Gläserne Gemeinde: So transparent sind Frankens Rathäuser

7.11.2016, 06:00 Uhr
Gläsern gibt sich die Stadtverwaltung Pegnitz nicht gerade. Zwar gibt es fünf Wlan-Hotspots, etwa hier beim Alten Rathaus. Einblick in Abstimmungsergebnisse von Stadtratsentscheidungen bekommt man aber nicht

© Kerstin Goetzke Gläsern gibt sich die Stadtverwaltung Pegnitz nicht gerade. Zwar gibt es fünf Wlan-Hotspots, etwa hier beim Alten Rathaus. Einblick in Abstimmungsergebnisse von Stadtratsentscheidungen bekommt man aber nicht

Die Anzahl der bayerischen Kommunen, die eine Live-Übertragung von Stadt- und Gemeinderatssitzungen planen, wächst laut Thomas Petri, dem bayerischen Landesbeauftragten für Datenschutz. "Ich schätze Transparenz sehr", macht er unmissverständlich klar, doch es gelte, auch Minderheitenmeinungen zu respektieren. Wer nicht gefilmt werden möchte, hat auch das Recht dazu. Nicht immer stoßen die Vorgaben des Datenschutzes auf Verständnis bei den Kommunen, so Petri. Das Bundesverwaltungsgericht warnte sogar vor einem Schaden für die Demokratie durch Live-Übertragungen. Gemeinderatsmitglieder, so die Befürchtung, äußerten sich nicht mehr unbefangen und spontan.

In Rednitzhembach zieht Bürgermeister Jürgen Spahl ein positives Fazit. Hier werden seit 2003 Sitzungen übertragen. Acht Jahr später war mangels Interesse allerdings wieder Schluss. Gefilmt wurde ausschließlich die redende Person. Ein Ratsmitglied weigerte sich anfangs. Die Übertragung wurde bei seinen Redebeiträgen unterbrochen. Nach nur wenigen Sitzungen sei er von den Vorteilen überzeugt gewesen. "Die Sitzungen waren kürzer. Räte, die in Diskussionen sonst ungebremst auftraten, konzentrierten sich auf das Wesentliche. Außerdem waren sie besser angezogen."

Erlangen plant Videoaufnahmen

Heute können Bürger in einem Ergebnisprotokoll die Entscheidungen des Gemeinderates online nachlesen. Das Abstimmungsergebnis ist nicht nach Personen differenziert. "Das wollten die Gemeinderäte nicht", sagt Spahl. In Herzogenaurach gehen die Niederschriften erst gar nicht online. Das lehnte der Stadtrat im September ab. Nicht einmal im Amtsblatt veröffentlicht werden die Ergebnisprotokolle in Pegnitz.

Auch Erlangen sollte die Stadtratssitzungen mit Bild und Ton festhalten, wäre es nach der Fraktion der Erlanger Linken im Jahr 2011 gegangen. Auch heute steht das allerdings für die Stadtratsmehrheit nicht zur Diskussion, aus finanziellen wie personellen Gründen.

Auch die Städte Regensburg, Augsburg, Aschaffenburg und Unterschleißheim lehnten die Videoübertragung ab. 400.000 Euro kalkulierte Regensburg jährlich für die Übertragung der rund 80 Sitzungen. Passau bringt seit fünf Jahren nicht nur Stadtrats- sondern auch Ausschusssitzungen per Livestream ins Netz.

In Nürnberg haben die FDP-Stadträtin Christine Alberternst und Pirat Michael Bengl die Videoübertragung beantragt. Die Stadtratsfraktion der Grünen trat dafür ein, die Sitzungen als Audio-Dateien der Öffentlichkeit anzubieten.

So sieht es auf Twitter aus

Beide Forderungen kassierte die Stadtratsmehrheit ein, verwies auf den Datenschutz. Ausführliche Wortprotokolle gibt es seit dem Jahr 2003 nicht mehr, aus Kostengründen. Dafür twittern Alberternst und Bengl unter #ratnbg aus den Sitzungen. Die 140 Zeichen nutzt auch SPD-Fraktionsvize Thorsten Brehm.

Auch aus dem Erlanger Rathaus twittert es von wenigen, aber fleißig. Darunter die junge Garde, wie Christian Lehrmann (CSU). Mit seinem Slogan "Direkt. Vor Ort." zwitschert er Politisches auch von außerhalb des Sitzungssaales.

"Stadtratiert für die Erlanger Sozialdemokratie" beschreibt sich bei Twitter SPD-Rat Munib Agha, meldet sich dort aber auch privat zu Wort:

Bei Instagram unter dem Profilnamen "Skandalstadtrat" verbreitet er auch mit Fotos seine politischen Botschaften. Im 1343 Einwohner kleinen Tuchenbach, der kleinsten Gemeinde im Landkreis Fürth, sind es die Jüngsten, die nach Veränderung rufen. Allen voan die Alternative für Tuchenbach, die seit 2014 mit drei jungen Gemeinderäten im Rathaus vertreten ist.

 

"Leute sollen wissen, wie Gemeinderäte ticken"

Sie forderten ausführliche Sitzungsprotokolle, in denen Wortbeiträge mit den Namen der Räte versehen sind. Auf ein Jahr Testphase hat sich der Gemeinderat geeinigt. Die Nachbargemeinde Obermichelbach praktiziert das schon Jahre. "Die Leute sollen ruhig wissen, wie ihre Gemeinderäte ticken", findet Bürgermeister Herbert Jäger.

Ein "transparentes Rathaus" stand im Forchheimer OB-Wahlkampf auf der Liste von Uwe Kirschstein (SPD). Als Stadtchef will er das jetzt umsetzen. Das vorhandene Ratsinformationssystem soll ausgebaut werden. Im August hat der Jugendbeauftragte, Stadtrat Josua Flierl (CSU), beantragt, die "Elektronische Einladung über das Ratsinformationssystem" einzuführen und die Sitzungsvorlagen inklusive aller Anlagen und Beschlüsse online zu stellen, auch mit einer App für das Smartphone.

Um Kosten einzusparen, hat auch Obermichelbach diskutiert, die Sitzungsprotokolle auf weniger Wörter einzustampfen. Dann wäre allerdings auch die Namensnennung weggefallen. Das hat der Gemeinderat abgelehnt.

Bürgermeister Herbert Jäger findet das auch gut so. "Es gibt ja auch Räte, die nie oder nur dann was sagen, wenn die Presse anwesend ist. Für manchen sind die Protokolle ein Grund, sich an Diskussionen zu beteiligen."

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