Römerboot sucht Heimat am Altmühlsee

29.5.2018, 06:06 Uhr
Römerboot sucht Heimat am Altmühlsee

© Jürgen Eisenbrand

Seit dem vergangenen Wochenende jedenfalls steht die "Fridericiana Alexandrins Navis (F.A.N.) auf einem Trailer vor dem Altmühlsee-Café in Schlungenhof. Dessen Pächter Andreas Talar, gelernter Volkswirt und im Nebenberuf Segelmacher, hat den Auftrag, für den 15 Meter langen und 2,70 Meter breiten Kahn eine wasserfeste Abdeckplane, Persenning genannt, zu nähen. Und um die auf Maß schneidern zu können, brachte er das Boot mit einer extra kräftigen, vom Gunzenhäuser Bootsbauer Lamprecht ausgeliehenen Zugmaschine ans Ufer des Altmühlsees. Dort sitzt er nun in seiner kleinen Werkstatt und grübelt an seinem Spezialauftrag.

Draußen, hinter der Absperrung rund um "sein" Boot, beschäftigt Dreyer derweil die Frage, wo er mit der F.A.N. künftig dauerhaft vor Anker gehen soll. Derzeit liegt das in einjähriger Arbeit aus Eiche und Kiefer gefertigte Plankenboot im Dechsendorfer Weiher bei Erlangen. "Aber dort haben wir momentan ein wenig Ärger", sagt er. Die Mitarbeiter des dortigen Wasserwirtschaftsamtes haben Bedenken, dass die Farben, mit denen das Boot bemalt ist, das Wasser verunreinigen könnten. "Dabei bestehen die ausschließlich aus Harz, Bienenwachs und natürlichen Farbstoffen", sagt Dreyer. Und versucht gar nicht erst, seinen Unmut über die Behörde zu verbergen.

Und so kommt es, dass die Idee des Segelmachers Talar, die F.A.N. künftig dauerhaft in Schlungenhof ankern zu lassen, bei ihm durchaus auf fruchtbaren Boden fällt. "Natürlich würden wir einen ortsnahen See bevorzugen", gibt der Erlanger Professor zu bedenken. Und natürlich sei es problematischer, Studenten 80 Kilometer weit an den Altmühlsee zu befördern als an den direkt vor den Toren der Uni-Stadt liegenden Dechsendorfer Weiher.

"Ich würde mich freuen"

Andererseits, räumt er ein, sei der Altmühlsee deutlich größer, Testfahrten unter Segel könnten hier erheblich besser absolviert werden: "Da kommt man am Dechsendofer Weiher schon relativ schnell an seine Grenzen." Alles in allem: "Ich würde mich freuen", sagt er, wenn es eine Möglichkeit gäbe, das Boot hier dauerhaft unterzubringen. Zumal in Altmühlfranken ohne Zweifel die authentischere Heimat für das Römerboot wäre: Der Limes ist 300 Meter von Schlungenhof entfernt, und "die Altmühl wurde von den Römern nachweislich bis hinter Treuchtlingen befahren", weiß der Historiker.

Bei Daniel Burmann rennt man mit der Vorstellung, womöglich schon bald eine neue Attraktion anbieten zu können, offene Türen ein. "Das wäre natürlich schon sehr interessant", sagt der Geschäftsführer des Zweckverbands Altmühlsee (ZVA). Und überlegt sogleich, wo ein geeigneter Liegeplatz für den Sommer sein und wo man eine Scheune oder Halle für den Winter finden könnte.

Römerboot sucht Heimat am Altmühlsee

© Jürgen Eisenbrand

Klar ist: Bauartbedingt muss das Plankenboot, auf dem 20 Ruderer Platz finden, dauerhaft im Wasser liegen — andernfalls würde es austrocknen, die Planken würden schrumpfen, Wasser könnte eindringen. Und im Winter braucht die F.A.N. eine überdachte Unterkunft, die nicht zu weit vom Liegeplatz entfernt sein sollte. Andreas Talar jedenfalls ist sich sicher, dass das Boot im Hafen Schlungenhof einen Platz finden würde, und Boris Dreyer, offenbar zunehmend angetan von der Idee, bietet schon seine handwerklich begabte "Rentner-Gang" an, die beim Bootsbau mitgewirkt hat und notfalls einen der vorhandenen Stege verlängern könnte.

Dahinter steckt mehr

Hinter dem originalgetreuen Nachbau eines Wracks, das in den 1980er-Jahren in Oberstimm bei Ingolstadt entdeckt worden war, steckt übrigens weit mehr, als der Laie vielleicht vermutet.

Wie genau waren römische Boote beschaffen? Woraus waren sie gemacht? Mit welcher Technik wurden sie bewegt? Wie schnell konnten sie fahren — und wie weit? Wie waren die Farben, mit denen sie bemalt waren, zusammengesetzt? Wie sahen die Segel damals aus? Wer waren die Ruderer? Wie lang waren die Ruder? All das sind Fragen, an denen Dreyer mit seinen Studenten und solchen diverser anderer Fachrichtungen arbeitet. "Geschichte zum Anfassen", nennt er das. Und wie aufwändig er seine Forschungen betreibt, erläutert er an einem Beispiel: Demnächst werden Astrophysiker aus den USA anreisen, um Geschwindigkeits- und Strömungsmessungen vorzunehmen.

Zuvor aber wird das mehr als drei Tonnen schwere Boot erstmals Kontakt mit den Fluten des Altmühlsees aufnehmen: Am kommenden Samstag, 2. Juni, wird es in Schlungenhof zu Wasser gelassen — und dann auch gleich ein paar Runden drehen.

Der Clou: Boris Dreyer und der ZVA ermöglichen es rund 60 kräftigen Frauen und Männern, in die Rolle römischer Ruderer zu schlüpfen! Wer sich also am Samstag ab 15 Uhr für etwa 20 bis 30 Minuten in die historischen Riemen legen möchte, kann sich ab sofort beim Zweckverband anmelden: per Telefon (09831/508191) oder per Mail (info@altmuehlsee.de). Motto dabei: Wer zuerst reagiert, pullt zuerst.

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