Theaterprojekt an der Wirtschaftsschule Gunzenhausen

7.11.2018, 06:31 Uhr
Theaterprojekt an der Wirtschaftsschule Gunzenhausen

© Tina Ellinger

Lisa und Robert liegen in ihren Betten. Es ist Montagmorgen, spätestens um 7 Uhr müssen sie aufstehen, um pünktlich in der Schule zu sein. Zuerst zaghaft, dann mit Nachdruck werden sie von den Eltern geweckt, im Bad ecken sie mit den Geschwistern an und schaffen es kaum, die Augen offen zu halten.

Eine Szene, die sich so wohl in sämtlichen Haushalten mit Heranwachsenden abspielt. Die acht jungen Darsteller, mit denen der freischaffende Theatermacher Jean-Francois Drozak im Auftrag der AOK Bayern das Theaterprojekt "Ice Breaker — Depression im Jugendalter" umsetzt, können sich daher gut mit den beiden Protagonisten des Stücks identifizieren. Als Schüler der 7. und 8. Klassen durchleben sie gerade selbst diese "entwicklungsbedingten Krisen", die die Pubertät so mit sich bringt. Eine Zeit, in der sich Jugendliche von den Eltern abnabeln, sich der Körper verändert und man erkennt, dass die Welt nicht immer so schön ist, wie bisher von den Erwachsenen suggeriert. "Vieles wird hinterfragt — berechtigterweise", erklärt Drozak, der das Präventionsprojekt der Krankenkasse bereits zum 40. mal auf die Bühne bringt.

Dreieinhalb Tage haben er und die Schüler, die bei einem Casting dafür ausgewählt worden sind, Zeit, sich mit dem Thema Depression auseinanderzusetzen und es dann den Mitschülern und weiterem Publikum näherzubringen. Entstehen wird ein interaktives Theaterstück, die Zuschauer werden in die Handlung integriert, sollen zum Beispiel selbst herausfinden, wer von den beiden jungen Leuten — Lisa oder Robert — tatsächlich an einer Depression leidet und Hilfe braucht.

Um eine erste Selbsteinschätzung vornehmen zu können, hat die Stiftung Deutsche Depressions-Hilfe eine Checkliste erarbeitet. Da geht es etwa um Schlafstörungen, Appetitlosigkeit oder auch um fehlenden Antrieb. Diese Checkliste wird bei den Vorstellungen auch an das Publikum, das quasi als Facharztkollektiv auftritt, verteilt werden.

Gibt es tatsächlich konkrete Hinweise darauf, dass eine Depression vorliegt, sollte sich der Betroffene Hilfe holen, bei den Eltern, dem Schulsozialarbeiter, beim Arzt. "Depression ist eine heilbare Krankheit", betont Drozak, der nicht nur als Theatermacher, sondern auch als Sozialarbeiter arbeitet. Und es gelte: Je früher man sich Hilfe holt, umso besser. Diesen Grundsatz untermauert er mit einer erschreckenden Zahl: 90 Prozent aller Selbstmorde seien auf Depressionen zurückzuführen.

Ziel von "Ice Breaker" ist es, die jungen Menschen für das Thema zu sensibilisieren und die Krankheit aus der Tabuzone zu holen, damit niemand, der daran leidet, diskriminiert wird. Zudem soll das Vertrauen der Jugendlichen gestärkt werden, sich im Fall des Falles Hilfe zu holen. "Sie sollen den Mut finden, zu sagen: Ich muss raus, ich habe eine Krankheit", erläutert Drozak. Und auch dem sozialen Umfeld der Teenager, den Eltern, Lehrern und Mitschülern, werden wichtige Informationen an die Hand gegeben, um eine Depression erkennen zu können. "Die haben eine sogenannte Wächterfunktion", weiß der Fachmann.

"Ort der Heilung"

Gleichzeitig will das Theaterstück aber auch mit gängigen Vorurteilen über den Aufenthalt und die Arbeitsweise in der Psychiatrie aufräumen. "Das Gesundheitssystem soll so beschrieben werden, wie es ist", so Drozak weiter: "Als ein Ort der Heilung und Schutzraum in einer Zeit der eventuellen Selbstgefährdung."

Der Theatermacher und seine acht Darsteller haben sich also für die nächsten Tage einiges vorgenommen und sind — wie sie erzählen — auch schon ein bisschen aufgeregt vor der Premiere am Donnerstag, 8. November, um 19 Uhr in der Aula der Berufsschule. Zu dieser Aufführung sind alle eingeladen, die sich für das Thema interessieren, der Eintritt ist frei. Vorstellungen für die Schüler und geladene Gäste gibt es am Freitag, 9. November, um 8 Uhr und um 10 Uhr, ebenfalls in der Aula der Berufsschule.

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