Gunzenhausen wird ein "Sicherer Hafen" für Geflüchtete

4.3.2021, 06:04 Uhr
Gunzenhausen wird ein

© Foto: Armin Weigel/dpa

"Sichere Häfen" ist ein Projekt der Seebrücke, mit dem sich Kommunen mit Menschen auf der Flucht solidarisieren, und gegebenenfalls weitergehende Hilfe anbieten. Hannah Priesmeier war im Herbst vergangenen Jahres mit dem Vorschlag, dass Gunzenhausen diese Aktion unterstützen sollte, an Bürgermeister Karl-Heinz Fitz herangetreten. Der hatte sich offen für das Anliegen gezeigt und das Thema auf die Tagesordnung der Novembersitzung des Stadtrats gesetzt. Zusammen mit Pfarrer Benedikt Wolff stellte die Medizinstudentin aus Gunzenhausen damals den Stadträten das Projekt vor.

Eine Entscheidung wurde vertagt, damit sich die Fraktionen mit dem Projekt der Seebrücke und den verschiedenen Möglichkeiten, über die bloße Solidaritätsadresse hinaus die Flüchtlinge zu unterstützen, vertraut machen konnten. Zudem hatte Fitz bereits Anfang Dezember in einem Schreiben an die Fraktionen vier weiteren Punkte vorgeschlagen, die nun auch zur Abstimmung standen.

Punkt zwei sieht dabei vor, dass Gunzenhausen als Sicherer Hafen das "kommunale Ankommen und Bleiben gewährleistet", sich also für menschenwürdige Lebensumstände von Geflüchteten, insbesondere in den Bereichen Wohnen, Bildung, ärztliche Versorgung und gesellschaftliche Teilhabe, einsetzt. Die Altmühlstadt habe ja bereits 2014 und 2015 unter Beweis gestellt, so Fitz in dem Schreiben, wie wichtig es sei, "über Symbolik hinausgehend aktiv und konsequent zu handeln", etwa mit dem Bau einer Flüchtlingshalle.

Stadträte konnten mitgehen

Mit diesem Punkt sowie der Solidaritätsbekundung konnten denn auch die meisten Stadträte mitgehen, gleiches galt für Punkt 5, der besagt, dass die Stadt die Öffentlichkeit über ihre Aktivitäten im Rahmen des Projekts "Sicherer Hafen" informiert.

Darüber hinaus stand zur Abstimmung, dass sich Gunzenhausen bereit erklärt, über die ihr zugedachten Quote hinaus Flüchtlinge aufzunehmen (Punkt 3) und sich zudem dafür einsetzt, dass Deutschland und Bayern die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen schafft, dass zusätzlich zu dieser Quote nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel Menschen auf der Flucht aufgenommen werden (Punkt 4).


Flüchtlinge in Seenot: Nürnberg wird "Sicherer Hafen"


Die CSU-Fraktion hatte bereits mit einer Sitzungsvorlage klargestellt, dass sie mit den Punkten 1, 2 und 5 d’accord gehe, die Punkte 3 und 4 aber nicht unterstützt. Denn das, befand Arno Dernerth, müsse nicht explizit beschlossen werden, es sei selbstverständlich, dass man sich um die Flüchtlinge kümmere, auch wenn mehr als vorgesehen kämen.

Für Werner Falk (FDP) wäre es wünschenswert, dass sich alle konsequent an den von der EU festgesetzten Rahmen halten würden. Die Stadt sollte sich nicht so sehr um "große weltpolitische Zusammenhänge" Gedanken machen, sondern um das, was vor Ort konkret getan werden könnte. Sigrid Niesta-Weiser machte für die beiden Liberalen klar, dass sie wie die CSU stimmen werden.


Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Vorbild für die Welt?


Paul Pfeifer erinnerte noch einmal an die katastrophalen Zustände in den Flüchtlingslagern, wo die Menschen "im Dreck elendig verrecken". Und längst nicht alle erreichen das Festland: Seit 2014 sind im Mittelmeer nach Worten des SPD-Stadtrats 18 892 Menschen ums Leben gekommen.

"Nicht mein Europa!"

Würde man für jeden einzelnen eine Schweigesekunde einlegen, so würde dies über fünf Stunden dauern. "Das ist nicht mein Europa!", sagte Pfeifer. Mit dem Projekt "Sicherer Hafen", dem sich bereits über 200 Kommunen angeschlossen haben, könne man politischen Druck ausüben und dazu beitragen, "die Welt ein Stückchen besser" zu machen.

Die SPD unterstützte deshalb alle fünf Punkte, ebenso wie die Grünen. Deren Fraktionsvorsitzender Herbert Gutmann wies darauf hin, dass man angesichts der globalen Vernetzung sehr wohl "regional in der Verantwortung" sei. Seine Fraktionskollegin Kerstin Zels hatte sich über den Königssteiner Schlüssel schlau gemacht, dem gemäß dem Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen bei 1000 Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen, gerade einmal elf Personen zugewiesen würden.

"Von Solidarität allein wird niemand satt", erklärte Harald Romanowski von den Freien Wählern. Die Stadt habe 2015 bereits gezeigt, dass sie sehr wohl handlungsfähig sei, statt "Schaufensteranträge" zu befürworten, sei es doch sinnvoller, Geld in die Hand zu nehmen und damit in den Lagern in Griechenland für anständige Lebensverhältnisse zu sorgen.

Am Ende lehnten es nur er und sein Fraktionsvorsitzender Dr. Werner Winter ab, dass Gunzenhausen ein "Sicherer Hafen" wird. Die Abstimmung über die Punkte 3 und 4 endete mit einem Patt von 12:12, und wurde so gegen die Stimmen von SPD, Grüne, Julia Braun (FW), Werner Falk und Peter Reitmaier (Piraten) abgelehnt.

Keine Kommentare