Fast ein Lockdown

2G-plus stellt Kulturtreibende vor eine sehr hohe Hürde

30.11.2021, 06:06 Uhr
Die „erste Lachnacht am Altmühlsee“ in diesem Juli war mehr als ein Lichtblick, und zwar für Freunde der Kultur wie auch für das veranstaltende Kunstforum. Inzwischen hat sich die Lage wieder mehr als eingetrübt, für die Veranstalter brechen wieder schwere Zeiten an, was nicht nur Klaus Seeger und seinem Team zu schaffen macht.

© Kunstforum, NN Die „erste Lachnacht am Altmühlsee“ in diesem Juli war mehr als ein Lichtblick, und zwar für Freunde der Kultur wie auch für das veranstaltende Kunstforum. Inzwischen hat sich die Lage wieder mehr als eingetrübt, für die Veranstalter brechen wieder schwere Zeiten an, was nicht nur Klaus Seeger und seinem Team zu schaffen macht.

„Die Zeiten sind auch für die Kultur nicht einfach. Die Regelung 2G-plus kommt einem Lockdown durch die Hintertür gleich“, hat Seeger an den Altmühl-Boten geschrieben. In den vergangenen Monaten hätten sich Kulturschaffende viel Arbeit gemacht, um sich auf den Umgang mit Corona und den stets wechselnden Vorschriften einzustellen. Auch beim Kunstforum Fränkisches Seenland seien alle Vorgaben und Maßnahmen geduldig und solidarisch mitgetragen worden.

Ausstellung trotzdem geöffnet

Mittlerweile gilt für alle Kulturbereiche 2G-plus. Das heißt: Wer die aktuelle Ausstellung von Klaus Biliczky im M11 am Marktplatz 11 in Gunzenhausen sehen will, muss geimpft oder genesen sein und benötigt zusätzlich einen PCR- oder Antigen-Schnelltest. Diese Hürde sei für Kunstfreunde enorm hoch, stellt der Vorsitzende fest. Dennoch – und trotz der nun sicherlich viel geringeren Besucherzahlen – habe der Verein sich dazu entschlossen, die Ausstellung „…vergib ihnen, denn sie wissen, was sie tun!“ auch am gerade vergangenen Wochenende bei freiem Eintritt zu öffnen (wir berichteten).

„Wir wollen als Kunstverein die Kunst sichtbar machen und nicht wegsperren“, stellt Klaus Seeger dazu fest. „Kunst ist Lebensmittel“, sei in den vergangenen Wochen auch von politisch Verantwortlichen immer wieder zu hören und zu lesen gewesen. Den „Lebensmittelladen“ zu schließen, das wolle das Kunstforum nicht, zumindest vorerst nicht.

Unkompliziert unterstützt

Dankenswerterweise werde auch das Kunstforum von der Spielstättenförderung Bayern und vom Bundesprogramm Neustart Kultur unkompliziert unterstützt. Das habe unter anderem Veranstaltungen wie die „Lachnacht“ am Altmühlsee oder den „Kabarettgipfel“ ermöglicht. Doch Geld allein rette die Situation nicht. Schon jetzt – und das bestätigten viele Kulturschaffende und Veranstalter – zeige sich „eine gewisse Entwöhnung beim Publikum. Für die Kultur ist dieser schleichende Prozess enorm gefährlich.“

Menschen, die mit Kultur ihren Lebensunterhalt verdienen, haben Existenzängste. Das fängt auf Dauer keine staatliche Hilfe auf. Über Jahre oder gar Jahrzehnte aufgebaute Struk-turen drohen zusammenzubrechen oder sind es bereits, stellt Klaus Seeger fest. Das Kunstforum bespiele das M11 seit einigen Jahren nicht nur mit Kunstausstellungen, sondern auch sehr erfolgreich mit Theater, Kabarett, Konzert, Performance und Lesungen. Sich hier eine treue Fan- und Besuchergemeinde aufzubauen, sei ein nicht zu unterschätzender Kraftakt. Die Lockdowns oder weitgehende Beschränkungen wie 2G-plus „untergraben all das“.

Ein enormer Aufwand

Hygienemaßnahmen, Kontaktverfolgungen, Anpassungen an diverse Vorgaben – für die Kulturschaffende sei das ein enormer Aufwand, den sie mit Blick auf die Pandemie und ihre Auswirkungen gewissenhaft und mit Überzeugung getragen hätten. Derzeit werde die Taktung der Verordnungen und Maßnahmen aber immer kurioser. Selbst die Nachfrage bei den offiziellen Auskunftsstellen (zum Beispiel beim Corona-Telefon des Freistaats Bayern oder beim Landkreis) bringt oftmals keine Klarheit über die schnell wechselnden Verordnungen, hat der Vorsitzende zu seinem Leidwesen festgestellt.

Sein Kommenar: „ Noch ist uns nicht klar, weshalb der Besuch einer Ausstellung im M11 gefährlicher sein sollte als der Besuch einer Gastwirtschaft (2G), der Gang durch die mit Glühweinbuden bestückte Fußgängerzone Nürnberg (freier Zugang) oder die Fahrt mit der Deutschen Bahn (hier gilt nur 3G). Positiv werte ich in der schwierigen Situation, dass wir einen enormen Zusammenhalt in der Vorstandschaft sowie einen engen Schulterschluss mit Künstlerinnen und Künstlern erleben.“ Bewundernswert sei zudem die Flexibilität bei allen Helferinnen und Helfern besonders im Bereich der Aufsichten.

Unterm Strich lautet Klaus Seegers Appell: „Maßnahmen gegen Corona ja – aber dann bitte nachvollziehbar und sinnvoll.“ Es bleibe festzuhalten, dass die farbenfrohe Ausstellung von Klaus Biliczky auch mit 2G-plus eine lohnenswerte Alternative zum Novembergrau und der aktuellen Lage sei. Bis auf Weiteres fahre das Kunstforum mit allen weiteren Veranstaltungen „auf Sicht“ und entscheide je nach Lage.