Storchenradweg rund um Gunzenhausen

6.8.2016, 07:27 Uhr
Storchenradweg rund um Gunzenhausen

© Babett Guthmann

Für die Gunzenhäuser ist ja die wöchentliche Radtour um den Altmühlsee im Sommer ein Muss. Hier mal eine interessante Alternativroute, die aber auch ungefähr doppelt so lang ist, aber schaffbar: der Storchenradweg Nummer drei mit Start und Ziel in Gunzenhausen. Vorab habe ich mich bei einem passionierten Storchenweg-Radler erkundigt, welche der drei von der LBV-Umweltstation Altmühlsee konzipierten Storchentouren besonders schön sei, und der hat ohne Zögern die rot gekennzeichnete Route Nummer drei empfohlen. Diese führt von Gunzenhausen aus ins mittlere Altmühltal bis nach Trommetsheim. Bei der Tourist-Info in Gunzenhausen erhält man ein Faltblatt zu den drei Storchen-Radwegen, das nicht nur die Streckenpläne enthält, sondern auch Hinweise auf die Storchen-Horste.

Offiziell beginnt der Radweg am Bahnhof und die Bahnankömmlinge werden dann über die Gerberstraße zum Marktplatz und weiter zum Schießwasen gelotst. Für Einheimische ist der Färberturm ein guter Anfangspunkt der Storchentour, denn nach gut 100 Treppenstufen hat man einen spektakulären Blick in beide Gunzenhäuser Storchennester. Im August halten sich die Störche allerdings wenig im Horst auf. Aber der Blick über die Dächer ist herrlich! Da könnte ich noch länger verweilen und ausknobeln, welche mir bekannten Häuser ich im Dachflächen-Puzzle erkenne. Doch eine Horde schwäbisch schwätzender Urlauberinnen stapft die Treppen hinauf und ich weiche der Württembergischen Übermacht. Der Färberturm wird viel besucht und ist von Mai bis Ende September von 10 bis 18 geöffnet, nur montags und mittwochs nicht – ein bisschen Privatsphäre brauchen die Störche wohl…

Weiter geht es zum Isle-Platz nahe der Stadthalle und wenn man den Parkplatz altmühlabwärts entlang geradelt ist, dann trifft man bei der Jola-Spielhalle auf das erste rot umrandete Hinweisschild. Hier muss man rechts abbiegen und lernen, wie die Schilder funktionieren: In der Ecke zeigt ein kleiner Pfeil die Richtung an, der Storch mit dem Rucksack hingegen radelt stets nach links. Drüber steht „Meister Adebar“. Oh nein, da steht: „Meister rAdelbar“.

Bis mein Sprachzentrum die gar schreckliche Tandem-Wortschöpfung „rAdelbar“ verdaut hat, bin ich schon den halben Radweg nach Oberasbach hinaufgestrampelt. Das ist die einzig heftige Steigung der ganzen Tour, wobei man oben ja mit einem herrlichen Ausblick über das Altmühltal belohnt wird. Die Wegweiser lotsen die Radfahrer nicht in das Superstarkbier-Zentrum hinein, sondern nach rechts in Richtung Michelskirche. Bei der Friedhofsmauer steige ich ab, laufe bis ganz nach vorn und genieße den Überblick über die kommende Radtour-Landschaft: Hallo Altmühltal!

Doch noch bleiben wir oben am Talrand: Auf der Anhöhe rollt das Rad wie von selbst weiter auf kleinen Wegen, durch Wäldchen und an Waldrändern vorbei. Hier hoppert der Storchenradler allein vor sich hin und weiß noch gar nicht, was für ein Geschenk diese Abgeschiedenheit ist: Denn drunten im Tal auf der Paradestrecke Altmühltal-Radweg, da lauern später die Packsatteltrampler, die E-Bike-Trosse und die Rennradelflitzer.

Storchenradweg rund um Gunzenhausen

© Babett Guthmann

Der Ortsrand von Dornhausen wird vom Storchenradweg gestreift, Wachstein links liegen gelassen und Gundelsheim, das erste Storchendorf angesteuert. Erst beim leichten Anstieg ins Dorf hinein, wird mir klar, dass ich auf einer Kreisstraße gefahren bin, aber heute sind kaum Autos unterwegs. Das Anwesen am Ortseingang rechts versaut mir meinen Kilometerschnitt: Ich muss einfach anhalten und staunen, wie schön Wohnhaus, Zwischengebäude und vermutlich die frühere Scheune hergerichtet worden sind. Hier wohnt zudem jemand mit einem grünen Händchen!

An der Kreisstraße im Ort steht die erste Infotafel der Strecke. Hier wird über Lebensraum und Verbreitung der Störche informiert. Welches ist zum Beispiel dasjenige Land Europas, in dem die meisten Störche beheimatet sind? Irgendwo, wo es schön warm ist, sollte man annehmen, aber nein: Es ist Polen. Das Gundelsheimer Storchenpaar residiert auf einem Privathaus in der Gassfeldstraße, wo ihm der Hausbesitzer vor Jahren mit Erfolg ein Gestell für einen Horst angeboten hat. Die Gundelsheimer Störche sind gut vernetzt, verfügen über einen eigenen Facebook-Auftritt, einen Wordpress-Blog und stellen sich gerne für die Live-Webcam auf einem Bein in Positur.

Gleich zwei Storchenhorste gibt es in Alesheim, aber leider war alles ausgeflogen. Durch das Staunen über den Alesheimer Petunienkönig (ein mit Sommerblumen zugewachsenes Anwesen an der Radstrecke) und durch das Schmunzeln über die sparsamen Alesheimer und den Zustand ihrer Gemeindekanzlei bin ich hier ganz vom Storchenthema abgekommen!

Ein Sehnsuchtsort mit großer Anziehungskraft ist der Weg von Alesheim nach Trommetsheim. Hohe, alte Pappeln stehen an der linken Wegseite und ziehen eine Schattenlinie durchs Altmühltal. Wenn sie wollen, können diese Bäume den Wind anhalten und zu einer rauschenden Blättersymphonie verarbeiten! Nahebei fließt der Störzelbach, gesäumt von lilafarbenen Blutweiderich-Rispen.

Um das Landschaftsbild komplett zu verklären, staksen sage und schreibe sechs Weißstörche auf einem Acker kurz vor Trommetsheim herum. Als ich näher komme, fliegen zwei davon auf, die anderen kann ich Foto-fangen!

Das Storchennest auf dem ehemaligen Molkereischlot in Trommetsheim ist leer – die Jungs hängen ja beim Storchentreff am Acker ab. Ebenso leer und verlassen die örtliche, vormalige Raiba-Filiale. Am Briefkasten steht „Außer Betrieb“ und das Schild mit den Öffnungszeiten ist mehrfach durchgestrichen. Zum Trost landet ein kinderloser Trommetsheim-Storch auf dem Horst. Beim St.-Emmeram-Friedhof muss ich wieder gegen das eherne Tourenradler-Gesetz verstoßen und absteigen. Alle Grabstätten haben Logenplätze in Richtung Altmühltal.

Ortsauswärts gelangt man an eine kuriose Kreuzung. Vier Maisäcker, vier Feldwege, kein Adebar-Schild. Im Zweifel hier rechts halten und bis zur Aussichtsbank am nächsten Maisacker fahren. Hier dem Wegweiser „Fischerhaus“ folgen. Wenn man dann aus dem Trommetsheimer Mais-Dschungel draußen ist, erkennt man die Pappelreihe wieder. Aus dieser Perspektive scheint es, als ob sie sich, einem nur ihnen bekannten Plan folgend, auf der Wiese formiert hätten.

Jetzt erreicht man kurz vor den Bahngleisen den Altmühl-Radweg, dem nun die Storchenweg-Radler bis nach Gunzenhausen folgen müssen. Das ist schon ein Stimmungsumschwung, gerade bei schönem Wetter, denn plötzlich tritt man nicht mehr allein in die Pedale: Die Tour von Gunzenhausen nach Kehlheim, womöglich an der Donau entlang bis nach Wien ist eine Attraktion für Radtouristen. Die Dümmeren oder die Sportlicheren unter ihnen fahren flussaufwärts so wie die Storchenradler nun auch.

Die Profis strampeln mit nach vorne gebeugtem Oberkörper, fast alle haben Radwanderkarten oder ihre Smartphone-Map am Lenker angebracht. Unwillkürlich verschärfe auch ich mein Tempo und brause in einem Zug bis nach Aha durch, vorbei an diversen Einzelstörchen, die auf den Wiesen auf Froschsuche sind. In Aha entdecke ich am hohen Pfarrhaus das Storchennest. Von dort oben grüßt zwar kein Storch herunter, aber dafür gibt es am Vorplatz der Markgrafenkirche „Zum Heiligen Kreuz“ viele freundliche Leute, die gerade aus dem Gottesdienst kommen. Der Platz vor der Kirche wurde wohl anlässlich der Dorferneuerung neu gestaltet und die Magd mit dem Heurechen am kleinen Natursteinbecken hat einen beschaulichen Standort. .

Am Tag darauf bereue ich diese Hetzerei, hab ich doch glatt Infotafel und Storchennest in Windsfeld ohne einmal aufzuschauen passiert. Also fahre ich nochmal durch das Dorf mit dem vielen Grün, lese die Informationen über die Gefährdung von Störchen, beispielsweise durch Stromleitungen. An den vielen abgestellten Tourenrädern in Windsfeld erkenne ich, dass die gemütlichen Gaststätten und Biergärten hier auch die verbissensten Kilometerfresser zum Anhalten ihrer Hightech-Drahtesel verlocken. Auf dem Hauskamin der Gaststätte „Schwarzer Adler“ sitzen zwei Storchenteenies im Nest und putzen an ihren noch etwas struppigen Flügeln herum. Bei meiner Meister-Adebar-Zählung bin ich bei 15 Exemplaren angelangt. Ich mache mich nochmal auf in Richtung Dittenheim, denn ich will am Trinkwasserstorch das Wasser testen. Der Trinkwasserstorch ist eine Figur mit Druckknopf am Schnabel. Was da dank der spendablen Gemeinde Dittenheim sprudelt, ist Theilenhofener Trinkwasser.

Drei Wägen sind am Brunnen geparkt und ich treffe hier zufällig Hans Dölfel von der Straßenmeisterei Gunzenhausen, der hier für das staatliche Bauamt Ansbach eine nagelneue Beschilderung für den Radweg-Abzweig nach Dittenheim aufstellt. Harald Schammler vom Landkreis Weißenburg mäht gerade den Wegrain des Altmühltal-Radwegs, denn der Landkreis sieht sich für den Unterhalt des Weges zuständig. Harald Baumeister von der Pfofelder Gruppe, in deren Zuständigkeit sozusagen der wasserspuckende Storch fällt, möchte wissen, wie mir das Wasser schmeckt, und ist über die scherzhafte Antwort „Ein bisschen bitter im Abgang!“ zu Recht erbost, denn das Theilenhofener Trinkwasser gehört als Durstlöscher pur in jeden Kühlschrank. Wer vorbeifährt sollte eine leere Glasflasche abfüllen, im Ernst!

Doch nun zurück zum Ende der Storchenradtour. Aus Aha durch die Unterführung unter der Bundesstraße hinaus führen die letzten Kilometer auf dem Sträßchen, das zum Reitersteg führt. Hier stolzieren zwei Gunzenhausen-Störche ganz nah am Straßenrand herum, richtig aufdringlich sind die. Beim Lehners-Storchennest endet meine Radrunde, dort teste ich mein Wissen beim Storchen-Quiz und ziehe Bilanz: 17 Störche habe ich gesehen, 35 Kilometer zeigt mein Tacho an und nette fleißige Leute, die diesen Weg betreuen, habe ich auch getroffen. Dou gfällts mer!

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