SPD-Spitzen in Gunzenhausen

16.9.2018, 17:30 Uhr
SPD-Spitzen in Gunzenhausen

© Wolfgang Dressler

Ob Kreisvorsitzender Harald Dösel und Ortsvorsitzende Bianca Bauer mit dem Besuch wirklich zufrieden sind? Etwa 120 Personen haben sich bei bestem Wetter eingefunden. Alle Tische sind mehr oder weniger besetzt, aber da ist noch sehr viel freier Platz. Immerhin handelt es sich um den Höhepunkt des SPD-Wahlkampfs in der Region. Natascha Kohnen, die Spitzenkandidatin für die Landtagswahl am 14. Oktober, ist gekommen, an ihrer Seite Ralf Stegner aus Schleswig-Holstein. Er gilt als Parteilinker, und das verbindet ihn mit der Bayern-SPD, die im Vergleich zu anderen Landesverbänden ebenfalls dem linken Parteiflügel zugerechnet wird. Kohnen und Stegner sind beide stellvertretende Bundesvorsitzende ihrer Partei. Bei den Koalitionsgesprächen Anfang des Jahres in Berlin habe sie mitgewirkt und die Große Koalition mit aus der Taufe gehoben – auch das verbindet.

Und so entwickelt sich direkt ein munteres Gespräch, bei dem Kohnen meist die etwas kürzeren Aussagen macht und zuweilen Stichwortgeber für Stegner ist. Dieser stammt zwar ursprünglich aus Rheinland-Pfalz, macht aber den typischen Eindruck eines Norddeutschen. Vor allem pflegt er eine klare, prägnante Sprache. Er versteht es, Dinge auf den Punkt zu bringen, verbunden mit einem kräftigen Selbstbewusstsein – das wird auch in Gunzenhausen sehr geschätzt. Stolze Sozialdemokraten sind derzeit nicht gerade im Überfluss zu finden.

Natascha Kohnen erzählt aus ihrem Leben und vom Besuch als Gymnasiastin in Wackersdorf, wo die Polizei massiv gegen Demonstranten vorging. Das hat sie geprägt. Im heutigen Bayern will die studierte Biologin die Probleme angehen, die die Menschen täglich spüren, und das mit langen Atem und Hartnäckigkeit. Der Bogen spannt sich dabei vom bezahlbaren Wohnen über Bildung und Kinderbetreuung bis zu Pflege und Rentenpolitik. Kohnen: "Da müssen wir uns kümmern." Die Wohnungsnot sei eben nicht nur in den Großstädten groß, sondern auch immer mehr im ländlichen Raum. Die Städte konnten die Aufgabe, mehr Wohnraum zu schaffen, nicht alleine leisten. Der Freistaat unter CSU-Führung habe hier vieles falsch gemacht, Wohnungen sogar noch zu Tausenden verkauft, und was er jetzt vorhabe, reiche bei weitem nicht aus.

Kohnen plädiert, wie Stegner, für einen starken, handlungsfähigen Staat. Es dürfe nicht alles dem freien Markt überlassen werden, denn der wolle nur Rendite sehen, etwa im Wohnungsbau. Und man brauche eine Umstellung in der Rentenpolitik. Dort müssten künftig alle einzahlen, wenn man am Umlagesystem festhalten wolle. Gerade bei der Rentenfrage sei eine Politik erforderlich, die über die nächsten Wahltermine hinausgehe.

Vor allem steht Kohnen für Zusammenhalt, für ein weltoffenes, soziales Land, für ein Europa mit offenen Grenzen, für die Verteidigung der Demokratie gegen Rechtspopulisten. Und dazu müssten die Anständigen "raus aus dem Sofa". Der CSU hält sie vor, wie das Kaninchen nur gebannt auf das Thema Migration/Flüchtlinge zu starren. Da werde seit Jahren gehetzt und gespalten, doch das habe nur den Rechten genutzt.

An "Koalitionsspielchen" im bayerischen Parlament nach dem 14. Oktober will sich Kohnen nicht beteiligen, denn dann würde eben ab sofort nicht mehr über die Sachthemen geredet werden. Nur so viel: "Eine Koalition mit Herrn Söder will ich mir nicht vorstellen müssen." Sie stehe für einen anderen Politikstil, und den umschreibt sie mit ehrlich authentisch, anständig.

Kohnen hat zu Beginn ausdrücklich auch die örtliche Polizei begrüßt. Die ist zu Fuß gekommen. Bayern brauche mehr Polizei, und zwar solche auf zwei Beinen, keine neue Reiterstaffeln.

SPD-Spitzen in Gunzenhausen

© Wolfgang Dressler

Ralf Stegner gibt sich angriffslustig und kämpferisch. Er kann kein Naturgesetz erkennen, wonach die CSU in Bayern die Regierungsgewalt gepachtet hat. Die Zeit der "Staatspartei" gehe definitiv zu Ende. Für die SPD komme es darauf an, inhaltlich selbstbewusst aufzutreten und die Menschen zu überzeugen. Viele seien noch verunsichert. Auch Natascha Kohnen sieht das so: Die Landtagswahl sei "offen wie nie".

Als im Frageteil die Politik unter Kanzler Schröder (Hartz IV) angesprochen wird, regt sich leichter Unmut im Falkengarten, da wollen die SPDler nicht mehr ran. Es komme hier und heute darauf an, den Wählern klarzumachen, was man anders als die Konkurrenz machen wolle und dass man dafür Mehrheiten brauche. So stärke man die SPD, und nicht anders. Stegners Rezept: Haltung zeigen und offensiv vertreten. "Wir machen Politik für die Menschen und nicht für das große Geld."

Nach einem erstaunlich langen "Kohnen Plus" wird es dann aber höchste Zeit. Die Spitzenkandidatin muss nach München. Die Teilnahme an einer Demonstration gegen die explodierenden Mietkosten ist für sie Pflicht.

 

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