Mutiges Experiment: So will Gunzenhausen 2020 Kirchweih feiern

9.7.2020, 14:53 Uhr
Mutiges Experiment: So will Gunzenhausen 2020 Kirchweih feiern

© Wolfgang Dressler

Geplant ist ein Volksfest, das zeitlich gestreckt und auf rund ein Dutzend verschiedene Stellen in der Stadt verteilt ist – und damit sowohl die Kerwa-Fans beglückt, wie auch die (vermutlich auch dann noch) geltenden Hygieneregeln berücksichtigt.

"Großveranstaltungen sind bis Ende Oktober nicht möglich", stellte Bürgermeister Karl-Heinz Fitz gleich zu Beginn eines Pressegesprächs zum Thema klar: "Also wird es eine klassische Kirchweih heuer nicht geben." Aber anstatt vor Corona zu kapitulieren, berief der Rathaus-Chef eine Gesprächsrunde ein, die über mögliche Alternativen nachdenken sollte. Mit dabei: die beiden Festwirte Andreas Widmann und Horst Gruber, das Ehepaar Zöllner als Festplatz-Organisatoren, Vertreter der Brauereien Spalter und Landwehr sowie Wolfgang Eckerlein, der Leiter des städtischen Tourismus-Amtes.

Das Ergebnis der Experten-Runde: Es wird eine neue Art von Kirchweih geben, abseits des Festplatzes am Schießwasen und die Altstadt verteilt. Im Gespräch sind die Weißenburger Straße vor dem Redaktionsgebäude des Altmühl-Boten, die Parkplätze in der Waagstraße, der Sparkassen-Parkplatz und der Marktplatz bis zum Modehaus Steingass. Im Falkengarten soll Festwirt Gruber einen von 10 bis 20 Uhr bewirtschafteten Biergarten einrichten, in dem etwa 150 durstige Gäste Platz finden.

Mutiges Experiment: So will Gunzenhausen 2020 Kirchweih feiern

© Jürgen Eisenbrand

Das Interesse der Schausteller, die seit Monaten keine Einnahmen mehr verbuchen konnten, ist durchaus vorhanden, verriet Wolfgang Eckerlein. Zwar hätten einige in der Zwischenzeit schon andere Jobs angetreten, manche hätten ihre Stände oder Fahrgeschäfte auch für heuer bereits eingemottet. Wieder andere müssten genau kalkulieren, ob sich ein Einsatz in der Altmühlstadt angesichts der Hygiene-Vorschriften (Desinfektion eines Luftgewehrs nach jedem Kunden) wirklich lohnt. Aber: "Zehn Flächen sind schon belegt", freut sich Eckerlein.

Und so können sich die Gunzenhäuser und die auswärtigen "Kirchweihbären" unter anderem auf zwei Schießbuden, zwei Karussells, ein Trampolin und diverse Imbissbuden freuen. Das kulinarische Angebot komplettieren die Gunzenhäuser Gastronomen, von denen einige von sich aus im Rathaus eine Wirtshaus-Kerwa ins Gespräch gebracht hatten, und die sich nach Fitz’ Vorstellungen mit besonderen Aktionen und Gerichten an dem bunten Treiben beteiligen sollen.

Kerwabaum und Gottesdienst

Die Festplaner im Rathaus denken zudem daran, mit Unterstützung der Kerabuam und -madli wieder einen Kirchweihbaum aufzustellen, ein Kinderbaum sei ebenfalls prinzipiell möglich. Und für den 13. September ist – wie es sich für eine Kirchweih gehört – auch ein Festgottesdienst vorgesehen.

Die Spalter Brauerei wird wieder mit ihrem exklusiven Gunzenhäuser Kirchweihbier verwöhnen – allerdings wird das wohl nur in den Gaststätten gezapft werden. Denn Festwirt Widmann hat das Angebot, ebenfalls einen Biergarten zu betreiben, nicht wahrgenommen und darauf verwiesen, dass viele Gastwirte in größerer finanzieller Not seien als er; diesen wolle er dieses Festgeschäft nicht wegnehmen. Was Fitz eine "ehrbare Entscheidung" nannte.

Falls sich noch weitere interessierte Schausteller melden und die verfügbaren Standplätze deshalb knapp werden sollten, hat Eckerlein übrigens noch eine Idee parat: Nach dem Vorbild von Fotomeister Harald Braun, der seinen Hinterhof für ein Karussell zur Verfügung stellt, könnten sich noch weitere Gunzenhäuser bei ihm melden, die glaubten, geeignete Grundstücke zu besitzen (Kontakt-Telefon: 09831/508-300).

Es ist also, dem Virus zum Trotz, einiges an Kirchweihtreiben geboten – auch wenn der althergebrachte Begriff "Kirchweih" im Rathaus auf wenig Gegenliebe stößt. "Das klingt zu sehr nach Großveranstaltung", sagt Karl-Heinz Fitz. "Und das geht nun mal nicht." An einem neuen, griffigen, den Umständen angepassten Namen für die Sause werde noch gefeilt, heißt es.

Biergarten ohne Musik

Klar ist freilich auch, dass die Feier-Fans auf einige liebgewonnene Aktivitäten heuer verzichten müssen: Die Eröffnungszeremonie am Marktplatz fällt ebenso flach wie der Festzug und das Feuerwerk, zählt Wolfgang Eckerlein auf. Große Fahrgeschäfte wie etwa ein Autoscooter oder das Riesenrad wird der Besucher vergeblich suchen, genau wie das Kirchweihschießen oder das beliebte "Fränkisch aufgspielt" am Marktplatz. Im Biergarten wird es keine Musik geben, und auch der stets gut besuchte Seniorennachmittag muss – Stichwort: Hochrisikogruppe – ausfallen.

Kirchweih-Nachtschwärmer haben es ebenfalls nicht leicht: Fahrgeschäfte und Buden schließen, ebenso wie der Biergarten im Falkengarten, um 20 Uhr. Wer danach noch einen brennenden Durst verspürt kann diesen aber in den Gasthäusern ganz sicher ausreichend stillen – an den Ständen wird kein Alkohol ausgeschenkt werden.

Rathaus-Chef Fitz ist überzeugt, mit der Innenstadt-Kerwa, die keine Kirchweih sein soll, dem Feier-Volk aller Altersklassen eine gute Alternative anbieten zu können. "Man hätte es sich einfacher machen können und die Kirchweih einfach absagen", sagt er, "aber der leichte Weg ist nicht immer der beste." Und er empfiehlt allen, die dennoch dem Treiben auf dem Schießwasen nachtrauern, "sich schon jetzt auf die Kirchweih 2021 zu freuen".

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