Gunzenhausen: Junge Israelis sind zu Gast

24.7.2019, 06:20 Uhr
Arbeitseinsatz auf dem Jüdischen Friedhof: Die Jugendgruppe aus dem israelischen Rishon LeZion, die derzeit in Gunzenhausen zu Gast ist, befreite eine Mauer vom Efeu und wurde zunächst von Elke Hartung (links) begrüßt.

© Marianne Natalis Arbeitseinsatz auf dem Jüdischen Friedhof: Die Jugendgruppe aus dem israelischen Rishon LeZion, die derzeit in Gunzenhausen zu Gast ist, befreite eine Mauer vom Efeu und wurde zunächst von Elke Hartung (links) begrüßt.

"Arbeitseinsatz" heißt der Programmpunkt, der die Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren zu der Ruhestätte der ehemaligen jüdischen Gemeinde in Gunzenhausen führt. Sie wollen den Friedhof nicht nur besichtigen, sondern vor allem die alten Mauern von Efeu befreien. Tatkräftige Unterstützung erhalten sie dabei von Schülerinnen und Schülern der 9. Jahrgangsstufe des Simon-Marius-Gymnasiums, der 9a der Mädchenrealschule und natürlich ihren Gastgebern.

Zunächst jedoch werden sie von Elke Hartung, die regelmäßig Führungen auf dem Jüdischen Friedhof anbietet, begrüßt und kurz mit der Ruhestätte vertraut gemacht. Das Gelände an der Leonhardsruhstraße war bereits der zweite Gottesacker, den die jüdische Gemeinde in Gunzenhausen errichtete. Schon ab 1460 gab es einen ersten Friedhof im Bereich der heutigen Schillerstraße/ Nürnberger Straße. Mitte des 16. Jahrhunderts jedoch wurden die Juden aus der Stadt vertrieben, der Friedhof aufgelöst und zerstört.

Erst ab 1875 konnten die Juden von Gunzenhausen und den umliegenden Gemeinden ihre Toten wieder in der Altmühlstadt zu Grabe tragen, damals entstand der Friedhof in der Leonhardsruhstraße. Bereits 1929 warf das nationalsozialistische Gedankengut seine Schatten voraus, die Gräber wurden geschändet und waren auch in den Folgejahren immer wieder Ziel von Attacken.

Dank an Emmi Hetzner

Am Ende ihrer kurzen und interessanten Ausführungen dankte Elke Hartung den Jugendlichen aus Israel, dass sie die "Strapazen" dieses Besuchs auf sich genommen haben. "Tragen Sie in die Welt hinaus, dass wir gerne mit Ihnen Kontakt haben", gab sie den Gästen mit auf den Weg.

Gerührt und "erfüllt" ist auch Pfarrer Matthias Knoch, der nach dem Arbeitseinsatz noch eine kurze Andacht hält. "Ich bin so dankbar, dass diese Tür aufgemacht wurde", sagte er im Gespräch mit dem Altmühl-Boten und vergisst dabei auch nicht zu erwähnen, wo letztendlich die Wurzeln für diesen Austausch liegen: "Dieser Baum wurde gepflanzt in dem Garten, aus dem Emmi Hetzner die Steine herausgeräumt hat!" Er meint damit das Projekt "Jüdisches Leben in Gunzenhausen", das die Gunzenhäuser Lehrerin vor langer Zeit an der Stephani-Schule mit angeschoben und über Jahre betreut hat.

Während die Jugendlichen eifrig am Efeu zerren und schneiden, ist auch Joino Pollak vom Landesverband der israelischen Kultusgemeinden in Bayern, der den Friedhof verwaltet, eingetroffen. Für ihn ist der Austausch eine "tolle Geschichte". Dass die Jugendlichen hier mit anpacken, findet er "wirklich schön". Der Efeu, erklärt er den Sinn der Aktion, macht auf Dauer die Mauern, die man doch gerade erhalten möchte, kaputt. Deshalb muss er beseitigt werden.

Zum Dank für die Hilfe erhalten die Jugendlichen später beim wohlverdienten Besuch des Waldbads am Limes Gutscheine für Essen und Getränke, die der Landesverband finanziert.

Seit weit über einem Jahr bereitet Stadtjugendpfleger Helmar Zilcher diesen Austausch vor, der laut Homepage der Stadt "die konsequente Weiterentwicklung der historischen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit unserer Stadt vor 1945 und der Versuch, neue Brücken zu jungen Generationen zu schlagen", ist. Am Samstag nun trafen die lang erwarteten Gäste zusammen mit ihren beiden Betreuern Tuvul Yaakov und Edo Cohen in der Altmühlstadt ein.

Zunächst in Jugendherberge

Bevor es in die Gastfamilien ging, standen zwei Tage zum gegenseitigen Kennenlernen in der Jugendherberge auf dem Programm. Die Gäste und ihre Gastgeber erhielten so die Chance, als Gruppe zusammenzuwachsen. Zudem lernten sie die Stadt (und ihre Geschichte) bei einer Führung kennen. Ein erster Höhepunkt war die Fahrradtour um den Altmühlsee, bei der natürlich auch ein Badestopp eingeplant war.

Zu Wochenbeginn ging es in die Stephani-Schule. Dort trafen die israelischen Jugendlichen auf gut vorbereitete und sehr interessierte Mittelschüler, erzählt Knoch, die selbstverständlich all ihre Fragen auf Englisch gestellt haben.

Mit Muskelkraft und Schere gingen die Jugendlichen zu Werke und wurden dabei unterstützt von ihren Gastgebern sowie Schülern des SMGs und der Mädchenrealschule.

Mit Muskelkraft und Schere gingen die Jugendlichen zu Werke und wurden dabei unterstützt von ihren Gastgebern sowie Schülern des SMGs und der Mädchenrealschule. © Marianne Natalis

Der Mittwoch gehört den Gastfamilien, die diesen Tag ganz nach ihrer Wahl mit ihrem jeweiligen Gast verbringen können. Donnerstag geht es nach Nürnberg, wo unter anderem das Reichsparteitagsgelände und das Dokuzentrum besucht werden. Am letzten Tag gibt es nochmal Freizeit am Brombachsee, bevor sich die Teilnehmer zu einem Abschlussgespräch treffen und es langsam ans Abschiednehmen geht.

Auf dem Jüdischen Friedhof ist die Mauer derweil vom Efeu befreit. Der Bitte von Elke Hartung, sich ins Gästebuch des Friedhofs einzutragen, kommen die Gäste aus Israel gerne nach. Einzelne schreiben in Hebräisch, aber die Gruppe hinterlässt auch eine gemeinsame Botschaft in lateinischer Schrift: Es ist der Dank der Jugendlichen, dass in Gunzenhausen ihr jüdisches Erbe und die Erinnerung daran hochgehalten wird.

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