gewesen.

In dem Haus fanden die Ermittler auch die Uniform mit den SS-Runen sowie eine Reichsflagge, Fotos mit Reichsflaggen und fünf neue, leere Benzinkanister. Auch Bücher, in denen es um Verschwörungen gegen Deutschland gehe, seien entdeckt worden.

Haus bei Pottenstein durchsucht

Einer der Verdächtigen, die Lauterbach entführen wollten und deren Wohnungen durchsucht wurden, lebt in Hohenmirsberg, einem Ortsteil von Pottenstein im Kreis Bayreuth. Der 53-Jährige scheint nach ersten Informationen aber nicht in U-Haft zu sein.

Es ist eigentlich ein idyllischer Blick über Hohenmirsberg vom Berg herab. Hier soll Peter W. mit Gleichgesinnten in der Telegram-Chatgruppe "Vereinte Patrioten" den Umsturz geplant haben. Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz hat Ermittlungen gegen Mitglieder dieser Chatgruppe "wegen Vorbereitung von Sprengstoffanschlägen und anderer Gewalttaten" eingeleitet. Bei den Durchsuchungen am Mittwoch standen Beamte auch vor der Wohnung von W.

Viel wissen die Leute im Ort nicht, obwohl der Mann seit etwa anderthalb Jahren dort lebt. Den Autokennzeichen nach stammt er aus Thüringen. Aufgefallen war der Mann wegen seiner Autos, die in Tarn-Dunkelgrün lackiert sind. Er lebt zurückgezogen, kaum einer kennt ihn, und wenn, dann nur vom Sehen. "Er hat sich abgeschottet", sagt ein Nachbar.

Beschuldigter wurde auch mit Waffen gesehen

Peter W. war oft mit seinem Hund im Wald unterwegs. Im Dorf weiß man, dass er Jäger war. Er wurde auch mit Waffen gesehen. Wo er sich zurzeit aufhält, weiß niemand. Am Karfreitag wurde er kurz im Auto gesehen.

W. sagt über sich im Internet, er sei ehemaliger Offizier und Einzelkämpfer, er gibt Kurse für Überlebenstraining und bildet zur "Krisenvorsorge" aus. Zudem bietet er Runenkunde an.

Nach Einschätzung der Ermittler handelt es sich bei den Beschuldigten um sogenannte Reichsbürger, Gegner der Corona-Politik und Verschwörungstheoretiker. Sie nannten sich nach Angaben der Ermittler "Vereinte Patrioten", zuweilen aber auch "Deutschland Tag X", oder gaben sich weitere Namen. Zu der Gruppierung sollen etwa 70 Mitglieder zählen.

Am Dienstagabend schrieb die Generalstaatsanwaltschaft auf Anfrage unserer Redaktion, "in Pottenstein wurde bei einer Person durchsucht, die Zeugenstatus hat". Die Strafprozessordnung sieht die Durchsuchung bei Zeugen für Fälle vor, in denen die Vermutung besteht, dass sich bei ihnen Beweismittel befinden.