Gunzenhausen: Nach dem Schwammspinner kommt der Prachtkäfer

18.1.2021, 06:14 Uhr
Gunzenhausen: Nach dem Schwammspinner kommt der Prachtkäfer

© Foto: Marianne Natalis

Ortstermin am Waldbad am Limes: Harald Schiller, Leiter der Bayerischen Staatsforsten Allersberg, Franz Eitel, dort für die 70 staatlichen Hektar im Burgstall zuständig, und der Leiter des Gunzenhäuser Forstamts, Jürgen Stemmer, können Auskunft über den tatsächlichen Zustand des Burgstallwalds geben. Und der ist längst nicht so positiv, wie es für den Laien den Anschein hat. Viele Eichen haben einen hohen Totholzanteil, sie sterben langsam ab. Beschleunigt wird diese beunruhigende Entwicklung noch durch den zweifleckigen Eichenprachtkäfer.

Folgen des Kahlfraßes

2018 und 2019 war der Burgstallwald von einem Heer von Schwammspinnerraupen heimgesucht und zuletzt ratzekahl gefressen worden. Die Population der Schädlinge ist inzwischen zusammengebrochen, die Folgen allerdings zeigen sich erst nach und nach.

Gunzenhausen: Nach dem Schwammspinner kommt der Prachtkäfer

© Foto: Marianne Natalis

Beim Blick nach oben entdeckte Franz Eitel bereits im Herbst 2019 große Schäden in den Kronen. Die am schlimmsten betroffenen Eichen wurden im darauffolgenden Winter gefällt, insgesamt waren das knapp 650 Erntefestmeter (also inklusive Kronen) oder 9 Festmeter pro Hektar.

Im vergangenen August nahm Eitel den Burgstallwald erneut unter die Lupe, das Ergebnis können aufmerksame Spaziergänger ganz leicht entdecken: Rote Punkte an rund 300 weiteren Eichen, die bis spätestens Ende Februar abgeholzt werden.

Büschelige Triebe

Eigentlich gab der Sommer 2020 Anlass zur Hoffnung, das bestätigt auch Jürgen Stemmer. "Wir sind gut über das Jahr gekommen", meint er mit Blick auf eine Regenmenge, die endlich einmal wieder im langjährigen Mittel lag. Das habe zwar nicht ausgereicht, um die Niederschlagsdefizite in tiefen Bodenschichten (etwa 1,50 Meter) aufzufüllen, an der Oberfläche aber hätten sich die Wurzeln ausreichend versorgen können.

Gunzenhausen: Nach dem Schwammspinner kommt der Prachtkäfer

© Foto: Marianne Natalis

Dennoch musste Eitel bei seiner Musterung im vergangenen Herbst feststellen, dass es den Eichen sehr viel schlechter geht, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte. Das hat, fügte Stemmer an, auch ein Monitoring der Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft bestätigt. Neben dem hohen Totholzanteil stachen den Fachleuten dabei an vielen Eichenstämmen büschelige Triebe ins Auge.

Diese Nottriebe zeigen an, dass der Baum ein Problem mit der Nährstoffversorgung hat. Die weitere Fällaktion ist nun die Konsequenz. Etwa 400 Erntefestmeter werden es am Ende sein, das entspricht weiteren 6 Festmeter pro Hektar. Insgesamt also, rechnet Harald Schiller, sind das etwa 7 Festmeter pro Hektar und Jahr, damit bewege man sich in einem Bereich, der natürlich nachwachse.

Ob damit das schlimmste für das Naherholungsgebiet der Gunzenhäuser überstanden ist, das kann Eitel zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. Zumal sich zu den Folgeschäden des Schwammspinners noch ein weiteres Problem in Form des Eichenprachtkäfers gesellt hat.


Im Frühsommer 2019 fraßen Millionen von Raupen den Burgstall kahl


Dieses unscheinbare Insekt legt seine Eier bevorzugt in die Bastschicht von Bäumen, die bereits angeschlagen, aber noch nicht abgestorben sind. Schlüpfen die Larven, fressen sie sich quer durch diese Schicht – und unterbrechen so die Nährstoffverbindungen des Baums. Angesichts der vielen geschwächten Bäume im Burgstall, herrschen dort derzeit beste Bedingungen für den Käfer.

Totholz muss raus

Normalerweise bleiben die Kronen gefällter Eichen aus sogenannten Forstschutzgründen im Wald zurück, erläutert Schiller an dieser Stelle, das Totholz bietet einen wichtigen Lebensraum für viele nützliche Insekten. Allerdings aber eben auch für Schädlinge wie den Eichenprachtkäfer, weshalb sich die Bayerischen Staatsforsten dafür entschieden haben, diesmal die kompletten Bäume aus dem Burgstall zu schaffen. An einer bereits gefällten Eiche zeigt Eitel die Gänge, die der Käfer hinterlassen hat. Außerdem ist deutlich zu erkennen, dass die Krone dieser Eiche bereits fast vollständig abgestorben war, nur an einem Ast hängen Zweige mit Knospen.

Und auf noch eine Besonderheit weist der Fachmann hin: Winzige schwarze Punkt im Stammholz. Noch sind das sehr wenige, aber sie sind auch der Grund, warum stark geschwächte Eichen möglichst schnell aus dem Wald geholt werden. Sind sie doch ein Hinweis darauf, dass Folgeschädlinge wie der Holzbohrkäfer oder der Schiffwerftskäfer am Werk sein könnten. Die fressen sich durch das Stammholz und sorgen damit für enorme Qualitätsverluste. Wie hoch der Schaden ist, offenbart sich dabei in der Regel erst im Sägewerk. Der Schiffswerftkäfer war früher vor allem bei Seemännern gefürchtet, konnte er doch ganze Schiffe versenken.

Keine Prognose

Wie sich der Käfer in den kommenden Jahren entwickeln wird, da wagt Eitel keine Prognose. An der Eiche allerdings "fressen sehr viele Insekten", berichtet sein Chef, die Baumart werde in der Regel mit diesen Schädlingen auch fertig. Deshalb setzen die Forstleute im Klimawandel auch weiterhin auf die Eiche.

Entwarnung kann Schiller für den Schwammspinner geben. Dessen Population sei bayernweit zusammengebrochen. Überraschend gut überstanden haben den Kahlfraß übrigens die Buchen. So ganz erklären können sich die Fachleute das nicht, erfreulich ist das Phänomen aber allemal.

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