Neue Auflage von "Kunst vor Ort" in Markt Berolzheim

2.6.2018, 12:32 Uhr
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© Philipp Hruschka

"Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge zieh’n. Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn." In diesem Zitat aus einem Gedicht von Rainer Maria Rilke fand Veranstalterin Alexandra Walczyk die Inspiration für Titel und Thema der diesjährigen Ausgabe von "Kunst vor Ort". Die Künstlerin zeigte nach einer Pause im letzten Jahr wieder viele ihrer eigenen Werke, die sich thematisch mit den Ureinwohnern Amerikas sowie mit der Natur und den vielen verschiedenen Formen, die das Leben annimmt, befassen.

Bereits früh in ihrem Leben hatte Walczyk begonnen, sich für Indianer zu interessieren. Schon mit 14 Jahren, lange vor Handys oder Internet, schrieb sie an ein Reservat in den USA. So begann ein langjähriger Kontakt, der vor drei Jahren bei "Kunst vor Ort" unter dem Titel "Das andere Amerika" zu einem persönlichen Besuch aus Übersee führte.

Für die Ausstellung konnten wieder einige tolle Künstler aus der Region gewonnen werden, von denen die meisten bei der Vernissage selbst anwesend waren. So hatten die Gäste ausgiebig Gelegenheit, sich über die eigenen Eindrücke von den ausgestellten Werken mit den Künstlern auszutauschen.

Aquarell und Öl

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© Philipp Hruschka

Unter den Bildern und Skulpturen fanden sich unterschiedlichste Techniken. Sabine Koloska zeigte ihre Aquarellbilder und -grußkarten, der gebürtige Kirgise Wladimir Barantschikov aus Gunzenhausen war erneut mit seinen Ölgemälden dabei. Außerdem war mit Angelika Ohnemus, die ihre Glasarbeiten präsentierte, neben Walczyk noch eine Kunstschaffende aus Markt Berolzheim vertreten.

Der Weimersheimer Hubert Beckstein arbeitet mit Holz und hatte neben verschiedenen Plastiken eine Kunstinstallation mitgebracht, die sehr gut zu Rilkes Gedicht passt. Er setzte der etwa 300 Jahre alten Linde ein Denkmal, die vor Kurzem in Weimersheim gefällt werden musste. So fertigte er aus dem Holz des Baumes 300 kleine Holzkreuze an, welche zu einem späteren Zeitpunkt für einen guten Zweck ersteigert werden können.

Künstlerin und Autorin Alexandra Walczyk und der Markt Berolzheimer Bürgermeister Fritz Hörner waren sich in ihrer Begrüßung mit Blick auf das genannte Zitat von Rilke sicher, dass der Dichter großen Gefallen an der schönen Natur in Altmühlfranken gefunden hätte. Mit der Natur, unserer Umwelt, war damit auch eines der den Abend umspannenden Themen gefunden. Eines mit zunehmender Relevanz, in einer Zeit, in der die Umwelt und vor allem ihre Bedrohung durch den Menschen immer drängender zu werden scheint.

Mit Rilkes "Lebensringen" ging es zudem auch allgemein um den Sinn des Lebens und die verschiedenen Pfade, die die Menschen im Lauf ihres Lebens einschlagen. Neben den ausgestellten Werken war der Abend zudem mit zwei Lesungen sowie Musik der Weißenburger Nachwuchsband "Chasing Pavements" ganz der Kunst gewidmet. Die Akustik-Combo stimmte die Gäste mit Gitarre, E-Piano und teils mehrstimmigem Gesang, sowie einer Mischung aus aktuellen Songs und Klassikern auf einen anregenden Abend ein. Mit ihrem grandiosen Sound und sichtlicher Freude am Spielen kam die Band bei ihrem Publikum bestens an.

Gespenster der Vergangenheit

Zur Lesung hatte die Gunzenhäuser Autorin Roswitha Minnameyer, die bereits vor zwei Jahren mit dabei war, eine neue Kurzgeschichte mitgebracht. Auch sie befasste sich mit dem Thema des Abends und ließ ihre Protagonistin von den eigenen Lebensringen erzählen. Als diese sich unversehens am Ort ihrer Kindheit wiederfindet, erscheinen ihr die Gespenster der Vergangenheit. Minnameyer deutet ein fatales Ende an, das vor allem Melancholie hinterlässt. Die eindrückliche Natur der alten Heimat ist die Bühne dieser Geschichte. Auch Alexandra Walczyk ist Autorin. Nach der romantisch-melancholischen Stimmung von Minnameyers Geschichte ließ sie dem Publikum die Wahl zwischen zwei Texten, die Gäste entschieden sich für die "heitere Variante". Walczyk nahm ihre Zuhörer mit zu einer Hochzeit im Grünen, bei der die Kühe auf der nahen Weide mit Unverständnis das Chaos der Hochzeitsgesellschaft verfolgen.

Die Menschen sind damit beschäftigt, sich über das Gelingen einer Wunschzettelaktion mit roten Herzchenluftballons Sorgen zu machen oder aber das anschließende Misslingen der Aktion auf dem Smartphone festzuhalten. Die Kühe sind indessen vor allem an den Blumensträußen interessiert, wenden sich jedoch bald wieder dem eigenen, grünen Gras zu, und scheinen den Menschen und ihren Sorgen damit irgendwie etwas voraus zu haben.

Dieser Episode fügte Walczyk mit selbstironischem Blick auf ihre Rolle als Veranstalterin die Nacherzählung eines eigenen Albtraums hinzu, den sie vor einigen Jahren im Vorfeld von "Kunst vor Ort" hatte. Im "Albtraum der Veranstalterin" vergisst selbige, die Scheune für die kommende Vernissage vorzubereiten, und merkt sogar, dass sie die Kunstwerke aus dem letzten Jahr noch nicht einmal abgeräumt hat. Die ersten Gäste beruhigen sie jedoch: "Bilder? Wir sind wegen der Bowle hier!"

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