Gunzenhäuser Stadtrat verhängt Veränderungssperre

20.7.2020, 16:23 Uhr
Gunzenhäuser Stadtrat verhängt Veränderungssperre

© Limes-Luftbild.de

Bereits Anfang vergangenen Jahres, nachdem der Stadtrat mit großer Mehrheit das Einzelhandels- und Zentrenkonzept beschlossen hatte, gab es nach Worten von Bürgermeister Karl-Heinz Fitz im Rathaus ein Gespräch mit den Eigentümern des Areals, Stadtbaumeisterin Simone Teufel und ihm selbst. Darin sei klar formuliert worden, welche Sortimente in Schlungenhof nach dem Willen der Stadt angeboten werden können – und welche nicht. Schuhe und Textilien gehören eindeutig nicht dazu.

Und obwohl das so auch mehrfach im Bauausschuss und im Stadtrat kommuniziert wurde, haben die Eigentümer einen Pachtvertrag mit einem Unternehmen abgeschlossen, das auch Schuh-Herrmann betreibt. Jene Firma, die im vergangenen Jahr für viel Diskussionen zwischen Treuchtlingen, wo der bereits existierende Schuhladen um einen Anbau erweitert werden sollte, und Weißenburg sorgte (wir berichteten).

Auch das Landratsamt steht auf dem Standpunkt, dass ein Schuhverkauf an dieser Stelle ohne gesonderte Genehmigung nicht erlaubt ist. Darauf haben Vertreter des Amts im Vorfeld der Eröffnung hingewiesen, berichtete Fitz im Stadtrat. Da der Betreiber dies ignorierte, wurde Anfang Juli ein Zwangsgeld angeordnet. Mittlerweile hat die in Weißenburg sitzende Behörde einen weiteren Bescheid verschickt, mit einem Zwangsgeld "im unteren fünfstelligen Bereich", so Fitz weiter. Sollte auch dieser ignoriert werden, könnte der Laden "gegebenenfalls mit Unterstützung der Polizei" geschlossen werden.

Der Geschäftsführer der schwäbischen Schuhhandelskette sieht das allerdings ganz anders, berichtet das Weißenburger Tagblatt. Eberhard Walter macht eine Genehmigung aus dem Jahr 1973 geltend, und hat gegen den Bescheid und das Zwangsgeld Klage eingereicht. Das Landratsamt wiederum macht geltend, dass bereits damals das erlaubte Sortiment klar geregelt worden sei.

Es ist aber nicht nur diese Ignoranz gegenüber behördlichen Anweisungen, die "uns so sauer aufstößt", machte Fitz klar. Auch das extrem aggressive Geschäftsgebaren der Firma, die im weiten Umkreis mit bis zu 70 Prozent Nachlass und "Megapreisen" wirbt, findet im Rathaus – und bei den Stadträten – keinen Anklang.

Die Bürger informieren

Dieses Verhalten hat sogar Dr. Werner Winter umgestimmt. Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler ist erklärtermaßen kein Freund des Zentrenkonzepts und hatte sich bisher auch immer gegen eine Veränderungssperre ausgesprochen. Seine Zustimmung zur Aufstellung des Bebauungsplans machte er aber davon abhängig, dass die Stadt "zeitnah" eine Bürgerversammlung in Schlungenhof einberufe, um über das Vorhaben zu informieren.

Die Freiheit des Wettbewerbs ist für die Liberalen eine "Kardinalfrage", rief FDP-Stadtrat Werner Falk in Erinnerung. Die dürfe aber nicht dazu führen, dass die Strukturen einer Stadt zerstört würden. Es gelte, die Innenstadt als Einkaufsplatz und Eventfläche zu erhalten. Das sei "kein Dirigismus, betonte seine Kollegin Sigrid Niesta-Weiser, sondern "Stadtentwicklung mit Augenmaß".

Aber auch der Einzelhandel ist in dieser Frage gefordert, betonte etwa der Grünen-Fraktionssprecher Herbert Guthmann: "Wir brauchen Geschäfte, die nicht austauschbar sind." Den neuen Bebauungsplan sieht er auch als "Chance für Schlungenhof", er könnte "das Dorf wieder einen".

Derzeit funktioniere die Innenstadt "sehr gut", doch das sei kein Selbstläufer, merkte schließlich noch der Rathauschef an. Die Stadt müsse hier "proaktiv" tätig werden. Dass ein Schuh- und Textilladen, noch dazu einer, der mit solchen Schnäppchenpreisen wirbt, für manches Geschäft in der Innenstadt schnell existenzbedrohend werden könnte, das haben bereits mehrere Einzelhändler gegenüber Fitz deutlich gemacht.

Im Einzelhandels- und Zentrenkonzept und in der sogenannten Gunzenhäuser Liste ist festgelegt, welche Sortimente als zentrumsrelevant gelten, das reicht von Schuhen und Textilien über Bücher bis hin zu Schnittblumen. Möbel, Baustoffe, Fahrräder oder Reiterbedarf, um einige Beispiele zu nennen, könnten dagegen jederzeit in Schlungenhof angeboten werden. Das Konzept kann laut Fitz online eingesehen werden.

Abstimmung vertagt

Anfang Januar vergangenen Jahres hatte der Stadtrat das Konzept verabschiedet. Bereits damals hatte die SPD beantragt, dass, wo notwendig, bestehende Bebauungspläne geändert beziehungsweise neue Bebauungspläne aufgestellt werden sollen. Damit wurde die Verwaltung im April 2019 beauftragt. Im Oktober brachte sie den Vorschlag ein, für das betroffene Gebiet in Schlungenhof (und entlang der Industriestraße) eine Veränderungssperre zu verhängen, die bis Inkrafttreten des noch zu erstellenden Bebauungsplans den Status quo erhalten hätte. Der Bauausschuss stimmte damals mehrheitlich zu, der Stadtrat setzte den Punkt allerdings im Dezember ab.

Nun hat Bürgermeister Fitz vom Stadtrat endlich das erhoffte "klare Signal" erhalten: Das Gremium stimmte geschlossen sowohl für die Veränderungssperre als auch die Aufstellung des Bebauungsplans.

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