Der Starkregen und seine Folgen

Darmbakterien in fränkischem Trinkwasser: Jetzt wird Chlor beigemischt - 150.000 Menschen betroffen

15.7.2021, 15:46 Uhr
In Teilen Mittelfrankens gilt derzeit: Bitte nicht trinken! Leitungswasser muss nach Angaben der Gesundheitsämter Weißenburg-Gunzenhausen, Roth und Ansbach abgekocht werden.

© Patrick Pleul, dpa In Teilen Mittelfrankens gilt derzeit: Bitte nicht trinken! Leitungswasser muss nach Angaben der Gesundheitsämter Weißenburg-Gunzenhausen, Roth und Ansbach abgekocht werden.

Das Rezat-Tal erstreckt sich von Ansbach über Windsbach bis Spalt. Der Wasserzweckverband Reckenberg-Gruppe betreibt hier insgesamt zwölf Brunnen, aus denen Trinkwasser gewonnen wird. Doch mit den anhaltenden, starken Regenfällen und Überschwemmungen der vergangenen Tage ist in der Geschichte des 1963 gegründeten Zweckverbandes mit Sitz in Gunzenhausen etwas passiert, das es seit Bestehen des Versorgers noch nicht gab: Die Hochwasserwelle schwappte in die Auen der Fränkischen Rezat, der Boden war nach kurzer Zeit schon übersättigt und konnte kein Nass mehr aufnehmen. Der Überschuss aus dem Fluss gelangte so in drei der Trinkwasserbrunnen der Reckenberg-Gruppe, die im Bereich von Wassermungenau im Landkreis Roth liegen.

150.000 Menschen betroffen

Die Folgen: Es kam zu einer Grenzüberschreitung von sogenannten Escherichia coli Bakterien. Kurz: E. coli. Eine Verunreinigung des Trinkwassers. E.coli ist ein weit verbreitetes Darmbakterium, das sich in Fäkalien findet. Es kann Durchfall und Übelkeit verursachen. "Wir hatten nach dem Starkregen so eine Vermutung und ließen das Trinkwasser in den Brunnen analysieren", berichtet Zweckverbands-Sprecher Christian Freytag gegenüber der Redaktion.

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Am Mittwochnachmittag war klar: Das Wasser ist verunreinigt, der Versorger nahm erst zwei und am heutigen Donnerstag noch einen dritten Brunnen vom Netz und informierte die Gesundheitsämter der Landkreise Roth, Weißenburg-Gunzenhausen und Ansbach. Denn in diesen Gebietskörperschaften liegen die Orte, die am Wassernetz angeschlossen sind.

Allerdings sind laut Freytag auch die Zweckverbände der Gnotzheimer und Pfofelder Gruppe sowie die Stadtwerke Gunzenhausen und angeschlossene Gemeinden betroffen. "Die werden durch einen Notverbund von uns beliefert." Insgesamt versorgt der Zweckverband 150.000 Menschen im Südwesten Mittelfrankens. Pro Jahr sind das 6,5 Millionen Kubikmeter Wasser.

Die Gesundheitsämter der betroffenen Landkreise haben aufgrund der bakteriologischen Verunreinigung bis auf weiteres das Gebot erlassen, Trinkwasser vor dem Genuss abzukochen. Doch jegliche Panik sei unbegründet, heißt es bei der Reckenberg-Gruppe, die vermeiden will, dass Bürger jetzt größere Mengen Trinkwasser in Flaschen horten. Derzeit läuft die Desinfektion des kompletten Wassernetzes des Verbandes mit Chlor. Freytag erklärt das so: Das Rohwasser stammt aus den zwölf Brunnen des Zweckverbandes und fließt in das Wasserwerk. Dort wird üblicherweise das Roh- in Trinkwasser aufbereitet. "Das funktioniert über eine zweistufige, mechanische Aufbereitung."

Wasser soll bald wieder chlorfrei sein

Um zu verhindern, dass weiterhin kontaminiertes Wasser ins Netz gelangt, wird ab dem Wasserwerk Chlor beigemischt. Es dauert aber eine gewisse Zeit, bis die Desinfektion alles erfasst hat, einschließlich der Hochbehälter und Wassertürme. "Erst wenn das gesamte Netz und die Behälter desinfiziert sind, kann das Abkochgebot aufgehoben werden", so der Sprecher der Reckenberg-Gruppe. Ist der Nachweis erbracht, will der Zweckverband noch eine Woche lang das Wasser zur Sicherheit chloren. "Unser Ziel ist es, das Trinkwasser bald wieder chlorfrei fließen zu lassen."

Ist das auch eine Folge des Klimawandels? "Den Klimawandel sehe ich in diesem Zusammenhang nicht in erster Linie", sagt der Sprecher und verweist auf eine Grafik der Grundwassermessstelle Wassermungenau: Demnach ist der Grundwasserspiegel seit dem 1. Juli 2021 um fast einen Meter von 367,90 auf 368,70 Meter über dem Meeresspiegel gestiegen. "Das ist ein Segen nach diesen trockenen, heißen Sommer in den Jahren 2018 und 2019." Allerdings sei die "Befüllung" der Grundwasserreserven im Sommer eher atypisch. "Das passiert in der Regel in den Wintermonaten bei Regen und nach der Schneeschmelze."

Wasser kann für Körperpflege genutzt werden

Doch mit dem bakteriellen Befall stellen sich Fragen, wie das Wasser aus der Leitung derzeit genutzt werden kann. Nach Angaben der Reckenberg-Gruppe in Zusammenarbeit mit den zuständigen Gesundheitsämtern muss das Leitungswasser von allen betroffenen Haushalten abgekocht werden. "Das heißt, einmal sprudelnd aufkochen und dann langsam (über zehn Minuten) abkühlen." Das gilt auch für die Zubereitung von Säuglingsnahrung, Waschen von Obst und Gemüse. Das Leitungswasser könne in Kaffeemaschinen verwendet werden, sofern das Gerät das Wasser auf mindestens 82 Grad Celsius erhitzt. Erreicht die Maschine die Temperatur nicht, müsse abgekochtes oder abgepacktes Wasser genutzt werden.

Für Körperpflege, (Waschen, Duschen, Baden) könne das Leitungswasser ohne Bedenken weiter genutzt werden. "Es sollte aber nicht verschluckt werden und keinen Kontakt zu offenen Wunden bekommen." So lange das Abkochgebot gelte, soll auch zum Zähneputzen abgekochtes oder abgepackten Wasser verwendet werden.

Diese Ortschaften sind betroffen:

Die meisten der betroffenen Gemeinden liegen im Landkreis Ansbach. Dazu zählen nach Angaben der Reckenberg Gruppe: Arberg, Bechhofen, Burgoberbach, Dietenhofen, Elpersdorf, Haslach, Heilsbronn, Lichtenau, Merkendorf, Mitteleschenbach, Neuendettelsau, Ornbau, Petersaurach, Weidenbach, Windsbach und Wolframs-Eschenbach.
Im Landkreis Roth sind Abenberg, Georgensgmünd und Spalt sowie im Kreis Weißenburg-Gunzenhausen Absberg, Gunzenhausen und Haundorf betroffen.

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