Mann aus Altmühlfranken soll 13-Jährige im Netz belästigt haben

9.7.2019, 05:58 Uhr
Mann aus Altmühlfranken soll 13-Jährige im Netz belästigt haben

© David Ebener/dpa

Und trotzdem passiert es, warum, weiß hinterher eigentlich keiner so recht. In früheren Jahren gingen Kinder in diesem Alter mit klopfendem Herzen in einen Kinofilm, der ab 16 Jahren oder noch gruseliger, sogar erst ab 18 Jahren angeschaut werden kann. Heutzutage können Jugendliche über solche "Mutproben" nur müde lächeln. Sie umschiffen elegant eine winzige Barriere in Form eines Buttons, der lediglich fragt, ob man bereits 18 Jahre alt und damit erwachsen ist. Und schon ist man drin in Seiten, die alles, nur nicht harmlos sind. Jetzt beschäftigte sich das Jugendschöffengericht Weißenburg genau mit so einem Fall.

Angeklagt war ein 47-Jähriger aus dem Landkreis, der seinen Unterhalt als Sicherheitsfachkraft bestritt. Dem allein lebenden Mann machte es offensichtlich sehr viel Spaß, in einschlägigen Foren "zwanglos über Sex zu reden". Auf vielen Seiten war er registriert mit seinem Profil, seinen Vorlieben und so weiter. Und hatte er jemanden an der Angel, also eine Frau, die sich auf eben jener Seite bewegte, sein Profil anklickte und so einen Kontakt herstellte, wurde "lustig" drauflos gechattet.

Dabei blieb es nicht. Relativ schnell ging es "zur Sache": Fotos sollten gewechselt werden, natürlich sollte alles zu sehen sein. Und wo ist hier das Problem? Das Alter der Frau. So sieht es Staatsanwalt Thees Struthoff. Er beschuldigte Erich L., gewusst zu haben, wie alt Rebecca (alle Namen geändert) zum Tatzeitpunkt war, nämlich erst 13 Jahre. Konkret ging es darum, dass Rebecca ihm Bilder und Videos schicken sollte, auf denen zu sehen ist, wie sie sexuelle Handlungen an sich selbst ausführt. Im Gegenzug schickte er dem Kind Fotos von seinem Penis.

Damit sich alle Verfahrensbeteiligten ein eigenes Bild machen konnten, wurde seitenlang aus diesem Chat zitiert. Ungerührt hörte Erich L. den Ausführungen des Staatsanwaltes zu. Groß gewachsen, kurzer Haarschnitt, Vier-Tage-Bart, schwarze Jeans, schwarzes T-Shirt. Sein Rechtsanwalt, Dr. Malte Magold aus Nürnberg, spricht mit folgenden Worten für ihn: "Unter Erwachsenen sind solche Dialoge komplett straffrei und nicht der Rede wert."

Ganz anders die Gegenseite. Rebecca kam mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater, samt Rechtsanwalt Robert Glenk aus Forchheim. Rebecca ist heute 15 und von den Ereignissen von vor zwei Jahren völlig verzweifelt. Sie ritzte sich, unternahm einen Suizid-Versuch und ist nur noch ein Schatten ihrer selbst.

Da stimmt etwas nicht

"Ich bin erst 13", soll sie dem Angeklagten geschrieben haben. Das, so der Vorwurf der Nebenklage, soll der Angeklagte billigend in Kauf genommen haben. Dass dabei etwas nicht stimmen kann, kritisierte auch Richter Christian Eichhorn: "Sag keinem Bescheid, was wir hier tun", schreibe man nicht, wenn es sich um einen Erwachsenen handelt.

Erich L. kann sich daran nicht mehr erinnern, auch nicht daran, dass er etwas vom Alter von Rebecca gelesen habe. Selbst ein halbstündiges Rechtsgespräch mit allen Beteiligten (Richter, Schöffen, Anwälte) brachte keinen Durchbruch. Ein "Agreement", also eine Vereinbarung über eine günstigere Strafe bei vollem Geständnis, blockte Erich L. ab. "Ich habe mir nichts vorzuwerfen", sagte er, aber auch, dass es ihm leid tue, dass er sich mit einer Minderjährigen statt einer Erwachsenen ausgetauscht habe.

Er erzählte, dass ihm viele Frauen unaufgefordert ihre Telefonnummern schicken, damit sie dann mobil über WhatsApp kommunizieren könnten. "Ich will nur versaut schreiben, mir gefällt es und vielen anderen auch", sagte er zu seinen Vorlieben. Entsprechend überrascht war er, als eines Tages die Polizei bei ihm vor der Tür stand und alle elektronischen Geräte konfiszierte. Die weiteren Ermittlungen übernahm das Kommissariat 13 im Polizeipräsidium Mittelfranken in Nürnberg. Dort werden Sexualdelikte betreut.

Kriminaloberkommissarin Therese Baier war als Zeugin geladen und berichtete, dass sämtliche "strafrelevanten" Chat-Verläufe ausgewertet seien. "Nach und nach bin ich zu Rebecca durchgedrungen", sagte sie und berichtete von deren großen psychischen Problemen. Der Angeklagte habe sie im barschen Ton aufgefordert, ihm die Dateien zu schicken, aber ihr nicht gedroht.

Es ging hin und her, mal suchte der Staatsanwalt, dann der Nebenkläger im 439-seitigen Chatverlauf nach entscheidenden Sätzen, die das Alter von Rebecca verrieten, Erich L. und sein Anwalt, blieben unbeeindruckt.

Das muss ein weiterer Verhandlungstag in einigen Wochen klären.

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