Martin Freund hat sich als Autor einen Namen gemacht

2.12.2017, 12:24 Uhr
Martin Freund hat sich als Autor einen Namen gemacht

© Kristy Husz

Schuld an Martin Freunds Traum vom eigenen Buch ist – ein Traum. Und das ist durchaus wörtlich gemeint. Als der gelernte Speditionskaufmann und Verkehrsfachwirt 2008 nämlich eines Morgens wie Kafkas Gregor Samsa aus unruhigem Schlaf erwacht, beschließt er, die nächtlichen Bilder zu Papier zu bringen. Bislang hat es die Notiz zwar in keines seiner Werke geschafft. Aber die Leidenschaft, sich schwarz auf weiß auszudrücken, ist damals eindeutig entflammt: Vier Jahre später kommt "Narbenschmerzen" heraus; eine eigenwillige Geschichte, die unter anderem von Liebe und Verlust handelt.

Krimi und Kinderbuch

Und die ein klassisches "Bauchbuch" ist, wie der Autor bemerkt. Denn relativ unbedarft nimmt er sein literarisches Debüt in Angriff, lektoriert das Manuskript im engsten Kreis selbst, freut sich über den ersten Verlagsvertrag und wird, bei allem Stolz, tatsächlich ein bisschen von der positiven Resonanz überrascht. Plötzlich findet er sich – beginnend mit der Weißenburger Bücherschau 2012 – auf Lesungen wieder, erntet wohlwollende Kritiken und fühlt sich unter Zugzwang, möglichst schnell "nachzuliefern".

In rascher Folge entstehen so der im Landkreis angesiedelte Regionalkrimi "Eine Bagatelle" sowie das Kinder- und Freundschaftsbuch "Mäuserich und Karli". Wer hier einen roten Genre-Faden vermisst, hat richtig beobachtet: Auf eine einzige Stilrichtung will sich der gebürtige Niederbayer nicht festlegen. Dass er so nur bedingt mit den Vorstellungen mancher Verleger von einer stringenten Wortschmiedekarriere konform geht, ist ihm bewusst.

Dank eines sicheren "Brotjobs" in München ist er jedoch in der glücklichen Situation, sich beim Schreiben nicht verbiegen zu müssen und den Spaß womöglich aus den Augen zu verlieren. Was natürlich nicht heißt, dass er sich keine Beachtung und Erfolge wünscht – wie wahrscheinlich jeder, der zum Stift greift.

Als Spätzünder im Literaturbetrieb hat Martin Freund, Jahrgang 1966, zunächst einen ganz anderen Weg eingeschlagen. Obwohl er als Junge im heimatlichen Landshut das Schulfach Deutsch liebt und gern Kurzgeschichten verfasst, richtet er seine Aufmerksamkeit irgendwann vom Texten aufs Lesen, bevorzugt Thomas Mann, Lion Feuchtwanger und John Irving. Er beginnt eine Keramikerlehre, schult aus gesundheitlichen Gründen allerdings zum Speditionskaufmann um. Am Arbeitsplatz am alten Münchner Flughafen Riem lernt er seine spätere Ehefrau Brigitte, eine Nürnbergerin mit Wurzeln in Weißenburg, kennen.

Nachdem in Riem die Pistenlichter unwiederbringlich ausgeknipst worden sind, landet er schließlich bei der Firma "Instrument Systems". Ein Hersteller optischer Messegeräte mit Sitz in der Landeshauptstadt, wo Freund die Abteilung für Export-Aufträge mit aufbaut. Zugleich hält er sich mit seiner Frau immer häufiger bei seinen schwer erkrankten Schwiegereltern in Weißenburg auf, bis das Ehepaar eines Tages des Pendelns zwischen dem teuren Unterhaching und Franken überdrüssig ist und ebenfalls in die Römerstadt übersiedelt.

In diese Zeit fällt auch der eingangs erwähnte Traum. Und so ist Freund seitdem in Teilzeit vom Home-Office aus tätig und widmet sich nebenbei, mit einem Augenzwinkern, einem hochgesteckten Ziel: "Jedes Jahr ein Buch." 2016 ist es der Erzählband "Bernsteinjahre", dessen behutsam geschilderte Schicksalswendungen sehr gut aufgenommen werden und den Schriftsteller auf mehr als 30 Lesestationen von der Leipziger Buchmesse über den Ingolstädter Westpark bis nach Waldkraiburg am Inn führen.

Absolute Hingabe

Aber Reklame in eigener Sache sind solche Veranstaltungen nicht zwingend, und das "Wurschtigkeitsgefühl" der Anfangsjahre ist, ziemlich menschlich, dann doch einer gewissen Erwartungshaltung gewichen. Ohne absolute Hingabe sowie Mitwirkung an arrivierten Reihen wie "Schwabach liest", dem Gunzenhäuser Literaturkreis "Lesen und lesen lassen" oder dem Kulturprogramm im Westheimer "Steinhof" wäre das Herumreisen also manchmal eher unbefriedigend, wie Martin Freund gesteht.

Anders das Schreiben, das er nicht mehr missen möchte und mittlerweile von einem kleinen Verlagshaus bei Frankfurt fachkundig betreut wird. Insbesondere gilt das für sein neuestes Buch "Zwischenweltenzeit" – für Freund der Glanzpunkt seiner bisherigen Autorenvita. Von der angenehmen Zusammenarbeit mit einer zu seinem Kummer inzwischen in die USA ausgewanderten Lektorin über das markante Cover, das er einer Entdeckung bei den Weißenburger Fototagen zu verdanken hat, bis hin zum Inhalt ist er mit diesem Werk das erste Mal vollauf glücklich.

Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass es von Familienmitglied "Biggi" inspiriert worden ist. So lautet nicht bloß ein Spitzname seiner Frau; zufällig heißt so außerdem die Tierheimhündin, die das Ehepaar Freund 2014 zu sich holt und die bei den täglichen Gassi-Runden für fantasievolle Ideen sorgt:

Ursprünglich ist nämlich eine verängstigte, unter einem Schrank hausende Fellnase die Hauptfigur der Geschichte. Diese wächst zu einer spannend zu schmökernden Dystopie im Stil von H. G. Wells an, als Freund vermehrt politische und philanthropische Gedanken einflicht.

Bleibt zum Schluss die Frage, was seinen Lesern bei so viel Abwechslungsreichtum als Nächstes vorgelegt wird. Ein fluffiger Landshut-Krimi könnte es sein, denn der durchläuft in der heimischen Wortwerkstatt momentan die Feinschliffphase.

Und allzu lange sollte man Martin Freund zufolge nicht an einem Text feilen, "irgendwann glättet man ihn sonst zu Tode" und dabei machten ja gerade die Spitzen ihn einzigartig. Über eine baldige Veröffentlichung dürfte sich wohl nicht nur seine Mutter – nach wie vor wohnhaft in Landshut und einer seiner größten Fans – freuen.

Martin Freund, Zwischenweltenzeit, 220 Seiten, Wenz Verlag, 11,95 Euro, ISBN 978-3-937791-48-7.

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