"The Cashbags" in der Gunzenhäuser Stadthalle

5.9.2016, 20:05 Uhr

© Kristy Husz

Ihr begeisternder Auftritt war der Auftakt zur 40. Jubiläumsspielzeit 2016/17 in der Stadthalle Gunzenhausen, und besagte Lobesworte sollten an jenem Abend ziemlich häufig fallen.

Man kennt es von den Beatles und Pink Floyd, von Freddie Mercury oder Elvis: Hat die Gruppe sich aufgelöst und weilen die Originale nicht mehr unter uns, bleibt den Fans normalerweise nur noch der (virtuelle) Plattenschrank zum Genießen. Oder eben eine der vielen Tributebands, denn die Nachfrage nach einem Live-Erlebnis, nach Musikern, die ihre Vorbilder in Klang und Optik so perfekt wie möglich auf die Bühne bringen, ist groß. So auch bei Johnny Cash.

Auf Zeitreise

Die Cashbags schlagen nun genau in diese Kerbe, und sie tun es auf höchstem Niveau. Seit 2008 touren sie durch Europa und befinden sich auf Zeitreise durch die unterschiedlichen Karrierephasen des integren Country-Outlaws, von seinen Anfängen mit den „Tennessee Two“ bis zum berührenden Abschiedssong eines von schwerer Krankheit gezeichneten Mannes: „Hurt“ aus der „American Recordings“-Ära. Spärlich beleuchtet, ganz allein bis auf seine schwarze Akustikgitarre, sitzt „Man in Black“ Robert Tyson hierfür auf einem Barhocker und passt seinen sonoren Bassbariton an die gebrochene Stimme des betagten Idols an. Ein Gänsehaut-Moment.

Ein anderer folgt nach der Pause, als die Formation ihren Hut vor Country-Konzerten nach Art der 1950er-Jahre zieht. Keine Drums, keine Lichteffekte, kein digitaler Schnickschnack, bloß Cash, Luther Perkins (Stephan Christoph Koehler stilecht mit heller Fender-Gitarre) und Marshall Grant (Robert Brenner verschmitzt am Kontrabass), fertig ist der authentische „Boom-Chicka-Boom“-Sound. „Get Rhythm“!

© Kristy Husz

Gemeinsam mit dem Double von Schlagzeuger W. S. „Fluke“ Holland – von Tobias Fuchs mit dezenter Zurückhaltung, aber ordentlich Groove verkörpert – hauen die „Cashbags“ noch viele weitere Hits raus, darunter vom Publikum lautstark goutierte Klassiker wie „I Walk The Line“, „Ring Of Fire“, „A Boy Named Sue“, „(Ghost) Riders In The Sky“ oder natürlich des Meisters Erkennungslied, den „Folsom Prison Blues“. Ist der Zweidrittelsaal der Stadthalle zwar leider nicht komplett gefüllt, so ist das Flair der Fifties äußerst ansteckend und die Stimmung auf dem Siedepunkt.

Dafür sorgen nicht zuletzt zwei „Gastmusiker“, einer davon Cashs Weggefährte Carl Perkins. Unter der Perücke und hinter den getönten Gläsern der Rockabilly-Ikone steckt Saitenzupfer Koehler und heizt den Gästen kräftig ein. Seine „Blue Suede Shoes“ würden wohl ausgiebig eingetanzt werden, wenn, tja, wenn die Gunzenhäuser teils jünger und weniger zaghaft und vor allem die Platzreihen nicht so starr zusammengezurrt wären. Schade, dass bei fetzigen Veranstaltungen wie diesen an einer Theaterbestuhlung festgehalten wird und man den einmal geweckten Bewegungsdrang lediglich per Fingerschnippen, Klatschen und Füßewippen oder mitsingend ausleben kann...

Nah am Original

© Kristy Husz

Die andere Person, die Robert Tyson alias Johnny Cash zu sich auf die Bühne bittet, ist keine Geringere als die von vielen sehnsüchtig erwartete June Carter Cash. Wie es diese ihre Rolle erfordert, ist Valeska Kuhnert adrett gestylt und freundlich, liefert sich humorvolle verbale Scharmützel mit ihrem „Ehemann“ und erreicht stimmlich fast die Brillanz des Originals – wenn es eingangs im hitzigen Duett „Jackson“ auch etwas schwierig wirkt, sich neben Tysons durchdringendem Timbre zu behaupten. Vielleicht noch ein paar Erfahrungen mehr auf dem „Cashbags“-Kerbholz, und sie wird eine ihm ebenbürtige Reife haben.

So endlos das Johnny-Cash-Repertoire der Band zu Beginn scheint, so abrupt kommt dennoch der Schluss. Zugaben müssen auf Wunsch der Zuhörer jedoch unbedingt sein, und die Bob-Dylan-Komposition „It Ain’t Me Babe“ sowie die „Bonanza“-Titelmelodie werden noch einmal mit frenetischem Applaus und Standing Ovations bedacht.

Alles in allem ein unterhaltsamer Show-Abend, der das vereinzelt im Fünfziger-Jahre-Stil kostümierte Publikum vergnügt in die Nacht schickt und den echten „Man in Black“ zufrieden im Grabe lächeln lassen könnte.

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