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Greenpeace: Protestaktion gegen Billigfleisch bei Edeka

30.5.2021, 08:21 Uhr
In Nürnberg demonstrierte eine Handvoll Aktivisten vor dem Parkplatz des E-Centers in der Rollner Straße.

© Greenpeace, NN In Nürnberg demonstrierte eine Handvoll Aktivisten vor dem Parkplatz des E-Centers in der Rollner Straße.

Mit stilisierten Schweinemasken und Warn-Hinweisen demonstrierte am Samstagvormittag vor dem E-Center in der Nürnberger Rollnerstraße eine Handvoll Greenpeace-Aktive gegen den Verkauf von Billigfleisch in Edeka-Märkten. Sie verteilten etwa Postkarten an Kundinnen und Kunden, die Edeka dazu auffordern sollten, das Tierleid zu beenden.

"Manche Passanten waren entsetzt, als wir ihnen zeigten, wie wenig Platz ein Schwein bei Haltungsform 1 hat", erzählt Aktivistin Julia Salomon. Sie käme auch mit dem stellvertretenden E-Center-Marktleiter in ein "konstruktives Gespräch, in dem er sich überrascht zeigte, das andere Supermärkte bereits angekündigt haben, künftig aus Haltungsform 1 auszusteigen".

Laut Greenpeace hält die Supermarkt-Kette Edeka als einzige daran fest, Fleisch aus der Haltungsform 1 weiter verkaufen zu wollen. "Edeka wirbt dreist mit seiner Liebe für Lebensmittel, beim Schutz der Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen ist die Liebe aber schnell vorbei", sagt Stephanie Töwe, Landwirtschaftsexpertin bei Greenpeace. "Als größter Lebensmitteleinzelhändler muss Edeka aufhören, Billigfleisch auf Kosten von Mensch, Tier und Umwelt zu verramschen." Der Aktionstag fand in mehr als 30 Städten statt.

Lidl und Rewe steigen aus

Medienberichten zufolge haben Konkurrenten wie Lidl und Rewe bereits mit und ohne Zeitangaben angekündigt, in Zukunft kein Frischfleisch aus der schlechtesten Stufe 1 der freiwilligen Kennzeichnung "Haltungsform" mehr anzubieten. "Lidl steigt bis 2022 beim Schweinefleisch aus, bis 2025 beim Rindfleisch", so Töwe. "Rewe, Penny und Kaufland kündigten auch einen Ausstieg an."

Der Edeka-Verbund mit der Discounter-Tochter Netto setze jedoch auch weiterhin auf Fleisch aus industrieller Tierhaltung, das als weltweit größter Naturzerstörer wichtige Ökosysteme wie Regenwälder vernichtet und enorme Treibhausgasemissionen verursacht. "Wir denken aber, dass Edeka als größter und umsatzstärkster Einzelhändler hier mit einem guten Vorbild voran gehen könnte", sagt Töwe, die im Gespräch mit uns auch verdeutlicht, dass "wer es Ernst mit dem Tierschutz meint, auch aus der Haltungsstufe 2 rausgehen müsste".

Haltungsform 1 bis 4

Seit 1. April 2019 gibt es in Deutschland die einheitliche "Haltungsform"-Kennzeichnung. Stufe 1 steht für Stallhaltung nach gesetzlichem Mindeststandard. Über Haltungsform 2, 3 und 4 werden die Haltungsbedingungen der Tiere dann immer weiter verbessert. Mit diesen vier Stufen wird etwa Fleisch gekennzeichnet, das in den Selbstbedingungstheken ausliegt und von Schweinen, Rindern, Hühnern und Puten stammt. Nicht einbezogen werden Fertigprodukte, Konserven und Fleisch von Bedientheken.

Allerdings ergab ein Marktcheck der Verbraucherzentrale Ende vergangenen Jahres ein wenig zufriedenstellendes Bild für Umweltschützer: 51 Prozent der Produkte stammten aus der Stufe 1. Hier fanden sich vor allem Fleischangebote vom Schwein und Rind. 36 Prozent - weit überwiegend Geflügel - war mit Haltungsform 2 gekennzeichnet. Die Stufen 3 und 4, die als einzige für deutlich bessere Haltungsbedingungen stehen, machten insgesamt nur 13 Prozent des Angebotes aus. Insbesondere das Angebot in Stufe 3 war mit knapp drei Prozent verschwindend gering. Für Rindfleisch-Liebhaber blieb meist nur die Wahl zwischen Haltungsform 1 und dem begrenzten Angebot in Haltungsform 4.

Weniger Angebot

"Aus den Haltungsstufen 3 und 4 gibt es nur ein reduziertes Fleischangebot", sagt auch Greenpeace-Expertin Stephanie Töwe. Das bedeutet, dass jeder seinen Fleischkonsum zurückfahren müsse - was das übergeordnete Ziel der Umweltaktivisten sei, damit Tiere nicht mehr leiden müssten.


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Kritik an der Haltungskennzeichnung kommt jedoch von der Verbraucherzentrale. Diese sei ein guter Ansatz, garantiere aber nicht, dass es den Tieren wirklich gut gegangen ist. Entscheidend sei, ein staatliches Tierwohl-Kennzeichen zügig einzuführen - der Plan steckt jedoch in der Koalition fest. Das dürfte auch im Sinne der Umweltschützer sein.

Edeka: Tierwohl ist wichtiges Anliegen

Edeka könne die aktuellen Vorwürfe nicht nachvollziehen und "wir weisen sie deutlich zurück", sagt Sprecher Gernot Kasel. Im jüngsten Greenpeace-Ranking zum Thema Haltungsform aus dem Oktober 2020 belege Edeka den dritten Platz unter acht Lebensmittelhändlern. Seitens Edeka wird versichert, dass die Verbesserung des Tierwohls in der Nutztierhaltung ein wichtiges Anliegen des Unternehmens sei, das zu den Gründungsmitgliedern der "Initiative Tierwohl" gehört. Erst kürzlich sei mit dem Deutschen Tierschutzbund vereinbart worden, den Anteil der Geflügelprodukte mit den Haltungsstufen 3 und 4 in den nächsten zwei Jahren zu verdoppeln.

Weiterhin heißt es aus der Presseabteilung: "Mit unseren Partnern aus der Landwirtschaft arbeiten wir intensiv daran, das Angebot für die höheren Haltungsstufen zu steigern." Voraussetzung dafür sei jedoch, so Kasel, eine ausreichende Verfügbarkeit entsprechender Rohfleischwaren aus der Landwirtschaft sowie die Bereitschaft der Verbraucher, mehr für Tierwohl auszugeben.

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