Gunzenhausen: "Klare Haltung" gegen den Hass gezeigt

14.10.2019, 06:11 Uhr
Gunzenhausen:

© Reinhard Krüger

Die Teilnehmer kamen zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Auto, aus dem Stadtgebiet wie aus dem Umland. Ihnen allen ist es nicht egal, was in Deutschland derzeit passiert. Thomas Thill sprach vielen aus dem Herzen, als er von einer "Tragödie" redete. Er gedachte auch der Angehörigen der Ermordeten und Verletzten, und er machte eine klare Haltung geltend: "Die Zivilgesellschaft ist gefordert", sie müsse sich veränderten Verhältnissen stellen.

Damit dies deutlich wird, gebrauchte er drei anschauliche Begriffe: "Aufrecht gehen" für die Freiheit und Erhalt der demokratischen Rechtsordnung; "aufrecht sehen" und nicht zusehen, weil der Hass gegenüber Fremden keine Alternative in unserem Alltagshandeln einnehmen darf; schließlich "aufrecht stehen" zu einer bedrohlichen Entwicklung gegenüber Andersgläubigen, die bis zum Mord geht.

Es wurde still vor der Sparkasse, als Thill darum bat, Kerzen anzuzünden und an die Opfer und deren Familien zu denken. Fest nahmen sich die Teilnehmer an die Hand und sprachen sich Worte des Friedens zu. So recht wollten viele nicht gleich weggehen, zu sehr waren die Gedanken noch präsent. "Ich bin eine Betroffene", sagte beispielsweise eine ältere Frau. "Ich bin Jüdin." Sie kam aus Hainsfarth. Vermisst habe sie junge Leute und fragte rhetorisch: "Haben wir denn gar nichts gelernt?" Sie gab sich selbst die Antwort: "Offensichtlich nicht."

In die gleiche Kerbe hieb Andrea Rettlinger. Die 59-jährige wurde deutlich: "Keinen Raum diesen Nazis geben. Das hatten wir doch schon mal. Ich will meinen Kindern und Enkel das ersparen." Ihr Mann Heinz (64) forderte, dass "die Politik endlich wach werden muss". Dieser braune Sumpf müsse ausgetrocknet werden.

"Aktives Handeln" forderte Christian Oechslein (31) von den Verantwortlichen von Staat und Gesellschaft, denn "wir brauchen 1933 nicht mehr". Von einem "friedlichen Leben ohne Gewalt und Ressentiments" sprach Armin Leickert (60). Dazu sei es nötig, eine "klare Haltung" zu zeigen und Stellung zu beziehen, sagte er.

Thomas Thill hat so eine Haltung. Er wollte die Stadtgesellschaft von Gunzenhausen aufrütteln und klar sagen, was ihm seit dem Anschlag von Halle umtreibt. Das ist ihm überzeugend gelungen. Oder wie es ein Teilnehmer beim Verabschieden so formuliert hat: "Gut, dass es solche Leute wie Thill gibt, die etwas tun und sagen."

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