Die Anfänge des Fremdenverkehrs in Gunzenhausen

8.7.2018, 07:10 Uhr
Die Anfänge des Fremdenverkehrs in Gunzenhausen

© Stadtarchiv Gunzenhausen

"Uns geht es ausgezeichnet. Alles zur größten Zufriedenheit. Besser als Wörishofen. Essen großartig, Bedienung fein. Kann euch nur raten, euren Urlaub hier zu verbringen, werdet es gewiß nicht bereuen (...)". Dieses Zitat stammt von einer Postkarte, die 1926 von Gunzenhausen aus nach Kempten geschickt wurde und lässt wohl das Herz eines jeden Touristikers höher schlagen.

Die Altmühlstadt wusste offensichtlich schon zu dieser Zeit mit ihren Vorzügen zu überzeugen, auch wenn es in einem Artikel im "Fränkischen Kurier" vom Oktober 1931 heißt: "Dass Gunzenhausen auch zu jenen Orten zählt, die von Fremden gern besucht werden, ist allgemein noch wenig bekannt." Für 1928 verzeichnet das Statistische Landesamt in München 4579 Fremde mit 14 380 Übernachtungen in der Stadt. Damit liegt Gunzenhausen an 135. Stelle von 138 gelisteten Fremdenverkehrsorten.

Ein Jahr später gibt es jedoch schon eine deutliche Steigerung: 6599 Fremde und 24 101 Übernachtungen werden gezählt, 1930 sind es dann 7695 Fremde und 26 700 Übernachtungen. Eine Zahl, die im vergangenen Jahr auf 318 787 Übernachtungen nach oben geklettert ist.

Eng mit dem Beginn des Fremdenverkehrs in der Altmühlstadt verbunden ist die Gründung eines Verschönerungsvereins 1884. Dieser hat es sich zur Aufgabe gemacht, Spazierwege, vor allem im Burgstall, instandzuhalten und Ruhebänke aufzustellen. Neue Fußwege werden angelegt, etwa vom Schlossbuck zum Meierhuber’schen Bier- und Sommerkeller, Wegweiser und Erläuterungstafeln aufgestellt, zum Beispiel um auf den Limes und die getätigten Ausgrabungen hinzuweisen, wie aus den alten Sitzungsprotokollen hervorgeht.

1909 wird beschlossen, "einen Kahn anzuschaffen, um probeweise die Kahnfahrt auf der Altmühl zu ermöglichen". 1910 weist die gesondert geführte Kahnkasse des Vereins Einnahmen von 123,10 Mark auf, die Ausgaben liegen bei 309,54 Mark. Im selben Jahr ruft das Bezirksamt Gunzenhausen die Bürger auf, an den Häusern und Fenstern "Blumen oder sonstige Schmuck- und Zierpflanzen anzupflanzen", um so ein "freundliches und reizendes Aussehen zu gewähren".

Im August 1912 regt der Vorstand des Verschönerungsvereins an, einen eigenen Fremdenverkehrsverein zu gründen, "wozu aber von Seite der Anwesenden sich keine Neigung zeigte". Diese Passage, so erläutert es Werner Mühlhäußer, ist im Original von Heimatforscher und Schuhmachermeister Hans Bach unterstrichen worden. Er notierte außerdem am Rande des Protokolls: "Echt Spießerei. Weil nichts geschah und diese Herrn sich ablehnend verhielten, griff ich auf eigene Faust ein. Auf meine Anregung wurde zu einer Versammlung zu kommen eingeladen um der Fremdenverkehrssache näher zu treten. Ich war Anreger und Gründer dieser Sache."

Erstmals Blumenfestzug

Die Anfänge des Fremdenverkehrs in Gunzenhausen

© Stadtarchiv Gunzenhausen

So kommt es am 14. August 1912 zu einer außerordentlichen Generalversammlung, die laut der Niederschrift ziemlich gut besucht war. Beschlossen wird, "keinen neuen Verein zu gründen, sondern den Verschönerungsverein für die Zwecke des Fremdenverkehrs weiter auszubauen und ihm den Namen Verschönerungs- und Fremdenverkehrsverein Gunzenhausen zu geben".

Der so erweiterte Verein beschließt kurz darauf, an der Kirchweih einen Blumenfestzug zu veranstalten. 1913 ist ein Mitgliederstand von 250 Personen verzeichnet und es wird ein Fremdenführer in Auftrag gegeben. 3000 Exemplare werden bestellt, die Kosten liegen bei 736 Mark. Der Titel des 48 Seiten starken Druckwerks lautet: "Gunzenhausen im Altmühltal. Führer durch Gunzenhausen und Umgebung".

Gleich zu Beginn wird darin für einen Aufenthalt in Gunzenhausen "umgeben von herrlichen Laub- und Fichtenwäldern mit guterhaltenen Spazierwegen und prächtigen Felsenkellern" mächtig die Werbetrommel gerührt: "Wem daran gelegen ist, Erholung vom nervenerregenden Lärm der Großstadt zu suchen, der besuche Gunzenhausen und seine herrliche Umgebung und hoch befriedigt wird er zurückkehren zum heimatlichen Herd."

Mehrere Seiten sind der Stadtgeschichte seit den Römern gewidmet, zudem werden 27 Sehenswürdigkeiten mal mehr, mal weniger ausführlich beschrieben: Neben Blasturm, Färberturm, den drei Kirchen und der Synagoge fallen auch das Krankenhaus, die Eidam’sche Malzfabrik, die Mittelfränkische Wurst- und Fleischwarenfabrik und der städtische Schlachthof unter diese Kategorie. Letzterer beherbergte jedoch auch das Volksbad, wo man Wannen- und Brausebäder zum "mässigen Preis" erhielt.

Rodeln und Eislaufen

Eine "wohlgepflegte Rodelbahn auf dem Burgstall" sowie die Eislaufmöglichkeiten auf der Altmühl und dem Bärenwirtsweiher sollen auch im Winter die Gäste nach Gunzenhausen locken. Sechs ausgewählte Spaziergänge samt Einkehrmöglichkeiten werden den Sommerfrischlern ans Herz gelegt: "Idyllische Sommerkeller laden zum Trunke des dort lagernden vorzüglichen Stoffes (Bier) ein."

Auch Ausflugstipps in die Umgebung wie an den Hesselberg, nach Heidenheim oder Spalt fehlen nicht, genauso wenig wie Werbeinserate, die ganze 14 Seiten einnehmen: Hier verspricht beispielsweise das Hotel Gundel in der Bahnhofstraße "gut eingerichtete Fremdenzimmer, Zentralheizung, elektrisches Licht, Autogarage, Biere vom Postbräu Gunzenhausen und Tucherbräu Nürnberg, bekannt vorzügliche Küche, schattiger Garten, Hausdiener am Bahnhof".

"Reichlich und billig"

Gleich zwei mal wird übrigens mit dem "grössten Saal der Stadt" geworben: Dieses Prädikat reklamieren sowohl das Hotel "Zur Post" als auch der Gasthof "Adlerbräu" in ihren Anzeigen für sich. Doch auch die Kosten und der Service spielen bereits eine Rolle: Formulierungen wie "aufmerksame Bedienung", "zivile Preise", "reichlich und billige Verpflegung" sind zu finden.

Alles zusammengenommen ist es wohl so, wie im "Fränkischen Kurier" 1931 zu lesen ist: "So ist unsere Stadt so recht geeignet, die Sommerfrische kleiner Leute, Beamter und Arbeiter zu werden, die während ihres Urlaubs der Arbeitsstätte auf einige Wochen entfliehen wollen."

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