Ornbau: Bürgermeister kämpft für tschetschenische Familie

11.6.2021, 16:27 Uhr
Ornbau: Bürgermeister kämpft für tschetschenische Familie

© Foto: Margit Schachameyer

Bürgermeister Marco Meier und die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer können dies nicht nachvollziehen. Der Rathaus-Chef hat sich deshalb kürzlich an die Härtefallkommission der Staatsregierung gewandt.

Familie Malitcaev stammt aus Urus Martan in der Republik Tschetschenien. 2015 kam das Ehepaar Timur (34) und Bella (32) Malitcaev mit seinen drei älteren Kindern, heute 13, 12 und 11 Jahre alt, nach Deutschland, wo die beiden jüngsten Söhne (5 und 1) geboren wurden.

In der Schule erfolgreich

Seit 2017 lebt die Familie in Mittelfrankens kleinster Stadt und ist hier gut integriert: Die Kinder sind im Sportverein, in der Schule erfolgreich und haben Freunde gefunden. Eine der Töchter besucht das Platen-Gymnasium in Ansbach und freut sich über ihren kurzen Schulweg: "Ich muss nur über die Straße laufen, schon bin an der Bushaltestelle."

Ihre Geschwister besuchen die Mittelschule in Arberg und pendeln auch mit dem Schulbus. Der kleine Sohn besucht den Kindergarten in Ornbau, und auch das 13 Monate alte Nesthäkchen ist hier schon angemeldet.


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Die Eltern, ein Maurer und eine Krankenschwester, wären sofort bereit zu arbeiten, wenn es ihnen denn erlaubt wäre. Für den jungen Mann gab es bereits Jobangebote, nach einer Probearbeit wäre er von einer Firma sofort übernommen worden – er hat jedoch keine Arbeitserlaubnis und kann nicht, wie er will. Die fünffache Mutter habe in Tschetschenien eine Ausbildung zur Krankenschwester absolviert, berichtet der Bürgermeister. In Ansbach habe sie bereits die Zusage erhalten, eine Ausbildung als Pflegehelferin machen zu können. Dies habe sich jedoch damals wegen der Geburt der jüngsten Kinder zerschlagen.

Familie bringt sich bestens ein

Die gute Integration in Ornbau bezeugt nicht nur das Stadtoberhaupt. Auch vonseiten des Sportvereins wird das unumschränkt bestätigt. Dazu sagte der Vereinsvorsitzende Thomas Herlein: "Die Familie bringt sich in unseren Sportverein bestens ein. Ob bei Arbeiten am Sportgelände oder bei Mannschaftsfeiern, die Eltern sind immer bereit mitzuhelfen." Aus dem Unterstützerkreis für Flüchtlinge heißt es: "Die Kinder wachsen hier auf – sie sind hier daheim." Obwohl die Eltern gläubige Muslime seien, könnten ihre Kinder sowohl am Faschingsumzug als auch anderen Feiern der katholischen Ortsgemeinde teilnehmen, gemeinsam mit ihren Freunden.

Bei einem Kurzbesuch wirkt die Familie aufgeschlossen; jedes Familienmitglied stellt sogleich seine Deutschkenntnisse unter Beweis. Die Eltern bemühen sich, ihr Deutsch immer weiter zu verbessern, für die Kinder ist es durch die Schule und den Umgang mit Gleichaltrigen sowieso kein Problem.

"Ihre Heimat"

Auch das zweite Mädchen der Familie kann mit Beginn des neuen Schuljahres eventuell auf eine weiterführende Schule wechseln. "Und die beiden jüngsten Kinder, die kennen ja gar nichts anderes als das deutsche Umfeld; sie sind hier geboren, es ist ihre Heimat", betont Ornbaus Bürgermeister.


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Vom Verwaltungsgericht Ansbach sei jedoch jüngst eine Klage des Ehepaars Malitcaev abgewiesen worden, berichtet Meier. Das Gericht habe sein Urteil unter anderem damit begründet, dass die Familie auch nach Russland hätte fliehen können. Für Meier ein fragwürdiges Argument – er verweist auf die brisanten politischen Verhältnisse zwischen Russland und Tschetschenien.

Auch die Regierung von Mittelfranken habe lediglich unter anderem darauf hingewiesen, dass Ausländer nur im Bundesgebiet geduldet werden, wenn dies im öffentlichen Interesse sei. "Wenn die Behörden vor fünf Jahren gesagt hätten, die Familie könne aus rechtlichen Gründen nicht in Deutschland bleiben, hätte ich die Entscheidung unseres Rechtsstaats sofort akzeptiert", hält Meier fest. "Aber jetzt will man ein arbeitswilliges Ehepaar und eine in die Gesellschaft gut integrierte Familie abschieben." Das schmerzt nicht nur die Betroffenen, sondern auch viele andere in Ornbau.


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"Die jüngsten Gerichtsurteile und der Umgang mit der Familie sind aus moralischer Sicht wie ein Schlag ins Gesicht vieler Bürgerinnen und Bürger", sagt Meier. "Die Familie hat sich mit der großartigen Unterstützung von ehrenamtlich engagierten Bürgern integriert. Trotzdem müssen sie weiterhin in ständiger Angst vor der Abschiebung leben."

Marco Meier hat sich deshalb jüngst an die Härtefallkommission der Bayerischen Staatsregierung gewandt. Erneut heißt es also: warten und hoffen.

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