Ferientipp für Gunzenhausen: Der Storchenradweg

10.8.2018, 17:11 Uhr
Ferientipp für Gunzenhausen: Der Storchenradweg

© Jürgen Eisenbrand

Im Freizeit-Prospekt mit dem etwas seltsam-verkrampften Wortspiel-Namen "Meister rAdelbar" beginnt der Storchenweg Nummer 2 rund um den Altmühlsee beim Landesbund für Vogelschutz in Muhr am See. Das hat eine gewisse Logik, hat der LBV den Radweg doch ins Leben gerufen, und neben dem Logo des VGN prangt auch das der Tierschützer auf der Titelseite.

Aber uns ist so gar nicht nach Logik, und so starten wir in Gunzenhausen. Genauer: mit einer Einkehr in der "Adebar" am Marktplatz. Wirt Günther hat seiner kleinen Gaststätte nicht nur diesen hübschen Namen gegeben, sondern sich auch noch ein paar wirklich empfehlenswerte Getränke ausgedacht: hausgemachte Limonaden in den Geschmacksrichtungen Erdbeer, Rhabarber und Rose. Außerdem kredenzt er die feinen Gerstensäfte aus Spalt und Titting – und wechselnde "Monatsbiere" aus kleinen, feinen fränkischen Landbrauereien.

Nach diesem ersten Zwitschern schwingen wir uns entspannt und gut gelaunt aufs Fahrrad, müssen aber nach 20 Metern dringend schon wieder runter: Eine Brotzeit in der Metzgerei "Storchenfischer" darf’s gern noch sein. Unser Tipp ist das Kartoffelgratin, von dem eine Portion locker drei volle Mahlzeiten ersetzt, wahlweise auch eine seiner wirklich köstlichen Zwickten aus dem "Storchenturm" genannten Grillwagen.

Ferientipp für Gunzenhausen: Der Storchenradweg

So, jetzt aber: Los geht’s! Zuerst ein wenig Stadtverkehr in Richtung Schlungenhof und dort vor dem Gasthof Jungmeier rechts ab nach Laubenzedel. Kaum haben wir das Gunzenhäuser Ortsschild hinter uns, tauchen rechts auch schon die ersten Störche auf. Drei Stück sind es, die hier gerade erst abgemähte Wiesen durchstreifen und immer mal wieder nach unvorsichtigem Kleingetier picken.

Dabei sind sie nicht gerade wählerisch, schmecken ihnen doch neben Fröschen und Lurchen auch Regenwürmer, Insekten, Mäuse, Ratten, Fische und Schlangen. Und sogar vor Aas graust es dem "Vogel des Jahres" von 1984 und 1994 nicht. Er frisst einfach, was ihm vor den Schnabel kommt; Menschen, die sich auskennen, nennen ihn deshalb einen "Nahrungsopportunisten".

Zwei weitere dieser Beinahe-alles-Fresser entdecken wir auf einem Privathaus in Laubenzedel, direkt gegenüber von Kirche und Wirtshaus: Jungvögel, die noch einen schwarzen Schnabel haben, aber bereits eifrig erste Flugversuche unternehmen. Davon gibt es heuer übrigens reichlich: Die 25 Horstpaare, die der LBV im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen gezählt hat, kamen heuer auf stattliche 22 Bruterfolge. Und weil sich hinter diesem Begriff häufig gleich mehrere Jungvögel verbergen, haben die halbamtlichen Storch-Statistiker höchst erfreuliche 63 flügge gewordene Tiere erfasst.

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Das Gasthaus "Adler" lassen wir schweren Herzens links liegen und radeln, am "Kindergarten Storchennest" vorbei in Richtung Muhr am See. Dabei passieren wir eine Koppel, auf der sich eine ansehnliche Schar schneeweißer Gänse tummelt – und hätten, von kulinarischen Phantasien, die in der Vorweihnachtszeit spielen, abgelenkt, beinahe den Linksabzweig auf einen Feldweg verpasst.

Wobei man vielleicht dem Chefbeschilderer des Storchenradwegs, der seinen Job im Allgemeinen wirklich gut gemacht hat, an dieser Stelle den Tipp geben könnte, dass es sinnvoller ist, das Schild mit dem orangefarben umrahmten Radelstorch in Fahrtrichtung sichtbar aufzuhängen. Immerhin: Nach dem Umkehren und 500 Meter Rückfahrt haben wir es dann problemlos entdeckt.

Verführerische Düfte

Kurz vor Muhr am See taucht der nächste Vertreter der Gattung Ciconia ciconia, wie wir inzwischen zu Experten mutierten Storchenradler den Klapperstorch wissenschaftlich korrekt bezeichnen, auf. Und nachdem wir unter Aufbietung aller Widerstandskräfte den verführerischen Düften, die aus der Backstube vom Bäcker Herzog dringen, widerstanden haben, werden wir 100 Meter weiter mit einem schönen Anblick belohnt: den Störchen auf dem Turm der St.- Jakobus-Kirche.

Das hübsche, kühlenden Schatten versprechende Biergärtchen des Gasthauses "Zum Hirschen", wo die Aussicht auf ein Zwickel oder ein schwarzes Kellerbier aus der Thalmannsfelder Felsenbräu bestanden hätte, lassen wir nach einigem Zögern aus. Stattdessen ziehen wir uns die durchaus lesenswerten, aber deutlich trockeneren "Storcheninfos" von St. Jakobus rein, ehe es, vorbei am LBV, dem Muhrer Schloss und dem Pfarrhaus, auf dem der zweite Muhrer Storchenhorst thront, zum Altmühlsee geht.

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Wir passieren die Vogelinsel, die an diesem Tag ihrem Namen keine Ehre macht: Die gefiederten Freunde machen sich rar. Und auch die beiden Störche, die sich am Rande des ökologischen Feuchtgebietes Wiesmet beim Vespern beobachten lassen, sollten sich für lange Zeit als die letzten ihrer Art entpuppen.

Apropos Vespern: Langsam nähern wir uns jenem Ort, an dem wir gedenken, unsere vom Radeln schon schwer dezimierten körpereigenen Brennstoffe aufzufüllen. Dafür verlassen wir am Altmühl-Überleiter den Storchenradweg und biegen nach rechts in Richtung Gern ab. Unser Ziel: der dortige Biergarten mit seinen Schatten spendenen Kastanien, seinen herausragenden Bratwürsten mit Kraut oder Kartoffelsalat, seinen krachend-krustigen Schäufele, seinen Gutmann-Weizenbieren und seinen Landwehr-Bierspezialitäten. Und wer’s unbedingt bleifrei braucht: Die Saftschorlen vom "hesselberger" sind ein Gedicht!

Reizende Bedienungen

Schweren Herzens trennen wir uns nach unserem Boxenstopp wieder von Wirt Peter Hahn und seinen reizenden Bedienungen und strampeln zurück zum Altmühlsee, dort ein paar Kilometer entlang und dann rechts ab ins Örtchen Wald. Kurz vor dem dortigen Schlösschen bietet uns ein ebenso erfolgreicher wie großzügiger Gärtner in einer Kiste vor dem Haus Zucchini kostenlos zum Mitnehmen an; und wir greifen zu! Auf diesem Weg herzlichen Dank, hat gut geschmeckt!

Leider können wir das vom Hirschragout beziehungsweise dem Krenfleisch im Gasthaus "Zum Hirschen", dessen Hintereingang wir passieren, nicht aus eigener Erfahrung bestätigen: Seit Gern haben wir ja höchstens sechs Kilometer zurückgelegt – einfach zu wenig für ein erneutes Nachtanken; nicht mal für ein Dunkles vom Fass oder ein Kellerbier war schon wieder Platz. Ein Jammer.

Die besten Cordon bleu

Über Steinabühl radeln wir bequem und ruhig nach Unterwurmbach, wo Sandra Hetzner dafür gerühmt wird, in ihrem Gasthof "Schwarzer Adler" (bei Einheimischen als "Seßler" bekannt) die besten Cordon bleu der ganzen Gegend zu servieren. Aus dem Zapfhahn fließen – wie es sich in Altmühlfranken gehört – regionale Biere: Felsenbräu, Hauff und Gutmann. Bei Letzteren sehen wir übrigens gerne und großzügig darüber hinweg, dass das schmucke Brauhaus in Titting seit irgendeiner misslungenen Gebietsreform knapp jenseits der mittelfränkisch-oberbayerischen Grenze liegt.

Von Unterwurmbach aus sind wir ratzfatz wieder in Gunzenhausen, passieren vor dem Ortsschild noch schnell das "Storchenbiotop", in dem sich leider gerade keine der namensgebenden Großvögel tummeln, und landen nach knapp 30 Kilometern doch tatsächlich noch in einem "Storchennest" genannten Biergarten. Über uns, auf der Spitze des alten Mälzereischlots, klappern die Störche, in der Speisekarte vor uns lesen wir von Braten, Brotzeiten, Haxen und Schäufele, und in uns verbreitet ein Weizenbier vom Gutmanns Fritz ein wunderbares Wohlgefühl.

Ein fröhlich-zünftiges Zwitschern auf dem Storchenradweg – ideal für Radler, die es mit dem Radeln nicht übertreiben wollen.

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