So gefährlich ist das Smartphone für Kinder

15.3.2019, 06:32 Uhr
So gefährlich ist das Smartphone für Kinder

© Markus Bormann/Fotolia.com

GUNZENHAUSEN — Da ist sich der von Bürgernetzverein und Bücherei eingeladene Referent der Reihe Medienwelten sicher: "Es ist in der Geschichte der Medien das erste Mal, dass wir unsere Kinder vor etwas beschützen wollen, was uns auch persönlich betrifft." Auf dieses Statement Thomas Feibels bezog sich auch Büchereileiterin Carolin Bayer: "Eltern, Pädagogen und Erziehende können die Anregungen aufgreifen und ihr eigenes Nutzungsverhalten reflektieren."

Smartphones gibt es erst seit elf Jahren. In dieser kurzen Zeit haben auch viele Erwachsene die Balance des Umgangs noch nicht gefunden. Patentrezepte gibt es nicht und Thomas Feibel wird sie ebensowenig liefern. Doch greift er als Vater von vier Kindern die Sache auch einmal von einer anderen Seite auf: Wo möchten wir das Smartphone denn aus unserer Privatsphäre ausschließen und "Familienzeit zurückerobern"? So macht er den Vorschlag, ein Körbchen für alle Smartphones in der Familie aufzustellen. Da kommen die Geräte – auch die der Eltern — hin, wenn es daheim exklusive Zeit für die Familie geben soll, beispielsweise bei den Mahlzeiten oder vor dem Zubettgehen. Eltern können auch vereinbaren, dass das Smartphone dort bleibt, bis die Hausaufgaben erledigt sind.

Und dann gibt es da noch das Draußen: Exklusive Zeit mit Kindern und ohne Smartphone ergibt sich auch bei Familienausflügen und Aktivitäten, die für Kinder interessanter sind als ihre Handys. Thomas Feibel scherzt: "Ein Restaurantbesuch mit Kindern ist kein Candle-Light-Dinner. Wer Kinder dabei hat, muss sich auch mit ihnen beschäftigten und kann sich eben nicht in Ruhe unterhalten." Das Smartphone als Mittel gegen Langeweile bis das Essen kommt, geht für ihn nicht. In den USA heißen digitale Geräte zur Kinderunterhaltung übrigens "Shut-up-toys", also Halt-die-Klappe-Spielzeuge. Ehe der Referent allerdings auf Regeln zu sprechen kommt, spannt er einen weiten Bogen zum Thema Medienerziehung.

Bei den vielen Lehrkräften, Erziehenden und den Studenten der Fachakademie für Sozialpädagogik Hensoltshöhe im Publikum kam er gut an mit seiner Aufforderung, Medienkompetenz doch durch Lesefähigkeit zu ersetzen und sich zu fragen, ob man denn als Erwachsener Medien "lesen" könne. Bei Büchern und dem linearen Lesen ist das noch einfach. Bei Internetpublikationen müsse man schon etwas mehr Orientierung beweisen und auch ein gewisses Misstrauen pflegen. Provokant fragt Thomas Feibel: Ist die Online-News-Seite wirklich eine Nachrichten-Plattform oder nicht eher in erster Linie ein Shop? Wer kennt all die Zugriffsmöglichkeiten seiner Apps, denen gewohnheitsmäßig mit dem "Einverstanden-Häkchen" zugestimmt wird.

Auch die bei den Kindern beliebten Spiele, so Feibel, sollten Eltern "lesen" können. Beim Thema Gaming bewegt sich der Referent auf einem sehr vertrautem Terrain. Er betreut seit langem, darauf hatte Monika Wopperer bei der Begrüßung hingewiesen, den "Tommi-Kindersoftwarepreis".

Eigentlich was Gutes

Für ihn steht fest: Spielen ist eigentlich etwas Gutes und man müsse akzeptieren, dass Computerspiele eben Spaß machen. Hinzu kommt: Der Computer hat mehr Zeit als die Erwachsenen.

Dennoch: Thomas Feibel findet es nicht gut, dass viele Spiele heute erst einmal kostenlos gespielt werden können, um die Spieler mit den Regeln vertraut zu machen, dann aber "Verbesserungen" – ein tolles Gaspedal für Autorennen oder Edelsteine oder die jeweilige Währung des Spiels — gekauft werden müssen. So werde beispielsweise mit dem auch bei Erwachsenen beliebten Spiel "Clash of Clans" täglich ein Umsatz von 5 Millionen US-Dollar gemacht. Viele solcher Spiele melden sich auch bei den Gamern, wenn die zu lange Pause machen. Notfalls auch in der Nacht: "Dein Dorf wurde angegriffen…."

So gefährlich ist das Smartphone für Kinder

© Privat

Für Thomas Feibel steht fest: Das Smartphone, das die Eltern dem Kind ja erlaubt haben, bedeutet für die Kinder erst einmal "die legitimierte Lizenz zum Spielen". Für Regeln und Beschränkungen sind die Eltern, nicht die Kinder verantwortlich. Wer nicht wisse, was die Kinder da so spielen, der habe seine Experten doch daheim sitzen und könne ja die Kinder fragen. Sich unbedingt zeigen lassen, womit der Nachwuchs am Handy daddelt, aber auch weiterhin gemeinsam Brettspiele spielen – das hält der Referent für sinnvoll. Er verspricht: Beim gemeinsamen Spielen kommt man auch ins Gespräch. "Da erfahren Sie mehr von ihren Kindern als beim üblichen Mittagsverhör nach der Schule."

Überhaupt ergreift Thomas Feibel während seines Vortrags immer wieder die Partei der Kinder, übernimmt ihre Sichtweise und kommt so zu erfrischenden Statements. Er schreibt auch Kinder- und Jugendbücher, die mit dem Thema Mediennutzung zu tun haben. Dabei kommt er mit dem jungen Publikum ins Gespräch. Wenn er dann sein Sachbuch "Jetzt pack doch mal das Handy weg" erwähnt, bekommt er immer wieder die gleiche Antwort von den Kindern: "Ja, das sag ich meiner Mama auch öfter, wenn ich will, dass sie mir zuhört!"

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