Gunzenhausen: Das Geheimnis des guten Kirchweihbiers

8.9.2018, 06:30 Uhr
Gunzenhausen: Das Geheimnis des guten Kirchweihbiers

© Jürgen Eisenbrand

Vor zwei Jahren hat die Stadtbrauerei Spalt viel Geld in diesen hochmodernen Lagerkeller investiert — und konnte dem Riesendurst, den der Supersommer 2018 über Wochen hinweg erzeugt hat, "ganz entspannt" begegnen, sagt Schulz. Die Lagerkapazitäten sind riesig, der Markt kann reibungslos bedient werden, Engpässe sind, weil auch große Mengen Flaschen früh genug geordert wurden, nicht zu erwarten.

Auch nicht beim Gunzenhäuser Kirchweihbier. Zwei Sude à 100 Hektoliter dieses, wie es in blumiger PR-Sprache heißt, "hellen Festbiers mit dem typisch Spalter Hopfencharakter" und dem "bernsteinfarbenen Glanz" hat Schulz bereits in 40 000 Flaschen abfüllen lassen; es ist weitgehend ausverkauft. Für die Kerwa selbst, die heute beginnt und bei der die Maß für 7,40 Euro zu haben ist, hat er noch "ein paar Sude mehr" gebraut, sagt er schmunzelnd; genauere Zahlen sind ihm nicht zu entlocken.

Klar ist aber, sagt Udo Weingart, der als Spalter Bürgermeister gleichzeitig Chef der einzigen kommunalen Brauerei Deutschlands ist: "Wenn wir diese großen Lagerkapazitäten nicht hätten, wären Extra-Rezepturen wie für die Gunzenhäuser Kirchweih gar nicht möglich."

Gunzenhausen: Das Geheimnis des guten Kirchweihbiers

© Jürgen Eisenbrand

Denn das Festbier ist tatsächlich etwas ganz Exklusives, individuell abgestimmt auf die Geschmacksnerven der Gunzenhäuser. Der Stadtrat war es, der 2017, als die Spalter ihre Kirchweih-Premiere feierten, die Richtung vorgab: Eine "abgemilderte Bittere", so Schulz, sollte es sein, die durch die Verwendung ausschließlich besten Aromahopfens der Sorten Spalt-Spalter und Spalter-Select erreicht wird.

Dazu gibt’s dann eine etwas größere Portion Malz der Sorte Pilsner-Avalon (16,5 Kilo pro Hektoliter statt 15 Kilo bei einem Spalter Hell), das besonders weiche Spalter Wasser aus dem eigenen Brunnen — und heraus kommt ein Gerstensaft, dem Schulz — der auch Biersommelier ist — folgende Attribute verleiht: "angenehm vollmundig", "feinherb", "leicht prickelnd" und mit einem "vollmundig abgerundeten Malzkörper".

Bis Mitte Mai hätte der Braumeister, der seinen Beruf bei Herrnbräu in Ingolstadt erlernte, ehe er über Weihenstephan und die Oberpfalz in Spalt landete, auch noch die "Bekömmlichkeit" seines Bieres gelobt — aber das hat der Bundesgerichtshof per Gerichtsurteil verboten. Also erklärt Schulz es so: "Unser Bier ist leichter verdaulich als andere, weil es stärker durchgegoren ist."

Diese Bekömmlichkeit, die nicht so heißen darf, verdankt das Spalter Bier demnach auch der Methode, nach der die Kommunalbrauer ihr Handwerk verrichten und das — analog zu "Slowfood"-Bewegung — für besonders qualitätvolles, nachhaltiges und ressourcenschonendes Brauen steht: "Slow Brewing".

Nicht einmal 20 Sudstätten in ganz Deutschland tragen bislang dieses Gütesiegel, die Spalter sind bereits seit 2013 Mitglied dieses exklusiven Zirkels — als einzige Brauerei in Franken. Eines der Prinzipien der "Slow Brewer" ist, der Name deutet es an, ihre Langsamkeit. Das Brauverfahren ist aufwändig und entsprechend zeitraubend, und vor allem die Lagerung nimmt wesentlich mehr Zeit in Anspruch als bei vielen Großen aus der Branche. "Unser Bier lagert vier bis acht Wochen", sagt Schulz nicht ohne Stolz. Selbst bei den meisten kleineren Brauern seien es etliche Tage weniger, bei den Giganten oftmals nur die Hälfte der Zeit.

Hinzu komme, so Schulz, die Verwendung edelster Rohstoffe, die sich alle "Slow Brewer" auf die Fahnen schreiben. In Spalt etwa bestehe auch die letzte Hopfengabe aus dem weltberühmten "Spalt-Spalter", anderswo würden da auch schon mal "mindere Sorten" eingesetzt. Und weil die Sudpfannen eine größere Heizfläche besäßen als die bei vielen Mitbewerbern, könne der Sud behutsamer und mit weniger Dampfdruck gekocht werden, was wiederum das besondere Aroma der Spalter Biere schone.

Maßvolle 5 Prozent

Gunzenhausen: Das Geheimnis des guten Kirchweihbiers

© Jürgen Eisenbrand

All das gelte selbstverständlich auch für das Gunzenhäuser "KerwaBier", das laut Schulz als ein "großvolumiger Elf-Prozenter" angelegt wurde. Sprich: eine Stammwürze von über 11 Prozent hat, keinesfalls jedoch mehr als 12. Damit komme man am Ende auf einen Alkoholgehalt von maßvollen 5 Prozent — ideal für ein Volksfest, bei dem doch mal die eine oder andere Maß mehr durch die Gurgel gleitet. Die 12 Prozent Stammwürze sind übrigens ausnahmsweise mal kein Qualitäts-Kriterium, sondern ein finanzielles: Bei Stammwürzen von über 12 Prozent fällt die Biersteuer höher aus, erklärt Schulz.

Dass für die Spalter das "langsame Brauen" mehr ist als nur ein Marketing-Gag, illustriert eine Kleinigkeit, die Braumeister Schulz so ganz nebenbei erzählt, als man mit ihm in seiner 17 Grad kühlen "Kathedrale" steht. Neben all den riesigen Lagertanks steht, ganz unscheinbar an eine Außenwand gerückt, auch ein wesentlich kleinerer Edelstahltank. "Darin sammeln wir die Bierhefe, die wir nicht mehr zum Brauen verwenden können", sagt er. Regelmäßig kämen Mitarbeiter der Stadtwerke vorbei, die die Hefe abzapften und in die Kläranlage brächten, wo sie noch gute Dienste bei der Biogaserzeugung leistet.

"Slow Brewing" ist also weit mehr als nur die Erzeugung eines guten Biers — und sei es auch das für die Gunzenhäuser Kirchweih. Und erst recht mehr, als Spötter unterstellen: "Manche Leute lästern", verrät ein Mitarbeiter der Brauerei augenzwinkernd, "dass wir uns nur deshalb dieser Bewegung angeschlossen haben, weil wir uns ohnehin die ganze Zeit so langsam bewegen."

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