Haundorf in der Corona-Pandemie: Ein Leben in der Warteschleife

16.2.2021, 17:21 Uhr
Haundorf in der Corona-Pandemie: Ein Leben in der Warteschleife

© Foto: Horst Kuhn

Bei 22 Ortsteilen seien die Kontakte enorm wichtig, sagt Bürgermeister Christian Beierlein: "Aber das fehlt total." Dies gelte auch für die Jugend. "Die schönste Zeit wird den jungen Leuten genommen. Das ist schwierig." Doch egal, ob jung oder alt: Sonst treffe man sich einfach mehr. Das fehle den Bürgern, die Kontakte seien völlig eingeschränkt. Diese Situation sei auch für ihn als Bürgermeister und für den Gemeinderat schwierig, sagt er, denn Informationen fehlten. So manche Projekte gingen nicht weiter, einfach weil die persönlichen Gespräche nicht möglich seien. "Die sind nicht zu ersetzen."


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Trotzdem hat der Bürgermeister das Gefühl, dass irgendwie alle Besserung erwarten. Von Resignation sei zumindest wenig zu spüren. Für die Anbieter von Ferienwohnungen sei die Situation gleichwohl "wirklich blöd". Aber es werde weiter geplant "in der Hoffnung auf normale Bahnen".

Das bestätigt Gertraud Winter von der Tourist-Info im Haus des Gastes. Momentan sei der Kontakt zu den Anbietern zwar eingeschränkt, aber es herrsche allgemein doch Zuversicht, sagt sie. "Wenn wieder offen ist, stehen alle Gewehr bei Fuß. Es gibt keine Ferienwohnung, die nicht geputzt ist."

Tourismus hat Haundorf "umgebaut"

Seit 30, 40 Jahren beherberge Haundorf Gäste, so Winter. Der Tourismus habe den einst landwirtschaftlich geprägten Ort "umgebaut". Da war Corona mit dem Lockdown ein schwerer Einschnitt. Zuerst habe bei den Vermietern deshalb "Schockstarre" geherrscht. Doch dann hätten alle das Hygienekonzept sehr ernst genommen und umgesetzt.

Haundorf in der Corona-Pandemie: Ein Leben in der Warteschleife

© Foto: Horst Kuhn

Trotzdem musste wieder geschlossen werden, und Gertraud Winter glaubt eigentlich kaum, dass sich diese Situation vor Pfingsten ändern wird. Doch weder sie noch die Vermieter wissen Genaues, es herrscht große Unsicherheit: "Das Leben besteht derzeit aus Fragezeichen und Geduld."

Mit genau solchen Fragezeichen schlägt sich auch Christiane Nehmeier, die Vorsitzende des örtlichen Fremdenverkehrsvereins, momentan herum. Sie und ihre Vereinsfreunde organisieren seit über 20 Jahren den traditionellen Haundorfer Herbstmarkt jeweils eine Woche nach Erntedank. Die Leute aus dem Ort warten schon immer drauf, so Nehmeier, das sei ein Highlight im Dorf und ein beliebter Treffpunkt. "Der Herbstmarkt ist auch so schön, weil man noch einmal draußen sein kann, zumal wir fast immer schönes Wetter hatten." Noch nie ist dieser Markt bisher ausgefallen – außer im vergangenen Jahr während der Coronazeit.

Bangen um den Herbstmarkt

Ob die Veranstaltung heuer stattfinden kann, ist bisher noch offen. "Das muss im Rahmen des Machbaren sein", sagt die Vereinsvorsitzende, "da muss man das Hygienekonzept abwarten." Sicher ist allerdings, dass allerspätestens im Mai mit der Planung begonnen werden müsste. Dass die Fieranten im Herbst dann kommen würden, steht für Christiane Nehmeier außer Zweifel. Diese seien bestimmt froh, weil ihnen bisher die Märkte fehlten.

Doch was tun? Die Vorsitzende will jetzt erst mal noch eine Zeitlang abwarten und schauen, wie sich die Situation entwickelt: "Ich bin sicher, dass die nächsten drei Monate entscheiden, wo die Reise hingeht."

Haundorf in der Corona-Pandemie: Ein Leben in der Warteschleife

© Foto: Dominik Mayer

Und natürlich macht Corona auch nicht vor dem mitgliederstärksten Verein der Kommune halt, dem Sportverein DJK Obererlbach. Der erste Lockdown habe ein relativ überraschendes Ende des Trainings- und Spielbetriebs gebracht, erinnert sich der Vorsitzende Dr. Markus Jungbauer. Seinerzeit sei es noch ziemlich schwierig gewesen, für Akzeptanz und Einhaltung der Regeln zu werben. Dann kam die Lockerung, das Hygienekonzept wurde ständig angepasst. "Es ging immer einen Schritt vor und einen zurück. Das war wenig spaßig."

Chats ersetzen keinen persönlichen Kontakt

Beim zweiten Lockdown sei die Akzeptanz höher gewesen, fast jeder hatte mittlerweile in seinem Bekannten- oder Verwandtenkreis einen Betroffenen oder zumindest von einem solchen Fall gehört. Derzeit wird die Verbindung der Vereinsmitglieder untereinander über Whatsapp-Gruppen gehalten, "aber das kann den persönlichen Kontakt nicht ersetzen". Dass dem Verein in diesen Zeiten die Mitglieder abhanden kommen, glaubt Jungbauer allerdings nicht. Das sei der Vorteil vom Landleben, sagt er, "wenn es losgeht, sind die Leute sicher wieder am Start".


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Ausgesprochen hoffnungsvoll ist in dieser Hinsicht auch Werner Kastner, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Haundorf und gleichzeitig Kreisbrandmeister. Allerdings räumt er ein, dass das Dorfleben derzeit schon ausgesprochen schwierig ist – "und die Feuerwehr lebt vom Dorfleben und dem Zusammenhalt". Nun aber habe es keine Veranstaltungen mehr gegeben. "Man sieht sich nur zum Einsatz, selbst Übungen sind weitgehend ausgefallen. Bei den Lehrgängen geht auch nichts voran." Es gebe eine Art Ausbildungsstau.


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Trotzdem hat auch der Feuerwehrkommandant keine Angst, dass ihm die Wehrleute abspringen. Gerade die Jugendlichen seien voller Erwartung, dass es endlich wieder losgehe, sagt er. "Die freuen sich total – trotz Corona. Wenn es weitergeht, machen die eins zu eins wieder mit."

Neue Schießstände, die nicht benutzt werden dürfen

Frust und Unsicherheit gibt es derweil beim Schützenverein Obererlbach. In dessen Schützenhaus wurde im vergangenen Jahr eine elektronische Schießanlage eingebaut, doch statt einer Einweihungsfeier kam kurz vor der offiziellen Inbetriebnahme das Aus. Jetzt gibt es zwar neue Schießstände, aber sie dürfen nicht genutzt werden. "Das tut in der Seele weh", sagt der Vorsitzende Harald Scheuerlein. Doch eins ist für ihn klar: Sobald das Training wieder erlaubt ist, wird als allererstes die Abnahme der Schießanlage beantragt, und dann geht es los.

Jedoch ist das für den Vorsitzenden nicht die einzige Sorge. Er rechnet mit einem Ende des Lockdowns irgendwann zwischen Ostern und den Sommerferien und fragt sich, wie seine Jahresplanung aussehen kann. Sitzungen, Veranstaltungen und Feste müssen organisiert werden, schließlich muss auch wieder Geld in die Vereinskasse fließen. Scheuerlein: "Aber wie soll das funktionieren? Ich weiß es nicht. Ich sehe kein Land."