Baustoffknappheit wirkt sich auch in Gunzenhausen aus

27.5.2021, 06:01 Uhr
Wer in diesem Frühjahr baut, muss mit deutlichen Mehrkosten rechnen – oder hat das bereits zu spüren bekommen. Ein Holzhaus etwa kann derzeit bis zu 70 000 Euro teurer werden.

© Julian Stratenschulte/picture alliance / dpa, NN Wer in diesem Frühjahr baut, muss mit deutlichen Mehrkosten rechnen – oder hat das bereits zu spüren bekommen. Ein Holzhaus etwa kann derzeit bis zu 70 000 Euro teurer werden.

Denn die sind hier zu 80 Prozent gewerblicher Art. Und jene Betriebe brauchen angesichts der gegenwärtigen Lage auch mal ein längeres, ermutigendes Wort. So erfährt es der Geschäftsleiter selbst, wenn Außentermine plötzlich das Mehrfache der veranschlagten Zeit beanspruchen. Trotzdem ist er positiv gestimmt, als er nach einem dreistündigen Gespräch bei einer Zimmerei sich zu einem – etwas kürzeren – Pressegespräch Zeit nimmt.

Anstieg bei etwa 300 Prozent

"Der Preisanstieg bei Holz liegt bei etwa 300 Prozent", weiß Geißelmeyer und zeigt Verständnis für die Nöte derer, die diesen Rohstoff verarbeiten. Doch jene Betriebe seien längst nicht die einzigen Betroffenen: "Die Krise betrifft jeden Teil der Baubranche. Vom Tiefbauer bis zum Dachdecker sind alle dabei." Klagen seien etwa auch von Installateuren zu vernehmen. Geißelmeyer selbst aber bleibt gelassen. Dabei lastet ein großer Druck auf ihm: Im Mai 2020 hat er den Posten des Prokuristen übernommen. Mitten in der ersten Corona-Welle. Sie blieb nicht die einzige.

Baustoffknappheit wirkt sich auch in Gunzenhausen aus

© Foto: J. Alexander/imago images

Und dann gesellte sich noch die dunkle Wolke der Baustoffknappheit dazu. Die verleite die gewerblichen Kunden gerne zu Hamsterkäufen, sagt er. Den berüchtigten "Toilettenpapier-Effekt" will man aber vermeiden, und deswegen gilt hier schon seit Februar: "Wir liefern nur noch direkt an die Baustelle." So werde verhindert, dass sich in den einen Firmen die Lager füllen, während die anderen leer ausgehen. Auf der anderen Seite verhängten auch die Lieferanten der Baustoffhändler Lieferstopps. Ein gutes Haushalten habe bislang Schlimmeres verhindert. Diesem Kurs bleibe man treu. "Unmoralische Anfragen werden kategorisch abgelehnt", sagt Geißelmeyer. "Denn es gibt ja auch noch eine Zeit nach der Krise."


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Ein Holzhaus kann derzeit bis zu 70 000 Euro teurer werden, rechnet er vor: "Die Situation ist auch für einen Bauherrn sehr schwierig." Doch woher kommt sie eigentlich, diese grassierende Knappheit?

Sie habe mehrere Gründe, erläutert der Prokurist. Der Baumarkt in China und den USA habe sich exponentiell entwickelt, führt er Grund Nummer eins an. Und beide importierten fleißig Holz aus Europa – vor allem aus Bayern und Baden Württemberg. "In beiden Bundesländern will man diese Lieferketten nicht abreißen lassen", sagt der Prokurist. Was auch wenig Sinn ergeben würde, denn es wandert vor allem Käferholz zu Uncle Sam und ins Reich der Mitte. Material, das dort als Bauholz gesucht, hierzulande aber als solches verpönt sei.

Auch Corona mischt mit

Was die Schwierigkeiten bei vielen Kunststoffen betrifft, gehe die Misere auf den Brand eines niederländischen BASF-Werkes zur Herstellung von Styrol zurück, aus dem sie gewonnen werden. "Eine Nachricht, die im ersten Quartal die Branche nervös gemacht hat", blickt Geißelmeyer zurück. Engpässe und hohe Preise beim Stahl hätten im doppelten Sinne mit Covid-19 zu tun. So sei coronabedingt die Produktion in Italien und somit der Export nach Deutschland ins Stocken geraten.


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China indes habe die Epidemie im eigenen Land für beendet erklärt, den Baumotor wieder angeworfen und sich seither umso stärker auf dem europäischen Markt bedient. "Manche Preiserhöhungen sind aber auch nicht nachvollziehbar", betont Geißelmeyer. Regionale Produkte wie Dachziegel oder Zement etwa seien nicht vom Rohstoffmangel betroffen. An sich aber unterstreicht der Geschäftsleiter die Wichtigkeit der Zusammenarbeit mit den Herstellern in heimischen Gefilden, bei der es "überhaupt keine Probleme gibt".

Engpässe wegen Kettenreaktion

"Wird der eine knapp, stürzen sich alle auf Ausweichmaterialien, so dass bei diesen dann ebenso Engpässe entstehen", erläutert der Prokurist die Kettenreaktion. Auch deswegen, weil die entsprechenden Hersteller mit einem solchen Aufschwung gar nicht gerechnet hätten. "Wenn wir alle Ruhe bewahren würden, gäbe es aber nicht die Preissteigerungen und Lieferverzögerungen in dem Maß, wie wir sie jetzt haben". Es sei allerdings schon ein Silberstreifen am Horizont erkennbar: "Fürs dritte Quartal bin ich eigentlich ganz guter Dinge."

Derzeit aber ist das Trösten der Abnehmer und das vertröstet werden durch die Lieferanten noch an der Tagesordnung. "Schlimm ist es, wenn wir treuen Kunden eine Absage erteilen müssen", sagt Geißelmeyer. Zunehmend würde die Krise sich auch noch auf die Bauelemente ausweiten. Hätte sie schon früher zugeschlagen, wäre Huber & Riedel direkt betroffen gewesen – erst 2019 war die Eröffnung am neuen Standort. Die immer noch unstete Lage verursache zudem eine große Unsicherheit bei Ausschreibungen: "Die Unternehmen wissen gar nicht mehr, welche Preise sie jetzt in ihre Angebote reinschreiben sollen." Das gelte auch gegenüber dem privaten Häuslebauer.


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Bis sich eine neue Entspannung ausbreitet, ist beim Baustoffhändler Ärmel hochkrempeln angesagt. "Die Krise bedeutet für unser Team mehr Arbeit bei gleichbleibendem Umsatz – aber die leisten wir alle gerne." Man freue sich aber auf die Zeit, wenn einmal die dreistündigen Krisengespräche Geschichte sind und es am Telefon wieder heißt: "Was brauchst Du? Nächste Woche? Kriegst Du!"

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