Anlaufstelle für reisende Gesellen

2.4.2019, 07:50 Uhr
Anlaufstelle für reisende Gesellen

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Der Grund für den Wechsel der Herberge ist schnell erzählt: Gastwirt Eduard Baumgärtner konzentriert sich künftig vor allem auf Fremdenzimmer, erklärt Geselle Stefan Barthel aus Pfofeld, der innerhalb der Gesellschaft die Aufgabe des Herbergs- und Krankenbesucher übernimmt. Er und seine Mitstreiter machten sich auf die Suche nach einer neuen Bleibe. Fündig wurden sie bei Sandra Hetzner, der Wirtin des Gasthauses Seßler in Unterwurmbach, die jetzt als Herbergsmutter fungiert.

Damit findet in ihrem Gasthaus künftig einmal im Monat ein Gesellenabend für die Mitglieder der Gesellschaft statt, und es dient den reisenden Handwerkern als erste Anlaufstelle, erläutert Wortführer Ronny Schwarz, Ofenbauer aus Windischhausen. Er war einst von seiner Heimat Potsdam aus zur Walz aufgebrochen. Drei Jahre und einen Tag müssen die Nachwuchshandwerker unterwegs sein und dürfen ihrem Zuhause dabei nicht näher als 50 Kilometer kommen. So will es die alte Tradition, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Ronny Schwarz lernte in dieser Zeit nicht nur viel über seinen Beruf und das Leben, sondern auch seine Frau kennen, sodass er kurzerhand in Mittelfranken blieb.

Kommt nun ein fremder Geselle der Steinberufe in die Region, weiß er, dass ihm in der Herberge weitergeholfen wird. Die Herbergsmutter vermittelt den Kontakt zu einem einheimischen Gesellen. Wichtig ist, so Ronny Scharz, ihn "auszuschenken", das heißt, zu überprüfen, ob er wirklich ein rechtschaffener Reisender ist. Auch Arbeit wird ihm bei Bedarf vermittelt, und es finden regelmäßig Treffen statt, so lange der Fremde in der Gegend ist. "Wir sind alles Leute, die schon mal gereist sind und wollen die Erfahrungen, die wir auf unserer Wanderschaft gemacht haben, weitergeben", erklärt der Wortführer.

Die drei Jahre und einen Tag dauernde Walz dient heute wie früher dazu, den Horizont zu erweitern, sich im erlernten Beruf zu bewähren, neue Techniken und verschiedene Arbeitsweisen kennenzulernen. Erkennen kann man einen reisenden Handwerksgesellen an seiner auffälligen Kluft, zu der ein Zylinder, ein Stock und ein etwas seltsam anmutendes Gepäckstück, der sogenannte Charlottenburger, gehören.

So gekleidet trafen die Handwerksgesellen zahlreich in der neuen Herberge in Unterwurmbach ein, wo es für Herbergsvater Eduard Baumgärtner ein Dankeschön für seine jahrelange Gastfreundschaft gab. Gegründet wurde die Gesellschaft 1983 in Haundorf, wo sie bis zum Umzug nach Oberasbach im Jahr 2003 ihre Heimat im dortigen Gasthaus "Falkenhof" hatte.

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