Gunzenhausen: Pirat hofft auf Stimmen aus Grünen-Lager

21.2.2020, 06:07 Uhr
Gunzenhausen: Pirat hofft auf Stimmen aus Grünen-Lager

© Foto: Marianne Natalis

Rund 30 Interessierte sind zum Wahlkampfauftritt von Peter Reitmaier gekommen. Man kennt sich, schließlich lebt Reitmaier seit rund fünf Jahren in dem Gunzenhäuser Stadtteil. Doch die Anwesenden verbindet mit dem Kandidaten noch mehr als nur der gemeinsame Wohnort, das wird gegen Ende seiner Ausführungen deutlich: "Umgehung verhindern" stehe da noch auf seiner Liste, aber "das haben wir ja schon geschafft" schmunzelt Reitmaier unter dem Applaus seiner Zuhörer. Und er macht ihnen auch gleich klar, dass auf die wehrhaften Laubenzedeler noch weitere Arbeit wartet: Jetzt müsse der Bahnübergang erhalten und Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt werden.

Transparenz, Bürgerrechte, direkte Demokratie haben sich die Piraten auf die Fahnen geschrieben und mit diesen Inhalten hat Reitmaier schon lange sympathisiert. Doch den entscheidenden Schritt in die Politik hat er erst 2017 nach der Landratswahl gemacht: Dass sich mit Gerhard Wägemann nur ein Kandidat um dieses Amt beworben hat, das stieß dem Techniker für Elektrotechnik sauer auf. Die Piraten hätten damals wenigstens den Versuch unternommen, mit einem Gegenkandidaten anzutreten, scheiterten aber an den "hohen Hürden".

Die waren auch der Grund, warum sich die Gunzenhäuser Piraten letztendlich gegen eine ganz offene Liste für die Kommunalwahl entschieden haben, erläutert Reitmaier. Denn wer mit einer neuen Liste an den Start gehen will, braucht eine gewisse Anzahl an Unterstützern, die dies auch mit ihrer Unterschrift im Rathaus kundtun müssen. Daran wollten die Piraten nicht noch einmal scheitern und haben sich deswegen mit der Linken zusammengetan.

Was die Erfolgsaussichten dieser Zusammenarbeit angeht, ist Reitmaier sehr zuversichtlich. Ein Sitz im Stadtrat wird es auf jeden Fall, ist der gebürtige Gunzenhäuser überzeugt, zwei Sitze sind sein Ziel. Und auch seine Bürgermeisterkandidatur nimmt Reitmaier sehr ernst. Ganz am Anfang habe er seine Chancen eher gering eingeschätzt, doch nun bei seinem Wahlkampfauftakt sieht er seine Chancen "viel optimistischer". Schließlich habe das Bürgerbegehren gezeigt, "dass die CSU nicht unschlagbar ist". Eine Stichwahl werde es wohl auf jeden Fall geben.

Reitmaier präsentiert sich ganz leger in Jeans, Hemd, Jackett, keine Krawatte – genau wie sein Pendant auf dem Aufsteller neben ihm, der ein lebensgroßes Bild des Kandidaten, aber lange nicht so viel Standfestigkeit wie er zeigt. Mehrmals droht der Aufsteller umzukippen.

Umweltschutz und Verkehr stehen bei Reitmaier ganz oben auf der Agenda, hier sieht er sich mit den Grünen auf einer Linie. Da die Ökopartei keinen eigenen Bürgermeisterkandidaten aufgestellt hat, zählt er auf die Stimmen der Grün-Wähler. Mehr Raum für Fahrräder und den öffentlichen Personennahverkehr laute sein Credo. Autofahrer sollen auch weiterhin überall hinkommen, – aber der einfache Weg soll Fahrrad oder Bus vorbehalten sein. Reitmaier stellt sich ein Einbahnstraßensystem vor, bei dem nur eine Fahrbahnhälfte für den Autoverkehr frei ist, die andere für Busse und Fahrräder. In der Bühringerstraße etwa würde das die Lebensqualität der Anwohner deutlich erhöhen.

Den Rufbus hält er im Prinzip für den richtigen Weg, aber in Gunzenhausen völlig falsch umgesetzt. Anstelle mit festen Haltestellen zu arbeiten könnte man ein viel flexibleres und intelligenteres System via App anbieten. Überhaupt kreidet er dem derzeitigen Stadtrat eine "ideenarme Politik" an.

Schwierige Aufgaben schrecken den 33-Jährigen nicht, mit solchen hat er in seinem Job tagtäglich zu tun. Der Hochspannungsmonteur arbeitet in einer Spezialeinheit der N-Ergie bei Rothenburg. Sie reparieren Anlagen und Freileitungen – die dabei nicht vom Netz genommen werden, sondern voll unter Strom stehen: Bis zu 20 000 Volt fließen da durch die Leitungen.

Ganz nebenbei absolviert Reitmaier auch noch ein Fernstudium für Energieinformatik, seine Bachelorarbeit steht kurz vor dem Abschluss. Eine Herausforderung war vor allem die Informatik, in der Wassertrüdinger Realschule war das kein Thema.

Bezahlbarer Wohnraum, transparente Politik etwa durch Liveübertragungen der Stadtratssitzungen, mehr Familienfreundlichkeit – das sind weitere wichtige Punkte im Programm des Vaters dreier Kinder im Alter von zwei, sechs und acht Jahren. Seine Ziele sind nicht abgehoben und er weiß auch, dass sich Politik an Regeln halten muss und beispielsweise der Transparenz Grenzen gesetzt sind. Bei manchen Themen ist Nichtöffentlichkeit einfach vom Gesetzgeber vorgeschrieben, das erläutert er auch einer Zuhörerin, der die Arbeit des Stadtrats zu undurchsichtig ist.

Echte Fragen hat am Ende niemand an den Kandidaten, eine wirkliche Diskussion kommt nicht auf. Das Gespräch mäandert durch die Gaststube. Gegenwind bläst dem Piraten hier nicht ins Gesicht. Ein Heimspiel halt.

 

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