"Lieder am See": Status Quo sind Headliner

24.7.2018, 06:02 Uhr

© Günter Distler

Das künstlerische Konzept der Festival-Macher vom Concertbüro Franken (CBF), Bands an den Großen Brombachsee zu holen, "die in ihrer Glanzzeit richtig große Nummern waren", wie es CBF-Geschäftsführer Guido Glöckler formuliert, funktioniert in den letzten Jahren immer besser — und wird so beibehalten. An einigen Details, die das Publikum monierte, haben Glöckler, sein Kollege Axel Ballreich, die Stadt Spalt sowie die dortige Brauerei als Hauptsponsor kräftig gefeilt (siehe Kasten unten).

Musikalisch seien die "Lieder" heuer als "Rock ’n’ Roll mit Pop-Anklängen" einzuordnen, sagt Ballreich. Status Quo und die unverwüstliche Spider Murphy Gang seien "zwei gute Rock-’n’-Roll-Bands in der nationalen beziehungsweise internationalen Spitze". Dazu hat das CBF den kurzzeitigen Genesis-Sänger Ray Wilson gepackt, die Hardrocker von Wishbone Ash und die "Könige der feurigen Flamencorhythmen", wie es in einer Ankündigung heißt, die Gipsy Kings. Die freilich wegen eines Streits um die Namensrechte der Band nicht mehr so heißen dürfen.

Und so firmieren die Musiker, die Ende der 1980er-Jahre mit dem Mega-Hit "Bamboleo" berühmt wurden, heute unter dem reichlich kuriosen Zungenbrecher-Namen "The Original Gypsies — Reunion of the four former members of the legendary Gipsy Kings". Da schmunzelt auch Ballreich, sagt aber auch: "Die vier Musiker sind die gleichen wie damals, und die sind gut."

Er spricht von einer "interessanten Mischung", die sein Kollege Glöckler für den Jahrgang 2018 der "Lieder am See" zusammengestellt hat. "Nicht so gleichmäßig wie bisher", aber alle Bands seien in den 1970er- und 1980er-Jahren sehr erfolgreich gewesen.

Das gilt zwar nicht für Ray Wilson selbst, aber ganz sicher für die Band, deren Musik er interpretiert: Genesis, in der Ära Peter Gabriel ("The Lamb Lies Down On Broadway") eine der innovativsten Formationen der Rockgeschichte, später dann unter Phil Collins kommerziell überaus erfolgreich im Pop-Business. Ray Wilson war ab 1996 für etwa zwei Jahre die Stimme von Genesis, lebt heute in Polen und davon, dass er die Songs der Supergroup live interpretiert. "Er macht das gut", sagt Ballreich. Und er spiele auch viele Titel aus der Peter-Gabriel-Ära.

© Foto: Veranstalter

Als nächste werden gegen 15.45 Uhr die Hardrocker von Wishbone Ash die Bühne erklimmen. "Unsere dienstälteste Band", sagt Ballreich, "die veranstalten wir schon seit über 30 Jahren." Und das in gleichbleibender Qualität und vor einem treuen Publikum: "Die haben noch nie ein schlechtes Konzert gespielt, deshalb kommen die Leute immer wieder." Die Zuschauerzahl im CBF-eigenen Musikclub "Hirsch" in Nürnberg differiere bei den alljährlichen Auftritten der 1969 gegründeten Band um Gitarrist Andy Powell "um höchstens mal 20 Leute".

Mit ihrer exklusiven Mischung aus bayerisch und Rock ’n’ Roll sowie einer gewissen "Rosi", die einen "Skandal im Sperrbezirk" verursacht, landeten Günter Sigl und seine Spider Murphy Gang 1982 einen Mega-Hit. Seit dieser Zeit sind die Münchner — mal besser, mal etwas weniger gut — im Geschäft und haben inzwischen längst Kult-Status erreicht. Nachdem die "Gang" 2017 zum 40-jährigen Bestehen zweimal hintereinander die Olympiahalle ausverkauft melden konnte, sind sie nun auch reif für eine gute Stunde Spaß-Rock am Brombachsee-Ufer.

Wesentlich mehr Spaß als das Aussprechen ihres Namens dürfte anschließend (etwa 19.40 Uhr) auch die Musik der "Gypsies" machen. Die Brüder Patchai, Canut und Paul Reyes sowie ihr Schwager Chico haben sogar ein neues Album im Gepäck, das sie in Enderndorf präsentieren werden.

Das Finale des langen "Lieder"- Tages bestreiten dann ab 21.45 Uhr die Erfolgs-Rocker von Status Quo, die nach einer mäßig erfolgreichen Akustik- und einer Rock-meets-Classic-Episode wieder schwer unter Strom stehen. Die Band, die rund 120 Millionen Platten verkauft und etwa 6000 Konzerte gespielt hat, will heuer noch eine neue Platte aufnehmen und tritt live entsprechend selten auf; in Bayern ist sie heuer nur zwei Mal zu sehen.

Zu ihrer "interessanten Musik-Mischung" erwarten Axel Ballreich und Guido Glöckler "etwa so viele Zuschauer wie im letzten Jahr, also zwischen 5500 und 6500". Eine ganz wesentliche Rolle werde dabei das Wetter spielen, denn die in Würde ergrauten Rock-Fans ließen sich nicht mehr bei jeder Witterung ins Freie locken. "Wir haben 2017 rund 2000 Tickets in der Woche vor dem Festival und an der Tageskasse verkauft", sagt Ballreich. Motto: Erst mal seh’n, wie’s Wetter wird.

Überhaupt sei das Publikum der "Lieder am See" ein ganz besonderes, sagen die Veranstalter: "Die Anspruchshaltung ist hoch", so Glöckler, für Fehler und Versäumnisse hagle es massive Kritik. Dennoch könne man, nach etlichen schweren, auch defizitären, Jahren sagen, dass man sich mit der "Ausnahmeveranstaltung" (Spalts Bürgermeister Udo Weingart) inzwischen ein treues Stammpublikum erworben habe und auch zunehmend bundesweit registriert werde. "Wir haben damals mit einem Open-Air-Festival für die Generation 40 plus Neuland betreten", sagt Glöckler. Und erklärt auch gleich, was er damit meint: "In der Zeit davor hast du mit 50 den Rock ’n’ Roll beerdigt. Heute gehst du raus nach Enderndorf und feierst bei den ,Liedern am See’".

 

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