Fränkischer Busfahrer vergriff sich an Frau mit Handicap

30.10.2020, 16:54 Uhr
Fränkischer Busfahrer vergriff sich an Frau mit Handicap

© Petra Mai

Es ging in der Großen Strafkammer des Landgerichts Ansbach um den 70-jährigen Robert M. und die 24-jährige Lisa B. (Namen geändert). Der Rentner verdient sich ein bisschen Geld dazu, indem er als Busfahrer für einen Fahrdienst Menschen mit Handicap von daheim abholt und in eine Behindertenwerkstatt fährt oder sie später wieder nach Hause bringt. Lisa war morgens die erste im Bus und abends die letzte.

Bei einer dieser Touren, als Lisa wieder allein im Fahrzeug war, habe der Fahrer ihre Oberbekleidung hochgeschoben und ihre nackte Brust geknetet, so Staatsanwältin Elke Beyer in der Anklage. Dann habe er deren Hose geöffnet, sei mit der Hand in ihren Slip gefahren und mit dem Finger in sie eingedrungen. Auch in mindestens einem weiteren Fall sei es zu sexuellen Handlungen gekommen. Zudem habe der Mann sein Geschlechtsteil gezeigt und verlangt, dass die junge Frau es anfasse.

Das alles gab Robert M. über seinen Anwalt Philipp Hain im Gericht ohne weitere Erklärungen sofort zu.

Lange Verhandlung

Trotzdem dauerte die Verhandlung mit den drei Berufsrichtern und zwei Schöffen rund neun Stunden, denn es galt vor allem herauszufinden, ob die junge Frau seinerzeit in der Lage war, das Handeln des Mannes zu verstehen und ihm zuzustimmen oder nicht.

Was sie selbst dazu sagte, blieb allerdings hinter verschlossenen Türen. Auf Antrag ihrer Anwältin Michaela Hegendorf wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen, zu verstört und verängstigt sei Lisa, hieß es. Und das konnte jeder Beobachter der Verhandlung sehen, denn schon vor der Befragung hatte die 24-Jährige völlig verzweifelt geweint.

Aufschluss gab später die Sachverständige, Diplom-Psychologin Sandra Loohs. Sie bescheinigte der 24-Jährigen eine "mittelgradige Intelligenzminderung". Lisa sei sehr kindlich, ihr IQ liege zwischen 45 und 48 Punkten. Schon zuvor hatte Staatsanwältin Beyer gesagt, dass der Entwicklungsstand der jungen Frau dem eines sechs- bis neunjährigen Kindes entspreche.

"Total überfordert"

Die damalige Situation habe die Betroffene "total überfordert", so Loohs weiter. Sie habe nicht begriffen, was der Mann wollte, sich unter Druck gefühlt, habe sich nicht zu helfen gewusst. Fazit: Lisa sei in ihrer Willensäußerung erheblich eingeschränkt gewesen.

Herausgekommen war die Tat übrigens durch einen Zufall: Lisas Familie hatte sich ihr Handy angeschaut und dabei sexistische Bilder gefunden. Offenbar hatte der Angeklagte solche Fotos von der jungen Frau haben wollen, sie durch Liebesbezeugungen und Geld geködert und auch von sich selbst welche an sie gesendet. Daraufhin hatten die Eltern Anzeige erstattet.

Was gegen Ende der Verhandlung die Staatsanwältin und die Rechtsanwälte in ihren Plädoyers sagten oder vielleicht auch der Angeklagte in einem möglichen Schlusswort, blieb wiederum der Öffentlichkeit verborgen. Diese auszuschließen sei zwingend erforderlich, weil bereits vorher teilweise nichtöffentlich getagt worden war, so der Vorsitzende Richter Claus Körner.

Aber das Urteil konnten alle hören: Robert M. wurde wegen Vergewaltigung in Tathergang mit sexuellen Übergriffen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährungszeit. Außerdem muss er der Geschädigten ein Schmerzensgeld von 2000 Euro zahlen und darf keinen Kontakt zu ihr aufnehmen. Die Verfahrenskosten gehen ebenfalls auf sein Konto.

Junge Frau leidet noch immer

Die junge Frau sei nicht willensbildungsfähig gewesen, sagte Richter Claus Körner unter anderem in der Urteilsbegründung. Sie habe die Situation nicht erfassen können und leide heute noch unter dem Erlebten. Jegliches Eindringen in die Vagina reiche für die Annahme einer Vergewaltigung, wenn sie gegen den Willen der Betroffenen erfolge.

Der Busfahrer Robert M. habe seine berufliche Tätigkeit ausgenutzt und das Vertrauen der Betroffenen, ihrer Eltern, aller weiteren Schutzbefohlenen und seines Arbeitgebers missbraucht.

Der 70-Jährige nahm das Urteil sofort an.