Weihnachtszeit ist Fleischzeit

Fleisch: Tierschützerin aus Treuchtlingen kritisiert Veggie-Trend

4.12.2021, 06:06 Uhr

© Foto: imago images/Panthermedia

Erwin Geißelmeier ist wieder gut im Geschäft. Die Adventszeit, sie ist die Zeit des Fleisches. Dann zieht der Verkauf merklich an, weil Suppen und festliche Braten vermehrt auf dem Esstisch landen. Insgesamt drei Bullen, ein Rind und ein Kalb schlachtet er wöchentlich in seinem Schlachthaus, das er 2001 gebaut hat. Seine Söhne leiten die Metzgerei nun in der fünften Generation.

Daneben gibt es nur noch einen weiteren Metzger in Treuchtlingen, einst sind es 13 Stück gewesen. "Es ist kein leichter Beruf, nicht jeder bringt es fertig, ein Tier zu schlachten", erzählt er.

Fleisch: Tierschützerin aus Treuchtlingen kritisiert Veggie-Trend

© Foto: Barbara Engelhardt

Ein Tier zu essen bringen allerdings ziemlich viele Leute fertig. Wie Geißelmeier beobachtete, haben in den letzten 20 Jahren immer mehr junge Menschen möglichst billig eingekauft. "Dabei schmeckt man es, wenn das Tier transportiert wurde", findet er, der diese Billig-Mentalität persönlich nicht nachvollziehen kann.

Milchkonsum schafft Probleme

Was ihm Sorge bereitet, ist aber nicht wirklich die Konkurrenz zum hiesigen Supermarkt. Es ist vielmehr der allgemeine gesellschaftliche Trend: Seine älteren Kunden wissen noch, wie man selbst eine Brühe kocht. Die Jugend von heute nimmt stattdessen einen Brühwürfel.

Weiterhin sind sie es, die oft zu unkomplizierten Produkten greifen, etwa zu fertigen Rouladen, denn hier soll es in der Küche möglichst schnell gehen. Bei vielen Fleischteilen eines Tieres wissen sie gar nicht mehr, wofür man sie in der Küche hernehmen könnte.


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"Dies zurückzudrehen, wird eine Herausforderung", prognostiziert er. Eine Zeit lang sei der Preis das ausschlaggebende Argument für oder gegen einen Fleischkauf gewesen. Nun werde aber wieder etwas mehr auf Qualität und Regionalität geachtet – so seine Einschätzung.

Obwohl die moralische Hoheit über Tierwohl, CO 2-Bilanz und Umweltschutz gerade die junge Generation zu haben scheint – Erwin Geißelmeier erlebt dies etwas anders. Als die regionale Schlachtung noch einen hohen Stellenwert hatte, da gab es deutlich weniger Verpackungsmüll. Und so gut wie keine CO 2-Erzeugung, "schließlich hatten wir keine großen Geräte".

Geißelmeier empfindet den Trend, das heute weniger Fleisch gegessen wird, besorgniserregend. Für ihn als einen Mann im Fleischereibetrieb ist das nur folgerichtig. Aber: Ihm geht es dabei nicht um den wegbrechenden Umsatz: "Wenn immer weniger Fleisch gegessen wird, und dafür mehr Milchprodukte konsumiert werden, dann schafft das eine Spannung, weil man das Fleisch nicht wegbringt", erklärt er.

Käufer müssen hinterfragen

Die Rede ist von Rindern und ihren Kälbern, die in riesigen Zuchtanlagen zwangsweise geboren werden, damit es genug Milch für Fleischersatzprodukte gibt. Vegetarismus befeuert somit indirekt die Lebendtiertransporte, die es in ganz Europa gibt.

Zu der selben Schlussfolgerung gelangt die Wettelsheimer Tierschutzaktivistin Barbara Engelhardt, über die unsere Zeitung schon häufig berichtet hat. Im norditalienischen Brescia gab sie sich als eine Tierhändlerin aus, die an dem Kauf eines Anhängers zum Lebendviehtransport interessiert war. "Diese Anhänger sind eine große Mogelpackung, denn sie werden angepriesen, als wären sie ein 4-Sterne-Luxushotel", erzählt sie sichtlich entrüstet.


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Die Tiere werden dort wochenlang eingepfercht, harren dort ohne Bewegung und teilweise ohne Wasser aus, bevor sie am Ende einer langen Reise, etwa von Spanien bis nach Usbekistan, auf der Schlachtbank landen. Das Fazit der eigentlich überzeugten Veganerin, die mittlerweile selbst wieder Rindfleisch ist: "Da ist es besser, das Rind hier zu essen, so blöd es klingt."

Ihrer Meinung nach müsste die Politik viel mehr tun, um diese unvorstellbaren Transporte zu unterbinden – und zwar mit Subventionen. Neben einem Schweineschnitzel für zwei Euro sehe ein Rindersteak für 7,80 Euro eben nicht attraktiv genug aus, argumentiert sie. Dabei sei Rind wesentlich gesünder und weniger durch Antibiotika belastet.

Tatsächlich ist die Ansicht, dass man diesen Wahnsinn eh nicht beenden kann, ein Trugschluss. Stattdessen gilt: Jeder einzelne sollte hinterfragen, woher die Milch in der Tüte kommt – sowie der Rinderbraten auf dem Teller.

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