Gunzenhausen: Bestattungen zwischen Pietät und Prävention

31.3.2020, 06:18 Uhr
Gunzenhausen: Bestattungen zwischen Pietät und Prävention

© Reinhard Krüger

Birgitt Bajorek kennt sich aus. Sie ist die Tochter von Heidemarie Bauer, die bereits 1982 das gleichnamige Bestattungsunternehmen ins Leben gerufen hat. Seitdem arbeitet sie selbst mit, und nach dem Tod ihrer Mutter führt sie zusammen mit drei ihrer vier Kinder und weiteren Mitarbeitenden das Familienunternehmen weiter.

Doch was sie derzeit alles erleben muss, ist auch für die 57-Jährige völliges Neuland. "Was heute gültig ist, kann morgen bereits durch eine neue Verordnung abgelöst werden", sagt sie. Ihre Stimme wirkt fest, sie spricht ruhig, fast leise, man spürt durch den Telefonhörer ihre hohe Empathie. "Wir wollen für unsere Kunden da sein, auch wenn es schwerfällt", sagt sie beispielsweise.

Trotzdem: Sie und ihre Kollegen stehen vor ganz neuen Herausforderungen, um Angehörigen gemäß den Präventionsauflagen der Bayerischen Staatsregierung fachlich wie menschlich zu beraten. Erste sichtbare Änderung ist beispielsweise eine entsprechende Gesichtsmaske.

Gunzenhausen: Bestattungen zwischen Pietät und Prävention

© Reinhard Krüger

Versammelten sich vor Corona oft bis zu sechs Angehörige im großzügigen Büro, dürfen derzeit höchstens eine bis zwei Personen Platz nehmen, um eine anstehende Beerdigung zu besprechen. "Und das auch nur nach telefonischer Vorankündigung", betont Bajorek.

Um sich nicht selbst anzustecken, arbeitet das Beerdigungsinstitut mit zwei Teams. Ein Desinfektionsspender steht vor der Tür. Schwierig, hier eine Atmosphäre zu schaffen, wo Trauernde über ihren Schmerz sprechen können. Dennoch versuchen die Bestatter-Profis, mit dem nötigen Feingefühl die notwendigen Fragen nach der Art der Bestattung zu stellen.

"Urnenbegräbnisse sind bis 19. April erst mal untersagt", betont Birgitt Bajorek. Sie steht im engen Kontakt mit den unterschiedlichen Friedhofsträgern, den Kommunen und natürlich den zuständigen Seelsorgern. Sie beobachtet, dass trauernde Angehörige der besonderen Situation mit viel Verständnis begegnen: "Schließlich sitzen wir alle im gleichen Boot und wollen da gesund herauskommen."

Sehr viel problematischer wertet sie die Sterbebegleitung im Altenheim oder Krankenhaus. Wenn überhaupt, darf da höchstens eine Person rein. "Das ist für viele sehr hart", sagt sie. Das gelte auch für abgesagte Urnenbestattungen: "Da stehen dann die zurückbleibenden Ehepartner oft völlig hilflos da." Sie können nicht an ein Grab, einen Trauerort gibt es nicht. Deshalb bittet die Bestatterin, dass alle Beteiligten zusammenhalten und respekt- und würdevoll auch in der Krise umgehen.

Deutlich eingeschränkter sieht auch der Beerdigungsalltag eines Pfarrers derzeit aus. Seit 33 Jahren ist der evangelische Pfarrer Gert Sommerfeld in fünf Gemeinden rund um Theilenhofen zuständig, "aber so was habe ich auch noch nicht erlebt", sagt der 62-jährige Seelsorger.

So kann und darf er nur noch telefonisch mit den Angehörigen sprechen, und eine Beerdigung im gewohnten Umfang "geht überhaupt nicht mehr". Wer also eine kirchliche Bestattung mit Gottesdienst und Aussegnung wünscht, muss in nächster Zeit darauf verzichten. Zu hoch das Risiko, sich ungewollt anzustecken.

Die Alternative: nur noch Erdbestattung direkt auf dem Friedhof und seit neuestem nur noch drei bis fünf Personen. "Und dann soll es möglichst schnell gehen", so Sommerfeld.

Und wie sieht das in etwa aus? Er spricht über ein paar Gedanken, der Lebenslauf entfällt komplett, ein Gebet, Segen. Fertig. Danach wird der Sarg ins Erdreich zurückgeführt. Es sind traurige Zeiten, die auf Angehörige zukommen.

Der erfahrende Geistliche kennt seine Gemeinde wie kein zweiter und fühlt mit den Menschen. Er spricht deshalb auch von einer "zwiespältigen Angelegenheit. Menschen wollen getröstet werden, und ich will ihnen dabei helfen", verspricht er, wenn er über einen Gedenkgottesdienst für Hinterbliebene nach der Corona-Krise laut nachdenkt.

In guter Art und Weise und respektvoll eine Beerdigung durchzuführen, scheint eine echte Herausforderung für alle Kirchengemeinden. Pfarrer Gert Sommerfeld ist sicher, dass dies gelingen wird. Natürlich sollte man die Vorschriften der Staatsregierung befolgen, "aber trauernde Menschen suchen Gemeinschaft, und in solchen Momenten sollte man das ihnen nicht versagen".

Er bietet daher über WhatsApp dreiminütige Kurzpredigten an, die Gemeindeglieder untereinander teilen sollen. Ein gute, eine digitale Idee – und Antwort auf drängende Fragen in dieser Krise.

Die Bestatterin und der Pfarrer, beide müssen, wie viele andere Branchen auch, in dieser Krise neu denken, neue Wege gehen und Lösungen anbieten, die den Menschen gerecht werden.

Aktuell sind Bestattungen möglich, wenn:

- die Trauergesellschaft nur den engsten Kreis betrifft;

- die Teilnehmerzahl auf maximal drei bis fünf Personen beschränkt ist (ohne Pfarrer und Bestattungsmitarbeiter);

- der Termin nicht über Anzeigen oder sonst wie bekannt gegeben wird;

- keine Personen mit Fieber oder Symptomen einer Atemwegsinfektion teilnehmen.

Der Sicherheitsabstand von 1,5 Metern muss eingehalten werden. Leichenhaus oder Trauerhalle dürfen nicht benutzt werden. Erdwurf und Weihwassergaben am offenen Grab sind nicht zulässig.

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