Diamantene Hochzeit in Trommetsheim

16.2.2018, 17:28 Uhr
Diamantene Hochzeit in Trommetsheim

© Jürgen Leykamm

Was "rußig" begann, wurde nun am Aschermittwoch zu einem Diamanten – auch chemisch ist das bekanntlich möglich. Dass ihr einmal ein solches Ehejubiläum ins Haus stehen würde, davon konnte die Jubilarin nach Ende des Zweiten Weltkriegs nur träumen. 1934 geboren, wuchs sie in dieser schweren Zeit gemeinsam mit sechs Geschwistern in Rothenburg auf. Während sich die Mutter um den Kindersegen kümmerte, verdiente der Vater das Geld für die Familie als Turmwächter, was damals noch keine Touristenattraktion war. Als Jugendliche half Ilse Burkhardt erst in der Küche eines Gasthauses, dann in jener einer Polizeischule aus. Bei einem Weinfestbesuch lernte sie dann ihren späteren Ehemann kennen.

Der 1936 in Trommetsheim geborene Adolf Reissig wuchs dort in einem landwirtschaftlichen Anwesen auf. Die Aufgaben am Hof teilten sich seine drei Geschwister, so dass er sein Glück in Gunzenhausen versuchte, wo er 14-jährig mit einer Metzgerlehre begann. Als sein Meister eine Filiale in Rothenburg eröffnete, verschlug es Reissig für die letzten beiden Lehrjahre dorthin. Dort lernte er erst einen Turmwächter und dann dessen reizende Tochter kennen. Bei besagtem Weinfest wagten die beiden so manches Tänzchen, bis es zwischen ihnen funkte.

Beruflich führte Reissigs Weg bald nach Stuttgart, sie folgte ihm nach. Nach sieben Jahren, in denen drei Kinder geboren wurden, ging es zurück nach Trommetsheim (wo auch die kirchliche Trauung vonstatten ging). Reissig, für den als junger Mann kein Platz am elterlichen Hof war, bekam ihn nun überschrieben. Zwei weitere Kinder erblickten hier das Licht der Welt, zwei der insgesamt fünf musste das Paar aber schon zu Grabe tragen. Der Ehemann verdiente als Kranfahrer die Brötchen für die Familie, um die sich die Gattin als Mutter kümmerte – die landwirtschaftlichen Flächen wurden verpachtet. 1970 erfolgte der Hausneubau. 1992 entschloss sich das Paar zu einem weit über das Dorfleben hinaus entscheidenden Schritt und baute den alten Kartoffelkeller zu einer Kellerwirtschaft aus.

Beide waren Fans der Eintracht Kattenhochstatt – aus deren Fanreihen kam die Anfrage nach einem Stammtisch, zu dem es natürlich das passende Lokal brauchte. Bei Reissigs fanden "die Kellerratten" (so der Name der Gruppe) ein Zuhause. Seit jenem Jahr wird dort zugleich Kirchweih gefeiert, bis man sich im Ort vor einigen Jahren zu einer Zeltkirchweih entschloss. Vereinsversammlungen finden aber immer noch gerne beim "Kellerwirt" statt. Auch der Gesangverein, den Adolf sieben Jahre leitete, trifft sich dort wöchentlich.

Was den Fußball anbelangt, gilt Ilses Liebe nicht nur der Eintracht, sondern auch dem HSV, Uwe Seeler gab einst den Ausschlag für diese Leidenschaft. Auch das jetzige Olympiageschehen verfolgt sie aufmerksam, eifrige Zeitungsleserin ist sie obendrein. Ihr Mann entdeckte indes im Alter von 70 Jahren das Reisen – seither ist er regelmäßig Gast auf Gran Canaria.

Beide gemeinsam finden sich des Öfteren in Rothenburg wieder, wo alles begann. Sechs Enkel und zwei Urenkel sind den beiden beschert. Das Geheimnis ihrer langen Liebe, die an einem Valentinstag begann: "Nicht im Streit aus dem Haus oder ins Bett gehen." Und sich, wenn möglich, erst gar nicht aufregen, streiten oder gar schreien.

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