Gewalt gegen Polizisten in Bayern: "Ausmaß ist erschreckend"

13.7.2018, 15:03 Uhr
Retter als Opfer - auch in Bayern keine Seltenheit. Polizisten, Mitarbeiter des Rettungsdienstes und Feuerwehrleute sehen sich bisweilen auch körperlichen Angriffen ausgesetzt.

© ToMa Retter als Opfer - auch in Bayern keine Seltenheit. Polizisten, Mitarbeiter des Rettungsdienstes und Feuerwehrleute sehen sich bisweilen auch körperlichen Angriffen ausgesetzt.

In Bayern gab es demnach 2017 7334 Fälle von physischer und psychischer Gewalt, die sich gegen 16528 Polizeibeamte richtete. Trotz des leichten Rückgangs der Fallzahlen zum Vorjahr (-1,2 Prozent) ist damit ein neuer Anstieg der Betroffenen registriert worden (+0,5 Prozent). "Das Ausmaß der Gewalt gegen unserer Polizistinnen und Polizisten ist erschreckend", sagt der Innenminister während einer Pressekonferenz im Nürnberger Polizeipräsidium. Laut Herrmann werden zunehmend Beamte beleidigt, bedroht, bespuckt, geschlagen oder sogar in lebensbedrohliche Situationen gebracht.

Eine Entwicklung, die nicht alleine die Polizei betreffe. Seit Jahren klagen auch Rettungsdienste, Notärzte und Feuerwehren, eben alle Organisationen, die ein Blaulicht auf dem Autodach haben, über immer gravierendere Übergriffe. Erst vor wenigen Wochen habe es einen brutalen Vorfall in Ottobrunn bei München gegeben. Ein 20-jähriger Eritreer schleuderte eine noch zu etwa zwei Drittel gefüllte Whisky-Flasche gegen einen Notarztwagen. Die Flasche durchschlug die Beifahrerscheibe und traf die Notärztin mitten im Gesicht. Der Frau wurden mehrere Zähne ausgeschlagen und der Kiefer gebrochen.

Alkohol und Drogen spielen oft eine Rolle 

"Der beschuldigte Mann hat bei seiner Befragung gesagt, er sei davon ausgegangen, dass es sich dabei um Polizisten handele", sagt Herrmann. Wie der Innenminister erläuterte, wurden im vergangenen Jahr insgesamt 2339 Beamte verletzt (-2,0). Außerdem kam es zu 14 versuchten Tötungsdelikten (2016: 13 sowie eine vollendete Tötung; 2015: 8; 2014: 6). In 24 Fällen wurden Polizisten mit Schusswaffen angegriffen (2016: 25; 2015: 17; 2014: 5). 67,8 Prozent der Tatverdächtigen standen während des Übergriffes unter Alkohol- oder Drogeneinfluss.

Rund 87 Prozent der Tatverdächtigen waren männlich und 28,1 Prozent Ausländer. Das Gros der Vorfälle waren Beleidigungen (39,3 Prozent, 2884 Fälle), einfache Körperverletzungen (31,4 Prozent, 2306 Fälle) und Widerstände gegen Polizeivollzugsbeamte (19,9 Prozent, 1456 Fälle). Mit 85,2 Prozent waren Polizisten des Wach- und Streifendienstes am häufigsten betroffen — und das meist in der Nacht und an Wochenenden sowie überwiegend in den größeren Städten, weniger im ländlichen Bereich.

Pilotversuch mit Tasern 

Angesichts der hohen Gewaltbereitschaft setzt Herrmann auf eine Verbesserung des technischen Schutzes der Beamtinnen und Beamten. Bis Ende des Jahres etwa werden die Einsatzeinheiten mit neuen Schlagschutzhelmen ausgerüstet werden. Die Auslieferung von ballistischen Helmen und neuen Schutzwesten habe man bereits abgeschlossen, so Herrmann. Demnächst beginne zudem ein Pilotversuch zum Einsatz mit Tasern, das sind E-Waffen, durch deren elektrisch geladenen Pfeile Angreifer oder Bedroher kurzzeitig außer Gefecht gesetzt werden können.

Und: Ab 2019 führt der Staat stufenweise und flächendeckend Body-Cams im uniformierten Streifendienst ein. Herrmann: "Der Schutz der Polizeibeamten bedeutet mehr Sicherheit für uns alle." Alleine im laufenden Jahr 2018 investiert der Freistaat mehr als 507 Millionen Euro in den Sach- und Bauhaushalt der Bayerischen Polizei. 

7 Kommentare