Interview mit Gnotzheimer Schiri Josef Weiß: "Früher war die Akzeptanz größer"

23.12.2020, 17:10 Uhr
Interview mit Gnotzheimer Schiri Josef Weiß:

© Foto: DJK Gnotzheim

Können Sie sich noch an Ihr erstes Spiel als Schiedsrichter erinnern?

Josef Weiß: Die Prüfung habe ich im März 1981 gemacht, kurz danach muss es gewesen sein. Wahrscheinlich war es ein Jugendspiel, aber genau weiß ich es nicht mehr.

Warum Sind Sie überhaupt Schiedsrichter geworden?

Ich habe die Schiedsrichterprüfung nur gemacht, weil man sie für die B-Lizenz als Trainer gebraucht hat. Eigentlich wollte ich also Trainer werden. Die Voraussetzung für die B-Lizenz waren aber eine bestandene Schiedsrichterprüfung und zehn Spiele als Unparteiischer auf dem Platz. Ich habe dann auch mal kurz die DJK Gnotzheim trainiert in der B-Klasse. Dort habe ich zuvor ja auch gespielt.

Aber dann sind Sie ja irgendwie doch Schiedsrichter geblieben?

Nach 1981 habe ich vier Jahre Jugendspiele gepfiffen und dann auch einige Seniorenspiele. 1985 wurde mir ein Platz in der A-Klasse, der heutigen Kreisliga, angeboten. Dort war ich dann ein Jahr, da bin ich sofort in die Bezirksliga gekommen. Als aktiver Fußballer habe ich dann aufgehört, ich hatte auch viele Verletzungen.

Wie hat sich der Sport über die Jahre denn gewandelt?

Interview mit Gnotzheimer Schiri Josef Weiß:

© Foto: Wolfgang Dressler

Früher war fast alleine der Fußball maßgeblich. Die anderen Sportarten hat es kaum gegeben, zumindest auf dem Land draußen nicht. Da ist man automatisch auf den Fußballplatz gegangen. Und die Leute sind eigentlich von der D-Jugend an bei ihrem Dorfverein geblieben. Mit wenigen Ausnahmen. Inzwischen fahren viele Eltern ihre Sprösslinge ja gleich zum Club nach Nürnberg oder nach Ansbach zur Spielvereinigung.

Das Geschehen auf dem Platz hat sich aber auch verändert, oder?

Früher war es mehr Kampf, inzwischen ist es mehr ins Spielerische übergegangen. Die Zweikämpfe waren hart, es gab viele Pressschläge und dadurch auch viele Verletzungen. Zum Beispiel auch wegen Tritten von hinten. Manches davon wären mittlerweile klare rote Karten. Dann kam aber immer mehr Technik ins Spiel.

Sie haben ja auch höherklassig gepfiffen – was ist dort anders?

Ja, ich habe von 1986 bis 1996 auf Bezirksebene gepfiffen, damals also noch Bezirksliga und Bezirksoberliga. Da waren wir dann zu dritt als Gespann unterwegs. Man wurde auch beobachtet und jedes Jahr sind Schiedsrichter wieder aus der Bezirksebene abgestiegen. Da war schon Druck da. Je höher man kam, desto mehr wurde natürlich auch technisch gespielt und auch die Verletzungen wurden weniger. Ich bin jetzt 40 Jahre Schiedsrichter und habe zum Glück wenige schwere Verletzungen gesehen. An einen Schien- und Wadenbeinbruch bei einem Torwart erinnere ich mich, zum Beispiel.

Ist der Respekt vor den Schiedsrichtern heute geringer als früher?

Ja, würde ich schon sagen. Es kommt natürlich immer darauf an, wo man pfeift, aber insgesamt schon. Man liest ja auch immer mehr von Vorkommnissen, wo Schiedsrichter attackiert werden. Zuschauer, die reingebrüllt haben, und den Schiedsrichter beeinflussen wollten, hat es schon immer gegeben. Aber tätliche Angriffe oder Spieler, die einem die Karte aus der Hand nehmen und sie zerreißen, das war seltener. Man war als Schiedsrichter mehr anerkannt, die Akzeptanz war größer.

Interview mit Gnotzheimer Schiri Josef Weiß:

© Foto: Julia Lamatsch

Haben Sie ein Vorbild in Sachen Spielleitung?

Pierluigi Collina war für mich immer einer der großen Schiedsrichter. Das war hervorragend.

Wie lange können und wollen Sie noch pfeifen?

Momentan pfeife ich noch bis zur Kreisklasse. Ich will mich fit halten und auf Ballhöhe sein. Ich will nicht auf dem Sportplatz stehen und mich vom Anstoßkreis aus immer nur fünf Meter rauf und runter bewegen. Man muss sich schon in der Diagonale von Strafraum zu Strafraum bewegen, um spielnah zu sein und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Deswegen halte ich mich auch läuferisch fit. Selbstverständlich gehören auch regelmäßige Unterrichtsabende mit Regelkunde dazu.

Wie lange schaffen Sie das noch?

Noch bin ich gut drauf (lacht). Ich habe das immer als Ausgleich gebraucht. Ich war 27 Jahre ehrenamtlicher Bürgermeister von Gnotzheim und saß als Personalsachbearbeiter auch sonst im Büro. Das Pfeifen hat mir immer Spaß gemacht und das ist auch weiterhin so.

Besonders viel Nachwuchs gibt es ja ohnehin nicht...

Ja, es fehlt der Nachwuchs. Als Ich angefangen habe höherklassig zu pfeifen, hatten wir im Raum Jura Süd einen Bayernliga-Schiedsrichter, drei, vier, Leute, die Landesliga gepfiffen haben und noch einige Schiedsrichter auf Bezirksebene. Das ist mittlerweile alles nicht mehr. Die Jungen haben heute oft auch die Zeit nicht mehr. Die machen ihr Abitur und studieren dann irgendwo in München oder so. Dabei brauchen wir dringend junge Leute, die Schiedsrichter werden wollen. Das macht Spaß, man ist da ja auch ein wichtiger Teil des Sportes. Und man hat übrigens freien Eintritt zu allen Bundesligaspielen.

Gibt es ein Spiel, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

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© Foto: DJK Gnotzheim

Ja, zum Beispiel eines aus meinem ersten Jahr in der Bezirksliga, das war ein Spiel im Schwäbischen, in Holzheim. Da habe ich haufenweise gelbe und rote Karten verteilt. Wenn man zu viele Karten zeigt, verlieren die aber ihre Wirkung. Deswegen ist mir das in dem Spiel dann auch ziemlich aus dem Ruder gelaufen. Ich hatte zwei ältere Assistenten dabei, die mir gesagt haben, du kannst nicht bei jedem Foul eine Karte geben. Ich konnte das Spiel aber nicht mehr beruhigen und war nicht mehr Herr der Lage. Aber daraus kann man lernen. Das größte Lob als Schiedsrichter ist, wenn hinterher beide Mannschaften zufrieden sind, egal, ob sie gewonnen oder verloren haben.

Sie waren ja auch Bürgermeister – ist man da auch eine Art Schiedsrichter?

Ja, denn da musste ich auch Entscheidungen treffen, die nicht immer allen gepasst haben. Wir haben in Gnotzheim ein Neubaugebiet ausgewiesen für junge Leute, die hier bauen wollen. Nachdem ein Landwirt gegen den Bebauungsplan geklagt hat, musste das Verfahren bis zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geführt werden. Da musste ich mich mit dem Gemeinderat auch entscheiden, wie weit gehe ich? Man muss in beiden Bereichen klare Entscheidungen treffen können und Farbe bekennen.

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