Wachstein: Von Klimaschutz und Landwirtschaft

19.1.2020, 07:30 Uhr
Wachstein: Von Klimaschutz und Landwirtschaft

© Jürgen Leykamm

Ein erster Blick in die Statistiken ergibt freilich das erwartete Bild: Wer ökologische Landwirtschaft betreibt, setzt deutlich weniger Kohlendioxid frei und kann auf eine bessere Humusbilanz verweisen als der konventionell wirtschaftende Bauer. So führte es auch der Referent aus – Peter Breunig, Professor für Marketing und Marktlehre an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Doch die Lage ist alles andere als schwarzweiß: So sei zwar bei dem einen der Energieverbrauch für Dünger und Pflanzenschutzmittel hoch, der Ökobetrieb aber brauche dafür umso mehr für den eigentlich verpönten Diesel. Vergleicht man den Kohlendioxid-Ausstoß pro Getreide-Einheit, liegen beide Betriebsarten sogar fast gleichauf.

Ein Gedankenspiel des Referenten stellte dann das Klischee völlig auf den Kopf. Für die gleiche Ertragsmenge benötige der konventionelle Kollege gerade einmal halb so viel Fläche wie der Ökobauer. Die andere Hälfte könnte Ersterer ja nun für einen kleinen Wald nutzen. Auf dem jeweiligen Gesamtareal wären dann die Emissionen des besagten Treibgases seitens des Ökobetriebs 500 mal so hoch. Gehe man von einer weltweit begrenzten Agrarnutzfläche aus, sei dies durchaus von Belang, ließ Breunig durchblicken.

Wie eine Studie ergebe, würde beispielsweise England in der Summe seine Kohlendioxid-Bilanz um 20 Prozent verschlechtern, wenn es komplett auf öko umstiege – was dem dann steigenden Energieimportbedarf geschuldet sei. Das Problem: Senkt ein Landwirt irgendwo auf der Welt seinen Ertrag pro Fläche durch Extensivierung, sorgt er damit zugleich dafür, dass anderswo stärker intensiviert wird, so der Referent. Deswegen "ist auch vieles, was wir in Sachen Bioenergie machen, gar nicht mal so sinnvoll!"

Die Felder, die für die Gewinnung von Biokraftstoffen genutzt würden, die wiederum Kohlendioxid freisetzen, könnte man ja besser für den Anbau von Pflanzen nutzen, die es binden. Was die Situation in Deutschland anbelangt, stellte der Referent fest: Unterm Strich "brauchen wir für Agrarerzeugnisse jetzt schon mehr Fläche als wir haben". Eine Stärkung des Ökolandbaus verstärkt dieses Missverhältnis demgemäß noch weiter. Auch mit den Wiederaufforstungsflächen dürfte es dann knapp werden. Ob eine Umstellung auf 100 Prozent ökologische Landwirtschaft überhaupt möglich sei, wollte man seitens des Publikums im voll besetzten Saal wissen. "Ja", so die Antwort. Hier wären verschiedene Szenarien denkbar: Einmal die ausschließliche Tierhaltung auf dem Grünland als alleinige Futterquelle. Das Problem hierbei: "Die Hälfte des weltweiten Grünlandes war mal Wald", der dann vielleicht noch mehr abgeholzt würde. Möglich sei auch der völlige Verzicht auf Rindfleisch und Milch, stattdessen eine Stärkung von Schweine- und Geflügelhaltung. Oder man setze auf Stallhaltung, um den Wald zu schonen. Und auf weniger, aber leistungsstärkere Kühe (was übrigens genau den Trend in Bayern abbildet). Die blasen dann auch weniger Methan in die Luft.

Aber die Frage nach einer Komplettumstellung und ob nach ihr die Welt auch noch ernährt werden könnte, stelle sich ohnehin nicht, wie Hans Walter als VlF-Geschäftsführer feststellte. "Die Verbraucher kaufen eh zu wenig Ökoprodukte, und so braucht keiner Angst zu haben, dass die Leute verhungern." Als Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Weißenburg hatte er noch interessante Zahlen im Gepäck. Der Anteil am Ökolandbau im Landkreis betrage derzeit 6,3 Prozent und habe also "noch Luft nach oben". Die Ökobetriebe indes seien mit 46 Hektar im Schnitt deutlich größer als die konventionellen mit 31. Damit folge man zwar dem allgemeinen Trend, so Breunig, doch sorge genau dies wiederum für Kritik, wie Richard Ortner, Geschäftsführer des Maschinenrings in Altmühlfranken, einwarf. Die Größe könnte ja daraufhin deuten, dass es der Landwirt mit dem ökologischen Gedanken nicht so ganz ernst meine. Was wiederum auf das Tragen einer ideologisch gefärbten Brille schließen lasse, die an diesem Abend deutliche Risse bekam. Wenngleich die unbestrittenen Vorteile der ökologischen Landwirtschaft bei dem von Hans-Jürgen Auinger und Martin Mutterer (zwei der vier VlF-Vorsitzenden) moderierten Treffen freilich auch zur Sprache kamen.

Seitens des Verbands sind nun erst einmal Feiern angesagt. Am Samstag, 8. Februar, steht der Faschingsball auf der Agenda. Mit anderen landwirtschaftlichen Organisationen gemeinsam wird am Pfingstsonntag, 31. Mai, der Ball der Landwirtschaft veranstaltet. Im Juni führt eine Lehrfahrt nach Venetien. Was die Verbandsentwicklung anbetrifft, setzt sich der leichte Abwärtstrend fort. 2019 noch hatte man ebenso viele Mitglieder auf Kreisebene, mittlerweile sind es noch 1992. Als Bildungsträger und Veranstalter ist der VlF aber weiterhin sehr gut nachgefragt. Im vergangenen Jahr kamen zu 26 Terminen im Schnitt je gut 100 Besucher.

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