Bayerische Kinderchöre trafen sich in Gunzenhausen

15.7.2019, 17:19 Uhr
Bayerische Kinderchöre trafen sich in Gunzenhausen

© Reinhard Krüger

Samstag, 6 Uhr. Normalerweise schläft um diese Zeit fast ganz Bayern tief und fest. Keine Schule, keine Arbeit. Endlich Wochenende. Nicht so in Kaufering. Katharina wird von ihrer Mutter geweckt. "Aufstehen, meine Süße, wir fahren nach Gunzenhausen". Das brauchte sie nicht zweimal zu sagen, das Stichwort "Gunzenhausen" genügt und schon springt die Siebenjährige aufgeregt aus dem Bett. Um 7.30 Uhr ist Abfahrt. Landeskinderchortag – wir kommen!

Alle zwei Jahre

Seit Wochen, ach was, seit Monaten, ist es das Gesprächsthema nicht nur in dieser Familie, sondern bei vielen anderen und natürlich in den vielen Kinderchören des Freistaates. "Es gibt insgesamt 250 Kinderchöre in unserer Landeskirche", erzählt Hans Schott, Geschäftsführer des Verbandes evangelischer Chöre in Nürnberg und damit oberster Organisator dieser Mammutveranstaltung, die alle zwei Jahre stattfindet. Aus 28 Kirchengemeinden aus ganz Bayern haben sich Kinder angemeldet, sie kommen aus Hof, Aschaffenburg, München oder Landsberg am Lech.

Ein Team von hauptamtlichen Kantoren und Kirchenmusikdirektoren(KMD) bereitet sich seit eineinhalb Jahren auf das Event in der Altmühlstadt vor. Erste Ansprechstation vor Ort ist Kirchenmusikdirektor Bernhard Krikkay. "Ich wurde vom Verband angefragt, ob wir das stemmen können und wollen", berichtet er. Die Wahl fiel auf Gunzenhausen, weil es quasi in der Mitte des Freistaats liegt und "über eine sehr gute Infrastruktur" verfügt.

Es gab viel zu organisieren

Bürgermeister Karl-Heinz Fitz und Dekan Klaus Mendel waren sofort Feuer und Flamme für die Idee. Es folgen unzählige Sitzungen und Besprechungen, es werden Helfer rekrutiert, Verpflegungsfragen diskutiert, und Ideen kreiert, wie ein Tag für den Sängernachwuchs der Landeskirche aussehen kann. Allein die Frage der Verpflegung kostet einige Schweißperlen, doch am Ende des Tages können alle satt und zufrieden nach Hause fahren.

Ein Bus nach dem anderen, dazu Kleinbusse und eine große Zahl von Privatautos steuern im Laufe des Vormittags den Schießwasen an. Kinder mit quietschgelben Mützen samt Logo des Tages sammeln sich und gemeinsam geht es zum Lutherhaus. Auch aus jedem ankommenden Zug leuchten die Gelbmützen.

Dekanatsjugendreferentin Judith Grosser und ihr Team bauen eine große Spielstraße auf. Proben und gemeinsam singen steht auch auf dem Programm, eine kleine Vesper gibt es obendrauf. Die Eltern und Geschwister stürmen derweil die heimischen Cafés. "Ich habe nicht gewusst, wie schön Gunzenhausen ist", sagt eine Mutter.

Mit dem Zug kommt beispielsweise Greta (10) und ihre Gruppe aus Nördlingen. Greta stammt aus einer musikalischen Familie: Papa Heinrich spielt Querflöte, Mutter Nadine singt, Schwester Pauline spielt Gitarre und Klavier. Seit drei Jahren singt Greta jetzt schon in der Kinderkantorei der Kirchengemeinde von St. Georg "weil es mir einfach Spaß macht". Ebenfalls aus Nördlingen kommt Nicole, die bereits selbst in der Kinderkantorei mitgesungen hat, mit ihrer Tochter Eva (10).

Dass sich das Singen quasi vererbt, kann auch Katharina Burkhardt, Leiterin eines Kinderchors aus Hof-St. Lorenz, bestätigen. "Ich sang früher selbst in einem Chor, das war eine wunderschöne Zeit", schwärmt sie. Ihr Mann Andreas begleitet den Chor am Akkordeon, Klavier oder Gitarre. Mit elf Kindern fahren sie mit dem Zug um 8.43 Uhr aus Hof weg und kommen um 11.30 am Bahnhof in Gunzenhausen an.

Erster großer gemeinsamer Auftritt ist am frühen Nachmittag vor dem Gebäude des Altmühl-Boten. Während des Vormittags waren immer wieder bange Blicke nach oben gegangen, doch Petrus hat ein Einsehen, die Sonne strahlt genau zum richtigen Zeitpunkt vom Himmel. Gerd Hennecke, Dekanatskantor aus Sulzbach-Rosenberg, greift in die Tasten seines E-Pianos und los geht es mit der Wühlmaus, dem kleinen Fuchs August und dem Kamel, das gerne Cha-Cha-Cha tanzt. Lustige Kinderlieder werden zum Besten gegeben. Hingebungsvoll singen die kleine Sängerinnen und Sänger mit, die stolzen Eltern zücken ihre Smartphones und dokumentieren alles sauber für die Nachwelt. Bürgermeister Karl-Heinz Fritz begrüßt die vielen Gäste.

Krönender Abschluss des Tags ist das Kindermusical über das Leben des heiligen Franz von Assisi. Mehr als 15 Kinder aus den Kinderchören aus Gunzenhausen und Pfofeld singen und spielen auf der großen Bühne vor dem Altar der proppenvollen Stadtkirche unweit des Marktplatzes. Viele hundert Kinder, alle fokussiert auf das Geschehen der Bühne.

Und wenn Kirchenmusikdirektor Volker Gloßner aus Landshut, musikalischer Gesamtleiter, den Taktstock schwingt, reagiert das Ensemble aus seiner Stadt. Die bis dahin sitzenden Kinder stehen auf und schmettern die Lieder über das Leben und Wirken von Franziskus voller Inbrunst.

Monatelang haben Regisseurin Pfarrerin Cornelia Schieder, Bernhard Krikkay und Sigrid Popp aus Pfofeld gefeilt und geprobt. Kostüme wurden gefertigt, ein stimmiges Bühnenbild gebastelt, genaueste Markierungen auf dem Bühnenboden für die einzelnen Sänger und Schauspieler geklebt. Kinder aus dem Kindergarten "Farbenfroh" in der Südstadt mimen Vögel und sechs kleine Ballerinas vom Tanzhaus Ansbach-Gunzenhausen (Leitung: Alexandra Auer) interpretieren den berühmten Sonnengesang des Franziskus. Es gab nur eine einzige Generalprobe am Vortag. Stürmischer Applaus ist am Ende die verdiente Belohnung für alle Beteiligten. Komponist des Franziskus-Musicals ist der Münchener Kirchenmusiker Andreas Hantke, der bereits mehrere Singspiele für Kinder und Erwachsene komponiert hat. In "Franziskus" setzt Hantke entscheidende Szenen aus dem Leben des Ordensgründers und Bettelmönchs um: Seine Wandlung vom leichtlebigen und wohlhabenden Jüngling zum frohen und mitreißenden Christen, seine Predigt zu den Vögeln und den bis heute bekannten "Sonnengesang", den Lobpreis auf Gottes Schöpfung. Den Text lieferte der Münchner Pfarrer Gerhard Monninger.

Regionalbischöfin Gisela Bornowski findet das Stück "einfach Klasse". "Ich bin ganz begeistert", ruft sie den Kindern zu. Auch sie sammelte erste Erfahrungen mit der Kirche in einem Kinderchor, erzählt die Bischöfin, "denn Singen ist die beste Art, Gott zu loben".

Glücklich und zufrieden

Die Verantwortlichen ziehen ein überaus positives Fazit: "Es hätte nicht besser laufen können", sagte Geschäftsführer Hans Schott. Der Erfolg läge darin begründet, dass sehr viele Köpfe ohne Profilierungsneurosen einen stimmigen und abgerundeten Tag präsentiert haben. Und die Kinder, was hat ihnen am besten gefallen? "Alles", flüsterte eine Zwölfjährige, "aber am meisten das Musical, das war sooo schön." Und die Freundin nickt heftig dazu. Dann müssen sie gehen. Die Busse warten am Schießwasen. Und am Tag darauf können sie endlich ausschlafen.

 

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