Trauriges Ergebnis: Viele Fälle von Wilderei in Altmühlfranken

20.4.2021, 06:01 Uhr
Trauriges Ergebnis: Viele Fälle von Wilderei in Altmühlfranken

© Martina Widuch

Das wiederum liegt an drei Landkreisen, die auf den vorderen Rängen im "Tatort Natur"-Report zu finden sind. Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim ist auf Platz zwei: mit sieben Fällen, bei denen insgesamt zehn Tiere qualvoll zu Tode gekommen sind. Weißenburg-Gunzenhausen befindet sich gemeinsam mit Pfaffenhofen an der Ilm (Oberbayern) auf Rang vier (je 6/8). Roth (4/9) bildet die Nummer sechs. Das schlimmste Ergebnis liefert Cham (Oberpfalz, 8/42). Hier fiel ein ganzer Vogelschwarm einem Giftköder zum Opfer, was die Todeszahl der Statistik nach oben katapultierte. Fünfter ist Landshut (6/3, Niederbayern). Insgesamt mussten 75 Fälle verzeichnet werden.

Jährliche Dokumentation

Ab sofort soll eine solche Dokumentation jährlich erscheinen, kündigte bei der Tagung Franziska Baur an. Sie ist Naturschutzreferentin der Gregor Louisoder Umweltstiftung (GLUS), die gemeinsam mit dem Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) das Projekt ins Leben gerufen hatte. So gibt es nun erstmals "eine bayernweite Meldeplattform" (www.tatort-natur.de).

Doch damit sei man erst am Anfang der Arbeit: "Wir gehen davon aus, dass wir bislang nur an der Spitze des Eisbergs kratzen", betonte Baur. Für ein lückenloses Monitoring sei eine zeitnahe und vollständige Meldung besonders wichtig: "Bei der Polizei und bei uns!" Auf der Website gibt es dafür ein eigenes Formular.

121 Tiere aus 17 Arten

Insgesamt kommt man im Berichtszeitraum auf 121 betroffene Tiere aus 17 Arten. Es eröffnet sich ein Panoptikum des Grauens: Im Berchtesgadener Land wurde ein Auerhahn mit einer Armbrust beschossen, wie die Referentin schilderte. Im Landkreis Regen verhungerte ein Luchs nach einem Anschuss. Schon 2017 seien einem weiteren Exemplar Kopf und Vorderpfoten abgetrennt, ein Jahr später Kopf und Krallen eines Mäusebussards provokativ ausgelegt worden. Einen aktuellen Vorfall wusste der LBV-Landesfachbeauftragte Andreas von Lindeiner zu vermelden. Am Tag vor der Veranstaltung hätten Spaziergänger mit Hund drei geköpfte Biber bei Freising entdeckt. Der tierische Dammbauer ist als Opfer bei den Straftätern sehr begehrt.

Trauriges Ergebnis: Viele Fälle von Wilderei in Altmühlfranken

© Screenshot: Jürgen Leykamm

Vor dem Biber finden sich ausnahmslos Großvögel auf der Liste: An erster Stelle der Rotmilan, dessen Hälfte der Weltpopulation sich in Deutschland tummelt. Unter anderem musste bereits ein Elternpaar dran glauben, die Jungtiere konnten von einem Ornithologen gerettet werden. Ein anderes Tier sei regelrecht ins Kreuzfeuer von allen Seiten genommen worden. Auf den folgenden Plätzen befinden sich Mäusebussard, Turmfalke und Uhu.


Vor zwei Jahren starb in Dittenheim ein Rotmilan an einem verbotenen Gift


Wenn die Täter erwischt werden, drohen ihnen laut dem Referenten bis zu fünf Jahre Haft. Nicht nur das Töten, sondern auch schon das Verfolgen oder Fangen stünden unter Strafandrohung. Häufiges Motiv stelle "das Ausschalten der Konkurrenz um die Jagdbeute" dar, so Lindeiner. Die Trophäenjagd, die Lust an der Tierquälerei oder der Hass auf Naturschützer trieben Menschen ebenso zu solchen Untaten. Aber zugleich ganz "praktische" Gründe wie etwa das Ermöglichen von Windkraftanlagen: Erneuerbare Energien fördern durch das Töten von Tieren – an Zynismus ist das schwer zu überbieten.

Gift wird am häufigsten angewandt

Rache für Haustiere werde ebenso gern verübt. Paradoxerweise kamen laut Report aber gerade dadurch eine Katze und ein Hund ums Leben. Die häufigste Verfolgungsmethode sei das Vergiften. Besonders perfide: Zur Osterzeit hätten Täter bei Landshut entsprechend präparierte Eier ausgelegt – in Kauf nehmend, "dass diese auch Kinder aufsammeln", so Lindeiner entsetzt. "Ostereier" mit unabsehbaren Folgen.

Als häufigstes Gift käme Carbofuran zum Einsatz, das Koliken und Herzstillstand auslöst: Es werde als bläuliches Granulat oder in flüssiger Form in Pink ausgelegt: "Auf keinen Fall anfassen!", erging hier die Warnung. Der Fang mit Fallen oder Abschüsse zählen zu den weiteren Verfolgungsarten, ebenso das Zerstören von Horsten oder das Fällen ganzer Horstbäume. "Die Behörden sollten alle Fälle ernst nehmen und auch im Zweifelsfall ermitteln", forderte der Referent. Was immer öfter auch so geschehe. Wie etwa beim Durchkämmen des "niederbayerischen Giftedreiecks Straubing–Deggendorf–Dingolfing", wo im Januar Mäusebussarde auf unerklärliche Weise verschwanden.


Auch bei Nordstetten wurde schon ein vergifteter Greifvogel gefunden


Oft loben sowohl die Polizei als auch der LBV Belohnungen aus. Im Fall der toten Jungstörche in Spalt ist der Verband allerdings übers Ziel hinausgeschossen. "Da wollten wir ein zeitnahes Ergebnis und haben deswegen diese Ermutigung ausgesprochen", zumal die Tiere bei der Polizei als Abschüsse gemeldet gewesen seien. Weder aber habe sich dies bestätigt noch eine Gifteinwirkung festgestellt werden können.


Darum braucht der Rotmilan Schutz


Leise Kritik an den Behörden gab es von Baur: Bei drei toten Uhus seien die Fälle nicht weiter untersucht worden – "trotz deutlicher Hinweise auf eine Straftat." Die Aufklärungsquote an sich ist bislang ernüchternd. Es gibt nur eine einzige, rechtskräftige Verurteilung – für einen Täter, der im Landkreis Rosenheim einen Biber mit einer illegalen Schlagfalle erlegte. Der Jagdpächter muss hierfür eine Strafe von 1500 Euro zahlen.

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