Wiesmet als Kerngebiet

10 Millionen für das Naturschutzprojekt "Lebensraum Mittelfränkisches Altmühltal"

10.9.2021, 06:06 Uhr
Wenn die Sonne bereits aufgegangen ist, der Nebel noch in den Wiesen und Feldern hängt, dann bietet einem das Wiesmet vor allem im Herbst oft einen herrlichen Anblick.

© von LBV, NN Wenn die Sonne bereits aufgegangen ist, der Nebel noch in den Wiesen und Feldern hängt, dann bietet einem das Wiesmet vor allem im Herbst oft einen herrlichen Anblick.

Es trägt den Namen "chance.natur – Lebensraum Mittelfränkisches Altmühltal". Dieser erstreckt sich über zwei Landkreise von Treuchtlingen bis nach Colmberg und umfasst gut 7000 Hektar. Etwa 10 Millionen Euro sollen in den nächsten zehn Jahren in das Naturschutzprojekt fließen. 75 Prozent der Mittel kommen dabei vom Bund, 15 Prozent vom Freistaat und der Rest teilt sich auf die vier Träger auf: der Landkreis Ansbach (federführend), der Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, den Landesbund für Vogelschutz (LBV) und der Landschaftspflegeverband (LPV).

Annette Hagius sitzt normalerweise in Bonn beim BfN.

Annette Hagius sitzt normalerweise in Bonn beim BfN. © Isabel-Marie Köppel, NN

Anlass für das Treffen ist der Besuch von Annette Hagius. Sie ist die zuständige Fachbetreuerin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN). Aus Bonn angereist, besichtigt sie diese Woche das Projektgebiet, um nähere Einblicke zu bekommen.
Ein Gebiet müsse repräsentativ sein und "ganz besonders", damit es der Bund in das Programm "chance.natur" aufnimmt und fördert. Und das ist es. Es handelt sich hier um eines der bedeutendsten Feucht- und Nasswiesengebiete und das größte zusammenhängende Wiesenbrütergebiet Deutschlands. Hier finden sich noch alle neun Wiesenbrüterarten wie Großer Brachvogel, Uferschnepfe oder Rotschenkel. Sieben von ihnen sind vom Aussterben bedroht.

Als eine "Perle" bezeichnet Hagius das obere und mittlere Altmühltal mit dem Wiesmet als Kerngebiet. "In die Region tragen, welchen Schatz sie hier hat", das sei die Aufgabe. Denn laut Hagius handelt es sich im Kern zwar um ein Naturschutzgebiet, aber "es ist so viel mehr". "Und dieses Mehr gilt es gemeinsam zu füllen", sagt sie.

83 Projekte bisher gefördert

Damit meint sie die vier Projektträger. Aber auch alle anderen Nutzergruppen wie Landwirte, Jäger, Angler sowie Erholungssuchende. Daher fordert die Ingenieurin für Landespflege, die bereits seit 25 Jahren beim BfN arbeitet, dazu auf, sich aktiv einzubringen und Belange vorzutragen.

Insgesamt hat das BfN mit "chance.natur", das es seit 1979 gibt, 83 Projekte in Deutschland gefördert, neun davon in Bayern. Dazu gehören auch die "Altmühlleiten" zwischen Kelheim und Pappenheim im unteren Altmühltal. Dort lief die Förderung vor drei Jahren aus, weiß Hagius, die auch dieses Naturschutzgroßprojekt betreut hat.

Expertin für Wiesenbrüter: Verena Auernhammer.

Expertin für Wiesenbrüter: Verena Auernhammer. © Isabel-Marie Köppel, NN

Mit der Förderung ist es nun möglich ein eigenes Projektteam bestehend aus dessen Leiter Dietmar Herold und Anett Kroh für das "Mittelfränkische Altmühltal" zu finanzieren. Wie wichtig das ist, verdeutlicht Stefanie Schwarz, Leiterin Sachgebiet Technischer Umweltschutz am Landratsamt Ansbach: "Es gab Jahre, da konnten wir nicht mal Kartierungen durchführen." Meist scheitere es an der Manpower, denn sie und ihre Kollegen kümmerten sich ja nicht nur um ein Gebiet. Durch die Förderung gebe es nun genügend Geld und ein Team, das sich kontinuierlich kümmern kann.

Vorne dabei beim Vertragsnaturschutz

"Jetzt können wir in die Vollen gehen und was zusagen", freut sich Schwarz. Sowohl der Landkreis Ansbach als auch Weißenburg-Gunzenhausen seien in Bayern bei den Abschlüssen im Vertragsnaturschutz immer weit vorne mit dabei. Dennoch musste sie oft genug im Oktober, wenn die Anträge gestellt werden müssen, die Bauern vertrösten, weil sie erst drei Monate später zusagen konnte, ob tatsächlich Geld fließt. "Die Landwirte brauchen Planungssicherheit", sagt sie.

Die brauche auch der LBV, ergänzt Verena Auernhammer, die dort unter anderem Projektleiterin für die Wiesenbrüter ist. "Bisher gab es leider nicht ausreichend Kapazitäten. Jetzt haben wir die Möglichkeit, das umzusetzen, was bereits in den Köpfen vorhanden ist", zeigt sie sich zuversichtlich. Begeistert erzählt sie, dass sie die Großen Brachvögel mittels Besenderung nun Tag und Nacht "vom Schlüpfen bis sie drei, vier Jahre alt sind" beobachten können und somit wertvolle Erkenntnisse erhalten.

Warum der Brachvogel so häufig in Verbindung mit dem Wiesenbrütergebiet genannt wird, liegt an seiner Funktion als Leitart für diesen Lebensraum. Hilft man ihm, schützt man auch die Pflanzen dort, die gesamte Flora und Fauna. "Das ist auch Grundlage für uns. Es ist auch unser Lebensraum", erklärt Klaus Fackler, Geschäftsführer des LPV.

"Brachvogelerzeugergemeinschaft Altmühltal"

Er sagt zu den 150 Landwirten, die im Wiesmet Flächen bewirtschaften, gerne, sie sind Teil der "Brachvogelerzeugergemeinschaft Altmühltal". Denn genau dahin soll es wieder gehen. "Das Wiesmet war über Jahrhunderte Lieferbiotop", weiß Fackler, etwa für das Wörnitztal oder die Rezatauen mit denen es in einer Beziehung steht. 2020 sind 27 Küken flügge geworden. Nach Auernhammers Worten erstmals genügend seit über zehn Jahren, um den Bestand zu erhalten. Heuer hat der LBV nur drei registriert. Das Wetter im Frühjahr sei zu kalt gewesen, der Regen zu andauernd.

Ziel der vier Träger ist es nun, ein "Landnutzungssystem zu entwickeln, das nachhaltig funktioniert", fasst es Fackler zusammen. Die Kulturlandschaft soll "in Wert gesetzt werden". Derzeit befindet sich das Vorhaben noch in Phase I, drei verschiedene Gutachten sollen eine Bestandsaufnahme liefern, auf deren Grundlage die passenden Instrumente zur Umsetzung gefunden werden sollen wie etwa Besucherlenkungskonzepte. "Jede Maßnahme, die hier gelingt, bringt auch anderes Gutes mit sich", sagt Projektleiter Herold und verweist etwa auf die Wasserqualität im Fränkischen Seenland.

Neue Vermarktungswege finden

Er erklärt, dass die Landwirtschaft dafür wieder kleinräumiger und extensiver bewirtschaftet werden muss. Gleichzeitig solle sich dies auch für die Bauern lohnen. Es gilt neue Wertschöpfungsketten zu finden. So ein Ergebnis aus dem Projekt "Altmühlleiten" ist etwa das "Altmühltaler Lamm", und bei der Unterwurmbacher Trocknung ist bereits hochwertiges Pferdeheu aus dem Wiesmet zu erstehen. Zudem sei es essenziell, genügend Wasser zurückhalten zu können, damit das Feuchtgebiet bei der zunehmenden Trockenheit nicht austrocknet.

Alle Maßnahmen beruhen dabei auf Freiwilligkeit. Doch Klaus Fackler, der bereits auf eine gute und lange Zusammenarbeit zurückblicken könne, und alle Akteure zeigen sich sehr zuversichtlich. So kümmern sich die Bauern um die Wasserrückhaltung mittels Sandsäcken und gehen dabei energischer vor, erzählt Fackler freudig, als es sich der LPV je hätte fordern trauen.

Noch auf Grund des Landkreises Weißenburg-Gunzenhausen, doch schon im Hintergrund sind der Mörsacher Kirchturm und der Arberger Fernsehturm zu erahnen: Alban Barrón, Abteilungsleiter "Bau und Umwelt" am Landratsamt Ansbach, Verena Auernhammer vom LBV, Manuel Westphal, Landrat des Landkreises Weißenburg-Gunzenhausen, Projektleiter Dietmar Herold, Annette Hagius vom BfN, Hans Henninger, stellvertretender Landrat des Landkreises Ansbach und Klaus Fackler vom LPV.

Noch auf Grund des Landkreises Weißenburg-Gunzenhausen, doch schon im Hintergrund sind der Mörsacher Kirchturm und der Arberger Fernsehturm zu erahnen: Alban Barrón, Abteilungsleiter "Bau und Umwelt" am Landratsamt Ansbach, Verena Auernhammer vom LBV, Manuel Westphal, Landrat des Landkreises Weißenburg-Gunzenhausen, Projektleiter Dietmar Herold, Annette Hagius vom BfN, Hans Henninger, stellvertretender Landrat des Landkreises Ansbach und Klaus Fackler vom LPV. © Isabel-Marie Köppel, NN

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