Gunzenhausen: Zahl der Straftaten nahm 2018 stark zu

12.4.2019, 16:27 Uhr
Gunzenhausen: Zahl der Straftaten nahm 2018 stark zu

Eine 29-jährige Mutter: tot. Ein dreijähriges Mädchen: tot. Zwei Jungen im Alter von sieben und neun Jahren: tot. Eine Familie, ausgelöscht vom eigenen Ehemann und Vater. Und das alles in Gunzenhausen. Der Morgen des 26. Juni und die grausamen Details der Tat sitzen noch tief im Gedächtnis. Auch bei den Beamten der Gunzenhäuser Polizei.

Fast ein wenig versteckt taucht das Geschehen im Kriminalstatistik-Bericht für den Bereich der Polizeiinspektion Gunzenhausen auf, der jährlich veröffentlicht wird. Unter Punkt fünf, "Medienrelevante Ereignisse", zwischen Straßenkriminalität und Anglerverstößen. Harald Eckert, erster Polizeihauptkommissar, sitzt im Büro in der Rot-Kreuz-Straße 10 und redet nicht lange um den heißen Brei herum, als er noch einmal auf diesen Tag und die Tage und Wochen danach angesprochen wird. "Schrecklich", sagt er nur. "Es ist und bleibt schrecklich." Sechs Monate nach der Tat, im Januar 2019, hat die Staatsanwaltschaft Ansbach Anklage wegen vierfachen Mordes gegen den 31-jährigen Familienvater erhoben, doch die Erinnerungen bleiben. Wohl für immer. "Die Tat bleibt für die Beamten der Dienststelle ein prägendes Ereignis, ohne Zweifel steckt das noch in den Knochen. So etwas hängt keiner an der Garderobe ab", sagt Eckert, der nunmehr seit elf Jahren in Gunzenhausen arbeitet. Etwas Vergleichbares habe er aber in all den Jahren bei der Polizei nicht erlebt.

Sachbeschädigungen, Diebstähle oder Wohnungseinbrüche – das sind normalerweise schon eher die Dinge, mit denen die Beamten in Gunzenhausen zu tun haben. Leider stieg die Kriminalitätsentwicklung in Gunzenhausen unabhängig von jenem schrecklichen Vierfach-Mord im letzten Jahr ebenfalls deutlich an. Erstmals seit dem Jahr 2013 nahmen die Zahlen wieder zu.

Mehr Sachbeschädigungen

Insgesamt 1200 Straftaten wurden im Jahr 2018 verübt, 163 mehr als im Vorjahr. Eine Steigerung von 13,6 Prozent. "Enttäuscht ist man natürlich immer, wenn die Zahlen steigen", sagt Eckert, der aber gleichzeitig einschränkt: "In diesem Fall ist es relativ einfach zu erklären, wir wissen, wo das herkommt." Tatsächlich stark angestiegen seien die Sachbeschädigungen im letzten Jahr, allerdings würden die hohen Fallzahlen mit einer größeren Sachbeschädigungsserie zusammenhängen, die einer Tätergruppierung zugeordnet werden konnte, so Eckert. Zudem habe man im vergangenen Frühjahr eine konzertierte Aktion gegen Rauschgiftkriminalität gefahren. "Die steigende Zahl ist letztlich auch ein Nachweis der Polizeiarbeit in diesem Bereich", so Eckert.

Habe man einmal einen Täter erwischt, komme es beim Verhör oft zu einem Schneeballsystem, das weitere Mittäter enttarne, berichtet sein Kollege Marco Lenz, seit März im Rahmen eines Personalentwicklungsprogramms in Gunzenhausen. Er war lange in diesem Bereich tätig. Paragraph 31 des Betäubungsmittelgesetzes sieht vor, dass es sich für den Täter strafmildernd auswirken kann, wenn er Wissen offenbart und dadurch einen Beitrag leistet, dass eine Straftat, die mit der Tat in Zusammenhang steht, aufgedeckt wird. Heißt im Klartext: Hat man einmal jemanden erwischt, werden meistens auch gleich mehrere Straftaten mit aufgedeckt, die sich auf die Statistik auswirken.

Gefälschte Zeugnisse

Die dritte Erklärung für den Anstieg der Kriminalitätsbelastung ist aber doch ein wenig kurios: Schuld ist das Landesamt für Schule, das der Freistaat Bayern im Januar 2017 in der Stuttgarter Straße in Gunzenhausen errichtet hatte. Es ist die Zeugnisanerkennungsstelle für ganz Bayern. "Die kriegen natürlich häufig auch gefälschte Zeugnisse vorgelegt, oft ausländische", sagt Eckert. Wenn beispielsweise in Traunstein jemand ein Zeugnis fälsche, dann laufe dies bei der Polizeiinspektion Gunzenhausen in der Statistik auf, so Eckert. Etwas Positives kann er dem Landesamt für Schule aber dennoch abgewinnen. "Zumindest bei der Aufklärungsquote sieht es dann wieder gut aus."

Doch die knapp 40 Fälle der Urkundenfälschung, die 80 Anzeigen wegen fischereirechtlichen Verstößen, die 146 Körperverletzungen, die 6 Wohnungseinbrüche, die 43 Fahrraddiebstähle oder die 221 Sachbeschädigungen werden im Jahr 2018 von einem Ereignis überschattet. Von diesem einen Morgen im Juni, an dem ein Vater beschloss, seine ganze Familie auszulöschen.

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