Draußen übernachten im Fränkischen Seenland 

Zwischen Corona und Blaualgen: So geht es den Campingplatz-Betreibern

20.8.2021, 05:57 Uhr
Zwischen Corona und Blaualgen: So geht es den Campingplatz-Betreibern

Das ältere Ehepaar ist im Tiefschlaf. Auf ihren hohen Liegen unter der Markise vor ihrem Wohnwagen am Altmühlsee sind sie an diesem warmen Vormittag im August komplett weggenickt. Die Stimmung am Campingplatz Herzog in Gunzenhausen-Schlungenhof ist so entspannt, dass man automatisch langsamere Schritte macht, während man an den Zelten, Wohnwagen und Wohnmobilen vorbeiläuft. Autos mit Kennzeichen aus ganz Deutschland reihen sich aneinander, viele der Camper sind gerade nicht da, andere genießen genau jetzt die Ruhe am Platz.

In der Rezeption von Helmut Straub ist es hingegen hektischer. Im Minutentakt klingelt das Telefon, Straub pinnt etwas an seinen großen Lageplan, der an der Wand hängt, und muss noch etwas besprechen, ehe er Zeit findet.

"Von gestern auf heute kamen über 100 Mails", erzählt der Platzbetreiber. Immer noch würden Menschen anfragen, ob sie spontan an den Seenland-Campingplatz kommen können. Doch für den August und den September sind die Straubs so gut wie ausgebucht.

Boom seit der Pandemie

Es ist ja auch praktisch: das eigene Zuhause auf vier Rädern einfach dabei zu haben. Selber kochen, ganz unter sich sein und dabei herumfahren, wie man möchte. Camping boomt seit der Corona-Pandemie, das merkt auch Straub. Bei Wohnmobilen gab es laut ADAC einen Zuwachs von 78.055 Neuzulassungen im Jahr 2020. Auch immer mehr junge Menschen wollten auf diese Art reisen, berichtet der Autoclub weiter. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Reisebeschränkungen gepaart mit dem Wunsch nach Urlaub, dann eben im eigenen Land.

Zehn Wochen musste der Campingplatz im vergangenen Jahr insgesamt zu bleiben. "Danach ging es von null auf 100 los, aber das holt man nicht mehr auf", erklärt Straub. Dieses Jahr lief es fast genauso ab. Anstatt zur Osterzeit am 26. März, konnten die Straubs erst am 26. Mai eröffnen. Wieder fehlten wochenlang Einnahmen. Verluste wie zur Corona-Zeit hatte Straub seit der Eröffnung vor 31 Jahren nicht zu verzeichnen, erzählt er.


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Und jetzt? Corona ist eingedämmt, die Lust aufs Urlauben zuhause ist da, alles paletti, könnte man meinen. Dann verhagelte das Wetter im Juli und Anfang August die Stimmung. Ungemütlich kühl und regnerisch war es teilweise - alles andere als perfektes Camping-Wetter.

Dazu kommt: Der Altmühlsee hat ein Problem mit seiner Wasserqualität. "Einige Menschen stornieren oder reisen früher ab", sagt Straub. Gerade Menschen mit kleinen Kindern würden sich oft mal fürchten. Und das obwohl nur von einer Badewarnung und keinem "Badeverbot" die Rede sei, so Straub.

Das Beste daraus machen

Ein älteres Ehepaar aus Pforzheim lässt sich davon aber nicht abschrecken. Beide, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, kommen seit Jahren gerne hierher. Vor dem Wohnwagen liest der Mann gerade Zeitung, auf seinem Kopf ein großer Sonnenhut. Seine Frau gruscht im mobilen Zuhause herum. Neben den Campingstühlen parken hochwertige E-Bikes, auf einer Ablage steht frischer Basilikum im Topf . "Wir fahren gerne viel Fahrrad", erklärt er. Die Algen im See würden sie nicht stören.

Das kann Evi Hanke, Platzbetreiberin vom Campingplatz "Zum-Fischer-Michl", bestätigen. Sie wird immer wieder von Gästen auf die Blaualgen angesprochen, jedoch hat sich das Thema mittlerweile herumgesprochen. "Viele Menschen kommen nicht mehr mit der Erwartungshaltung her, im See baden zu gehen", erzählt sie. Man lasse sich nicht abschrecken, ganz im Gegenteil.

Camping-Trends auch am Altmühlsee

An der Rezeption zu ihrem Platz hängt ein DIN-A4-Blatt auf dem dick und fett "Ausgebucht!" steht. Auch hier kommen täglich an die 120 Mails ans Postfach, die Menschen fragen freie Plätze an. Den verregneten Juli hat aber auch Hanke zu spüren bekommen. Es komme immer auch ein bisschen auf die Camper an, manche seien frustriert über das Wetter, andere würden das Beste daraus machen.

In den Sommerferien sei ansonsten schon immer so viel los gewesen, erzählt Hanke, aber man merke den Boom dennoch. "Auch kommen viele junge Leute mit Dachzelten, normalen Zelten oder dem Klappcaravan her, das fällt schon auf." Der ADAC-Campingexperte Martin Zöllner erklärt gegenüber, dass viele Camper bei ihren Fahrzeugen derzeit bewusst einfache Ausstattungen und ein engeres "Innenleben" in Kauf nehmen würden.

Doch nicht nur coole Campingarten sind im Trend, auch das Angeln hat es den Menschen in der Pandemie angetan. Deshalb ist das Thema Blaualgen am Campingplatz Himmelreich am Schnackensee weniger von Bedeutung. Zum einen liegt der Altmühlsee vier Kilometer entfernt, zum anderen sind die Urlaubsgäste hier eher daran interessiert, etwas aus dem Wasser zu holen, anstatt selbst hineinzuspringen. Der Juni und Juli lief - auch wegen des Wetters - ruhig an. "Mittlerweile sind wir sehr, sehr gut besucht", erklärt Betriebsleiterin Anette Schäfer. Die Leute schätzen die Ruhe vor Ort unheimlich.

Die neue Lust aufs Campen, sie ist rund um den Altmühlsee auf jeden Fall sicht- und spürbar. Trotz verregneter Juli und Blaualgen lassen sich viele Urlauber die Ferienzeit nicht vermiesen. Und Camper sind, das wissen alle, die es mal versucht haben, allen voran eines: tiefenentspannt und schwer aus der Ruhe zu bekommen.

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